Flansch, Schraubenvorspannkraft bei steigendem Innendruck

Ich habe eine Flanschverbindung, bei der ich im drucklosen Zustand alle

64 Schrauben mit Vorspannkraft 48kN (sei 180Nm) angezogen habe, so dass die Dichtung eine Flächenpressung von 50N/mm2 erfahre. Jetzt wird der Apparat auf 20 bar gedrückt. Der Innendruck versucht, die Flanschverbindung auseinanderzudrücken; die Schrauben halten dagegen. Wie rechne ich jetzt aus, wie groß die verbleibende Flächenpressung auf die Dichtung ist? Eigentlich steigt doch die Vorspannung der Schraube jetzt an, oder? Oder geht man konservativ von nicht steigender Vorspannung der Schraube aus? Wer bringt Licht in mein Dunkel?
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Heiner Veelken
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Am 05.02.2013, 10:51 Uhr, schrieb Heiner Veelken :

Durch die Vorspannung erfahren die Schrauben eine Dehnung, durch die aufgebrachte Last(Innendruck 20bar)erfahren die Schrauben eine zusätzliche Dehnung. Im gleichen Maße wie die Dehnung der Schrauben zunimmt, werden die Spannungen zwischen den Flanschen abgebaut. Die Vorspannung der Schrauben wird nicht erhöht, die Schraubenbeanspruchung beträgt dann die Summe der ursprünglichen Vorspannkräfte und den zusätzlichen Kräften aus der inneren Druckbeanspruchung von 20bar Die Rückbildung der Stauchung der Flansche ist im Allgemeinen vernachlässigbar.

Jürgen

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Jürgen B

Danke Dir! So hatte ich es angenommen/gehofft. Also läßt sich die verbleibende Pressung wohl einfach ausrechnen durch Pressung vorher - Druckkraft/Dichtfläche, oder?

Pressung vorher = Pressung im drucklosen Zustand Druckkraft = Gesamtkraft, mit der der Druck die Flanschverbindung auseinanderziehen will (p*A innen) Dichtfläche = Fläche der Dichtung, die gepresst wird.

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Heiner Veelken

Heiner Veelken wrote on Tue, 13-02-05 10:51:

Das ist komplex. Du mußt zuerst wissen, wo und wie Dein Innendruck seine Kraft einleitet und dann alle Federkonstanten und Steifigkeiten kennen. Aus dem Kopf bekommme ich das nicht vollständig zusammen, im Umdruck damals war es ein längeres (und wichtiges) Kapitel.

Im konkreten Fall kannst Du es Dir aber einfach machen. Die Verformung beträgt wohl nur Mikrometer und Dichtungen sind weich, die Vorspannung ändert sich wohl nur minimal und innerhalb Deiner Fehlergrenzen. Die Schrauben sehen die zusätzliche Druckkraft deswegen fast komplett.

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Axel Berger

"Axel Berger" schrieb im Newsbeitrag news: snipped-for-privacy@b.maus.de...

Hi, hat schon einer den Satz erwähnt? Und bei so vielen Schrauben rundherum ist die Flanschdicke auch nicht ohne. Wo sitzt die Dichtung denn, auf dem Lochkranz oder innen davor?

Wir haben uns früher gerne beholfen, indem garkeine Rohre direkt verflanscht wurden, es gab stets eine Armatur oder ein gegossenes Zwischenstück mit weit höherer Steifigkeit als das billige Flanschmetall. Erspart einem viel Rechnerei. War auch praktisch bei Umbauten, Anbauten, Kontrollleitungen, stets war irgendwo ein Blindstück in Reichweite. Ansonsten kam ein Sack drüber, falls es knallt. Damit sich keiner verbrüht. Empirische Bauten...

Und dann Dichtungsmaterial, Medium und das "arbeiten" unter Druckschwankungen. Manche Dichtung muß vor Walken bei Mediumkontakt geschützt werden, hat etwa einen Metallrand. Der Flansch darf sich dort nicht weiter dehnen als der Dichtrand elastisch nachfedern kann.

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gUnther nanonüm

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begin quoting, Jürgen B schrieb:

Das ist Unsinn.

Quatsch mit Soße.

Und das ist richtig, und daraus läßt sich die tatsächliche Situation ableiten:

Solange sich die Flansche durch die Zusatzbeanspruchung nicht verformen, ändert sich natürlich die Dehnung der Schrauben und damit deren Vorspannung auch nicht. Was sich ändert, ist die Flächenpressung an der Dichtung: Ohne Druckbeanspruchung ergibt die sich allein aus der Vorspannkraft der Schrauben geteilt durch die Flanschfläche. (Das ist so, weil die Dichtung als weich und die Flansche als starr angesehen werden können und sich der Druck deswegen gleichmäßig verteilt.)

Mit Druck reduziert sich die Anpreßkraft um Druck mal freier Rohrquerschnitt im Flansch, also die Querschnittsfläche der Öffnung der Dichtung.

Zahlenbeispiel:

Gegeben gesamte Vorspannkraft = 64 * 48 kN = 3,072 MN. Mit der Flächenpressung von 50 MPa folgt eine Dichtungsfläche von 614,4 cm^2 =

2*Pi*97,8 cm^2, also Lochkreisradius mal Dichtflächenbreite ca. 100 cm^2. Das kann z. B. DN = 100 mm und Flanschbreite = 100 mm sein, mit Lochkreisumfang 62,8 cm, da sitzt dann auf jedem Zentimeter eine Schraube. (Unwahrscheinlich, vermutlich ist der Durchmesser größer und der Flansch schmaler - nehmen wir mal Flanschbreite 40 mm und DN = 210 mm, was zu 157 cm Lochkreisumfang und einem Schraubenabstand von 2,5 cm führt - schon plausibler, das nehmen wir, bzw. rund gerechnet DN 200.)

Die 10 cm Innenradius der Dichtung führen bei 2 MPa Druck zu einer Zugkraft von 62,8 kN, die von den 3,072 MN Vorspannkraft abzuziehen sind. Durch den Betriebsdruck reduziert sich damit die Flächenpressung um 62,8 kN/3,072 MN = 2,05 % - das dürfte völlig unkritisch sein.

Zu beachten ist, daß die vorspannungsverursachende elastische Dehnung der Schrauben sehr klein ist. Thermische Ausdehnungen können ohne weiteres in der gleichen Größenordnung liegen, daher ist darauf zu achten, daß sich zwischen Flansch und Schrauben keine merklichen Temperaturunterschiede ausbilden dürfen und die Werkstoffe ähnliche Temperaturausdehnungskoeffizienten aufweisen, was i. a. gegeben sein dürfte, wenn es sich in beiden Fällen um ähnliche Stähle handelt.

Gruß aus Bremen Ralf

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Ralf . K u s m i e r z

Am 06.02.2013, 11:29 Uhr, schrieb Ralf . K u s m i e r z :

Ich empfehle Dir mal eine simple Gleichgewichtsbetrachtung der Kräfte aufzustellen!

Jürgen

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Jürgen B

Ralf . K u s m i e r z wrote on Wed, 13-02-06 11:29:

Teile der Grundlagenvorlesungen aus dem Grundstudium vergessen zu haben mag entschuldbar sein, wenn man seitdem anderes macht, aber etwas mehr Zurückhaltung sollte dann schon sein.

Bei unendlicher Steifigkeit aller Bauteile geht die Druckkraft allein in die Schraubenspannung. Real federt aber alles ein wenig und in genau dem Maße bauen sich Vorspannung und Flächenpressung ab, die Schraubenspannung steigt also etwas weniger als mit der zusätzlichen Addition der Druckkraft.

Eben. Damit eine weiche Dichtung Flächenpressung abbauen kann muß sie sich spürbar dehnen, genau das verhindert Deine Annahme eines starren Umfeldes aber.

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Axel Berger

"Jürgen B" schrieb im Newsbeitrag news:op.wr2y8kviyn2ybc@home1-pc...

Hi, naja, er scheint von absolut härtestem Stahl und extrem geringer Flanschwandstärke auszugehen. So hab ich das aber nie erlebt. Die "Vorspannung" der normalen Schrauben für solche Flansche bewirkte erhebliche Streckung. Dazu kommt die eine oder andere U-Scheibe, oder ein Sicherungselement. Selbstsichernde Muttern waren bei hohen Temps damals nicht üblich.

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gUnther nanonüm

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begin quoting, Jürgen B schrieb:

Dito. Und diesmal solltest Du die Flächenpressung der Dichtung dabei nicht ignorieren.

Gruß aus Bremen Ralf

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Ralf . K u s m i e r z

"Ralf . K u s m i e r z" schrieb im Newsbeitrag news: snipped-for-privacy@mid.uni-berlin.de...

Hi, uärks, scheiß Tensorrechnung. Flanschverformung integriert über den Umfang äh Radius, Volumenwanderung der Dichtmasse, Wanderung der Schraubenschäfte in den Bohrungen (Paßschrauben?), Hebelkräfte am Flanschinnenrand wegen Dichtringabstands, Form und Maß der Schraubenkopfunterseite und und und. Da kam auch noch die Eigenschwingung der freien Rohrlänge mit Flansch rein sowie thermische Bewegungen...gut, darum kümmert sich alles Sankt Alzheim...

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gUnther nanonüm

Am 06.02.2013 20:32, schrieb Ralf . K u s m i e r z: ...

...

Die Gleichgewichtsbetrachtung genügt nicht, man muss zusätzlich die Verformungen betrachten.

Als statisches Modell hat man 2 gegenseitig vorgespannte Federn, auf dieses System wird zusätzlich eine äußere Kraft aufgebracht. Die Aufteilung erfolgt im Verhältnis der vorhandenen Feder-Steifigkeiten, dass zeigt eine einfach statisch unbestimmte Rechnung und ist anschaulich klar.

Ich vermute mal, dass die Federsteifigkeiten der Schrauben deutlich größer sein werden als die Federsteifigkeiten von Dichtung + ... (wobei man dabei nicht nur den Werkstoff sondern auch die Fläche und Dicke) berücksichtigen muss.

Stimmt meine Annahme, geht der größere Teil der zusätzlichen Kraft in die Schrauben und die Gesamtkraft der Schrauben wird größer als die Vorspannkraft.

Gruß E.S.

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Ernst Sauer

Eventuell Bedarf an den wirklichen Abmessungen?

- Dichtung 1232/1200mm

- Behälterinnendurchmesser 1172mm

Ich rechne jetzt (hoffentlich konservativ) so: Die Schrauben seien relativ lang, mit der Folge, dass die Schraubenkraft konstant bleibt, wenn der Druck "anfängt" die Flächenpressung von der Dichtung wegzunehmen. Bei 20 bar Innendruck bleiben dann von meiner Flächenpressung der Dichtung im Montagezustand von 50N/mm2 noch ca.

15N/mm2 übrig, wenn das Ding mal auf 20 bar aufgepustet sein sollte.

Rechne/überschlage ich richtig/konservativ?

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Heiner Veelken

Ich muss dabei immer irgendwie an Dehnschrauben denken ;-)

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piddiw

...

Konservativ in welcher Hinsicht (Pressung oder Schrauben)?

Bei Beachtung vorhandener Steifigkeiten ist die Flächenpressung größer als 15 N/mm² (15 < p < 50). Die Zugkräfte in den Schrauben werden aber ebenfalls größer.

Gruß E.S.

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Ernst Sauer

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begin quoting, Axel Berger schrieb:

Nein, muß sie nicht. Typisches Beispiel: Gummi. Volumenelastizität annähernd Null (inkompressibel), gibt aber weich, beinahe flüssig, nach: Die Unebenheiten zwischen Dichtflächen werden ausgeglichen, der Abstand zwischen den Dichtflächen bleibt aber kraftunabhängig näherungsweise konstant.

Natürlich ist Stahl "härter" als Dichtungen - die haben aber auch die größere Fläche und mithin wesentlich kleinere Spannungen. Und damit sind das dann doch die steiferen Federn.

Gruß aus Bremen Ralf

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Ralf . K u s m i e r z

X-No-Archive: Yes

begin quoting, Ernst Sauer schrieb:

Genau genommen ja.

Idealisiert nimmt man aber deutlich unterschiedliche Federsteifigkeiten an und kann dann die härtere Feder als starr ansehen.

Eben nicht, es ist genau umgekehrt: Die "elastischen" Bauteile sind die Schrauben. Und das liegt genau an dem, was Du schreibst: Die Schrauben sind lang und dünn, aber die Dichtungen sehr dünn und großflächig. (Und die Flansche sind sowieso sehr dick und auch aus Stahl, also näherungsweise starre Körper.)

Und umgekehrt folgt genau das Gegenteil.

Gruß aus Bremen Ralf

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Ralf . K u s m i e r z

X-No-Archive: Yes

begin quoting, Heiner Veelken schrieb:

Kann nicht schaden.

Also (nur) 6,11E-2 m^2 Dichtungsfläche (lediglich 16 mm breite Dichtungen?).

Maßgeblich sind die "1200", also 1,13 m^2 freie Öffnung. Das bringt Faktor 18,5 gegenüber der Dichtungsfläche, entsprechend ändert sich bei der die Flächenpressung um 18,5*20 bar = 37 MPa.

Würde ich auch so machen.

50 - 37 = 13 als worst case.

Wenn Du Dir mit den 20 bar als Spitzendruck sicher sein kannst, dann ja - können noch höhere Druckspitzen vorkommen, dann pustet Di das Medium die Dichtung aus dem Flansch.

(Gibt es keine T-förmigen Dichtungen, die dann von innen gegen die Wand drücken?)

Falls sich die Schrauben dehnen, also Flansch + Dichtung nicht als "unendlich steif" angenommen werden können, nimmt die Pressung zwar weniger stark ab, aber es besteht theoretisch die Gefahr des Aufklaffens eines Spalts, z. B. wenn die Beanspruchung unsymmetrisch ist. Das ist auch unschön: Die Elastizität der Dichtung sollte eigentlich nicht in Anspruch genommen werden.

Gruß aus Bremen Ralf

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Ralf . K u s m i e r z

Am 07.02.2013 20:02, schrieb Ralf . K u s m i e r z: ...

Mit den Spannungen hat das nichts zu tun, die Federsteifigkeit beträgt k=E*A/L

Die Dichtung hat einen kleineren E-Modul, eine größere Fläche, und eine kleinere Länge (Dicke der Schicht).

Ich spekuliere mal:

Faktoren Stahl/Gummi: >100 Bei E, ca. 1/10 bei A, ca. 10/1 bei L

Dann wäre es fifty, fifty.

Die Spezialisten werden es genauer wissen.

Gruß E.S.

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Ernst Sauer

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begin quoting, Ernst Sauer schrieb:

Die Spannungen verhalten sich wie die Flächen (bzw. reziprok).

Ich bin mir jetzt nicht so sicher, ob man bei Gummi den E-Wert "mit Querkontraktion" ansetzen kann, ich würde annehmen, daß man den Volumenelastizitätswert nehmen muß, und dann ist das aquivalente E viel höher.

Außerdem dürfte das L-Verhältnis auch größer sein.

Das kommt der Realität jedenfalls vermutlich näher.

Sollten sie.

Gruß aus Bremen Ralf

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Ralf . K u s m i e r z

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