Fertigteilbau im 19.Jahrhunderts: Viele Hundert Häu ser aus Eisen gehen von Manchester aus auf Schiffen in alle Welt

Fertigteilbau im 19.Jahrhunderts: Viele Hundert H=E4user aus Eisen gehen von Manchester aus auf Schiffen in alle Welt

Das 19.Jahrhundert sah sich selbst auch als eisernes Zeit- alter. Eisen galt als Symbol des Fortschritts. Nicht nur die Eisenproduktion nahm eine rasche Entwicklung, auch das Bauen mit Eisen nahm Qualit=E4ten an, die zuvor unbekannt gewesen waren. Man verstand sich pl=F6tzlich darauf, Eisen- teile so zu gie=DFen und zu schmieden, da=DF Eisenk=F6rper als gro=DFe Fertigteile vorhanden waren, die sich leicht zusam- menbauen liessen. Geb=E4ude konnten aus Eisenteilen zu- sammengesteckt und zusammengeschraubt werden. Handhabbare Verbindungsst=FCcke in Verbindung mit Sy- stembauteilen erm=F6glichten Fertigteilbau aus Eisen. Es lag nahe, H=E4user aus fertigen Einzelteilen auf Schiffen in alle Welt zu transportieren. Von Manchester im europ=E4i- schen England aus tat das die "Firma E.T.Bellhouse u. Komp." Sie reagierte damit auf "das Bed=FCrfni=DF f=FCr transpor- table und leicht zu versetzende Wohn- und Waarenh=E4u- ser". Ein Gro=DFauftrag kam z.B. von "nach Kalifornien aus- gewanderten Spekulanten". Der Aufbau solcher H=E4user ist beschrieben:

"Die Zusammensetzung eiserner H=E4user geschieht folgen- derma=DFen. Es wird ein Rahmwerk nach dem Umfange je- den Hauses von festem Bauholze auf den ebenen Boden aufgelegt, an welchem gu=DFeiserne Winkel mit einer wel- lenf=F6rmigen, der Form des darauf zu befestigenden geripp- ten Eisenbleches entsprechenden Seite angeschraubt werden. Auf dem Winkeleisen und in Verbindung mit dem- selben wird ein Gerippe von schmiedeeisernen flachen, zu- sammengenieteten und verschraubten Stangen, der Form der W=E4nde, des Daches und der Fenster und Th=FCren ent- sprechend, aufgestellt. Das ganze Gerippe wird dann mit wellenf=F6rmig gerippten, zusammengeschraubten (corrugated) Eisenblechen, die in geschmolzenden Zink eingetaucht (galvanisirt) wurden, be- kleidet, wodurch die W=E4nde eine gro=DFe Steifheit und Witte- rungsbest=E4ndigkeit erlangen." (1)

Ein Gerippe aus Stangen entsteht also in den Umrissen des Hauses und wird mit Wellblech verkleidet.

"Stiegen, Th=FCren und Fensterl=E4den sind von Schmiedeei- sen, Fensterrahmen von Gu=DFeisen. Thore f=FCr Magazine er- halten Rahmen von Flacheisen, die mit geripptem Eisen bekleidet werden und daher bei gro=DFer Steifheit ein verh=E4lt- ni=DFm=E4=DFig geringes Gewicht haben. Die Eindeckung ge- schieht ebenfalls mit galvanisirtem gerippten Eisenblech, welches an sich so steif ist, da=DF es keiner Schalung be- darf. Manche H=E4user erhalten auch gu=DFeiserne Dachrin- nen und Abfallr=F6hren, wie sie in England allgemein in An- wendung sind." (2)

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und Grundrisse)

Der Innenausbau mit Holzbauteilen soll eine wohnlichere Atmosph=E4re schaffen:

"Im Innern wird auf den h=F6lzernen Fundamentrahmen ein Fu=DFboden =FCber die ganze Geb=E4udefl=E4che von dreiz=F6lligen, in Nuth und Federn gesetzten Pfosten gelegt. S=E4mmtliche eiserne W=E4nde werden immer mit z=F6lligen Brettern sorg- sam verkleidet und die Zwischenw=E4nde und inneren Th=FC- ren und Decken sind aus Brettern angefertigt." (3)

Es erweckt den Eindruck, als habe man "Kochherde, Ka- mine und Oefen" auf Wunsch mitgeliefert und alle Vorrich- tungen darauf abgestimmt, wo diese aufzustellen waren, damit keine Brandgefahr entsteht. Selbst die Inneneinrich- tung konnte vorab bestellt werden:

"Das Ameublement, das =F6fters beigegeben wird, ist sehr niedlich, und die Fu=DFb=F6den werden =F6fters mit Teppichen belegt, wie die W=E4nde mit Papiertapeten spalirt." (4)

Mit welchen Augen solche H=E4user angesehen wurden, konnte ganz unterschiedlich sein. Ein Kolonist, der sich au=DFerhalb Europas in abgelegenen Gegenden ansiedelte, wird =FCber die zu festen Preisen angelieferten Fertigh=E4user froh gewesen sein. Ein Europ=E4er konnte sie eigentlich nur als Provisorium auffassen:

"Auf dem Kontinent w=FCrden dergleichen H=E4user haupts=E4ch- lich in G=E4rten und bei Eisenbahnen als W=E4chterh=E4user Anwendung finden k=F6nnen, und es l=E4=DFt sich nicht leugnen, da=DF dabei recht zierliche Formen, welche die in England ausgef=FChrten eisernen H=E4user allerdings nicht haben, An- wendung finden k=F6nnen." (5)

Man sch=E4tzte also die M=F6glichkeit des Fertigbaus, war aber mit den Erzeugnissen irgendwie unzufrieden. =DCber die Produktion von eisernen Fertigh=E4usern wurde in der Fachwelt berichtet, weil es ein interessanter neuer Zweig des Bauwesens war, dem man jedoch noch Ausreifung w=FCnschte. Die H=E4user, die als Fertigh=E4user in Einzelteilen von Manchester aus ausgeliefert wurden, waren klein:

"Man beschr=E4nkt die Gr=F6=DFe der Zimmer und Kabinete aufs =E4u=DFerste; gr=F6=DFere Zimmer erhalten 15' zu 12' und ei- ne H=F6he von 9' 6''. Gew=F6hnlich wird den Zimmern die H=F6he von nur 8' gegeben." (6)

Vermutlich handelte es sich um =DCbergangsbauten, die sich die Unternehmer in ihre =DCberseegebiete holten, um sich eine Ansiedlung in der Anfangsphase zu vereinfachen. Seit wann solche Fertigh=E4user aus Eisen produziert wur- den, ist mir nicht bekannt. Systembauteile aus Eisen gab es jedoch schon lange vor dem Jahr 1850, als =FCber die eisernen Fertigh=E4user der "Firma E.T.Bellhouse u.Komp." berichtet wurde.

Man m=FC=DFte den Systembau mit Eisen in seiner Entwick- lung genauer verfolgen, um die einzelnen Entwicklungs- schritte besser zu verstehen. Die vielen Detailzeichnungen solcher Systembauteile, die im 19.Jahrhundert entstanden, um nach ihnen Fertigelemente herzustellen, lassen einen hohen Stand der Bautechnik erkennen. Einen =DCberblick =FCber das damals Geleistete zu schaffen, darf als n=FCtzlich angesehen werden.

K.L.

Dieser Text von Karl-Ludwig Diehl wurde in

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Diskussion gestellt. Der Autor ist =FCber folgende Emailadresse erreichbar: baugeschichte (at) email.de

Anmerkungen: (1) zitiert aus: o.A.: Eiserne H=E4user, ausgef=FChrt von den Herren E.T.Bellhouse et Komp. in Manchester f=FCr Ko- lonisten in Kalifornien. S.184-185 und Zeichnungen auf Blatt 342 in: Allgemeine Bauzeitung. Wien, 1850. S.184f (2)-(6) zitiert aus: o.A., wie vor, S.185

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Karl-Ludwig Diehl
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