Das Bauen für Bierbrauer in der Biedermeierzeit: Bi erbrauereien als Bauaufgabe und Forschungsgegenstand (1)

Das Bauen f=FCr Bierbrauer in der Biedermeierzeit: Bierbrauereien als Bauaufgabe und Forschungsgegenstand (1)

Im Westerwald gab es zahlreiche Bierbrauereien. Nur wenige existieren immer noch. Bei der systematischen Erfassung von Geb=E4uden in D=F6rfern und St=E4dten im geographischen Westerwald stie=DF ich auf etliche Ge- b=E4ude, die zuvor Brauereien waren. In Montabaur be- trat ich k=FCrzlich die =FCbereinanderliegenden Gew=F6lbe einer ehemaligen Brauerei aus der Mitte des 19.Jahr- hunderts. Es sind Tonnengew=F6lbe in der W=F6lbungslinie eines Korbbogens. Von einem der =FCberw=F6lbten S=E4le geht ein Gang ab. Er ist eingangs versch=FCttet. Ein Spalt zum Durchkriechen wurde freigelegt, um zu se- hen, was sich dahinter verbirgt. Zuvor war bei Freile- gungsarbeiten in diesem Keller die verborgene T=FCr- =F6ffnung zu diesem Gang entdeckt worden. Der Gang wurde betreten und begangen. Er teilt sich nach et- licher L=E4nge. Es wird erz=E4hlt, er w=FCrde bis unter die katholische Kirche der Stadt f=FChren. Aber das ist spekulativ. Zu vermuten ist jedoch eine Verbindung zu =D6rtlichkeiten, die im Funktionszusammenhang mit der Brauerei standen.

Die Inneneinrichtung dieser Brauerei ging verloren. Man wei=DF also auch nichts von der genauen Lage der Inneneinrichtung und Anordnung der Produktions- abl=E4ufe der Brauerei.

Um die Brauerei, die im ehemaligen Stadtgraben vor der Stadtmauer errichtet wurde, vermutlich weil da- durch sehr viel Aushub f=FCr den Keller eingespart wer- den konnte, mit Wasser zu versorgen, legte man in Montabaur die erste Wasserleitung mit Metallr=F6hren an. Die Bewohner an der unteren Koblenzerstra=DFe profitierten davon, da sie sich Hausanschl=FCsse legen konnten. Die Planungsunterlagen dazu fand ich im Stadtarchiv.

Unterhalb der Brauerei, in der ebenen Aue am Bach- lauf des Tales, war ein Weiher angelegt worden, der im Winter zur Eisgewinnung diente. Man s=E4gte die Eisplatten aus und lagerte sie in einem nahe- gelegenen Eishaus ein. Vermutlich wurde dieses Eis f=FCr die Brauerei, die Gastst=E4tten und Fischge- sch=E4fte im damaligen Montabaur ben=F6tigt. Sowohl der Eisweiher wie das Eishaus wurden vernichtet, ohne auf die Stadtbaugeschichte zu achten.

Archivalien zu den Brauereien im Westerwald sind in einem gewissen Umfang vorhanden. Die Ergiebig- keit ist jedoch sehr begrenzt. =DCber das Bierbrauen selbst mu=DF man sich anderswo Hinweise suchen. Auch ist der Produktionsablauf dieser untergegange- nen Brauereien im Westerwald vielleicht eher nicht dokumentiert. Es gibt aber auch ausgiebigere Dar- stellungen, z.B. zu Brauereien in Arzbach und Ransbach. Bisher las ich nur zu Arzbach.

Ehemalige Brauereien sind sehr gef=E4hrdete Bauten. In Ransbach-Baumbach tr=E4umt die Fohrbrauerei da- von, das Stammhaus zu vernichten, weil eine Restau- rierung sehr viel Geld verschlingen w=FCrde. In Monta- baur erhielten sich zwar die =FCbereinanderliegenden Gew=F6lbe der Brauerei, aber der gesamte Aufbau dar=FCber ging durch Abri=DF und modernen Neuaufbau verloren. Vorl=E4ufer dieser historischen Brauerei verschwanden ebenfalls im Verlauf der Baugeschich- te der Stadt. Nur der Name der Biergasse erinnert noch an eine Brauerei. In diesem Fall mu=DF selbst die Kenntnis von der genauen Lage dieser Brauerei als erloschen gelten.

Um Aufschlu=DF =FCber das Bierbrauen und die Bierbrau- ereien als Bautypus zu gewinnen, fand sich ein Auf- satz aus der Biedermeierzeit. Dieser wurde von mir ausgewertet. Es ist nach weiteren Abhandlungen zu suchen. Die Schwierigkeit, Aufschlu=DF =FCber die Bau- anlagen historischer Brauereigeb=E4ude zu gewinnen, liegt darin, da=DF solche Bauten sehr unterschiedliche Gr=F6=DFen aufweisen und sich meist kaum noch Unter- lagen auffinden lassen, wie die Brauerei in ihren Pro- duktionszusammenh=E4ngen r=E4umlich gegliedert war. Man mu=DF sich vorsichtig dem Thema ann=E4hern, um gute Arbeitsans=E4tze zu finden. Der Aufsatz in der Allgemeinen Bauzeitung vom Jahre 1837 ist zwar sehr zweckdienlich, aber es geht um wesentlich gr=F6=DFere Bauanlagen als die, die im 19.Jahrhundert im Westerwald existierten. Doch nun zum Bierbrauen:

Bierbrauen geht so. Gerste, Weizen, Spelt oder Dinkel und Hafer o.a. werden dazu genutzt, um ein zuckerarti- ges Extrakt zu gewinnen. Dieses Extrakt wird durch G=E4hrung zum Bier gemacht.

"Von den zur Bierbereitung n=F6thigen Materialien ist das Wasser der Hauptbestandteil und dient als Aufl=F6sungs- mittel zur Ausziehung der aus dem Malze und Hopfen zu erzielenden Bestandtheile; das Malz ist das n=E4hren- de, und das Hopfenbitter der die gute Haltbarkeit be- wirkende Bestandtheil des Bieres." (1)

Zum Bierbrauen mu=DF also Wasser zur Verf=FCgung ste- hen, das sich eignet. Dieses sollte Qualit=E4t haben:

"Je weniger fremdartige Bestandtheile das Wasser ent- h=E4lt, desto mehr aufl=F6send wirkt es, und desto besser ist es sohin zum Bierbrauen; bei Errichtung von Braue- reien mu=DF man also vor Allem sich von der G=FCte des zum Brauen zur Hand stehenden Wassers durch Ver- suche =FCber dessen H=E4rte oder Weichheit Kenntni=DF verschaffen." (2)

In Hamburg sch=F6pfte man das Wasser zum Bierbrau- en aus den Fleeten. Dort wurde diesem Wasser nach- gesagt, das sehr schmutzig war, gerade dies habe den besonders w=FCrzigen Geschmack des Hamburger Bieres ausgemacht. Vermutlich sind solche Formu- lierungen ein Scherz Hamburger Lokalpatrioten. Denn das Wassers mu=DF sehr rein sein.

"Die reinsten Wasser findet man in sandigen Gegen- den; denn das =FCber Sand, Sand- und Kiesschichten flie=DFende Wasser l=F6st von diesen nichts auf, sondern wird vielmehr von den Stoffen, welches es mit sich f=FChrt, dadurch gereinigt. Der Brauer, welcher gutes weiches Wasser bei seinem Br=E4uhause hat, hat zu seinem Besten schon viel voraus." (3)

Das Getreide und der Hopfen, welche zum Bierbrau- en genutzt werden, m=FCssen in der Brauerei "einen ger=E4umigen gesunden Aufbewahrungsort" haben, wird angef=FChrt. Hopfen, in ganz Europa "wild in Hecken und B=FCschen" vorkommend, sei jedoch wie die Gerste oder der Weizen, die meist zum Bierbrauen genom- men w=FCrden, "besonders" anzubauen.

"Der Hopfen erh=F6ht nicht nur den Geschmack des Bieres und bewirkt bessere Gedeihlichkeit f=FCr den Magen, sondern er ist auch zur Haltbarkeit des Bie- res ein nothwendiges Erforderni=DF, und kann durch kein anderes bis jetzt bekanntes Mittel zureichend ersetzt werden." (4)

Man zieht aus dem Hopfen Bitterstoffe und ein "fl=FCch- tiges =D6l".

"Bei der Einrichtung einer Brauerei mu=DF auch der Platz f=FCrs Holz ber=FCcksichtigt werden, denn zu einer wohlgeordneten Brauf=FChrung geh=F6rt, da=DF ein Brauhaus immer auf ein Jahr mit gutem d=FCrren Holze versehen sei." (5)

In der Biedermeierzeit wurde zum Malzd=F6rren "klein gescheitertes und gut ged=F6rrtes Buchen- oder doch wenigstens Birkenholz" empfohlen. Auch Pech sei einzulagern, da "die Sommer- oder Lagerbierf=E4sser" /.../ "jedes Jahr frisch ausgepicht" werden mu=DFten. Au=DFerdem m=FCsse Eichenholz f=FCr die Bierf=E4sser auf Vorrat gehalten werden. (6)

Die Vorg=E4nge beim Bierbrauen selbst liessen "sich s=E4mmtlich in den Benennungen: Malzen, Maischen (Mischen) und Kochen, konzentriren". Man gewinnt dabei aus dem Getreide einen "so viel wie m=F6glich zuckerhaltigen Auszug", der "Bierw=FCrze" genannt wird. Man versucht den Zuckergehalt durch das Malzen des Getreides zu mehren. Dazu legte man das Getreide in der Biedermeierzeit in einen "Quell- bottich oder Weichkasten", in dem Wasser stand. Man tauchte die Getreidek=F6rner w=E4hrend acht Stun- den in das Wasser ein, in dem sie schwammen. Was dann noch oben schwamm, wurde aussortiert. Der Abfall diente der Tierf=FCtterung. Das Wasser war bei diesem Vorgang des Malzens in Abst=E4nden ab- zulassen und zu erneuern. Nach 3 bis 4 Tagen war der Vorgang abgeschlossen. =DCber die Lage des Weichkastens wird gesagt:

"Der Weichkasten mu=DF nothwendiger Weise zu ebener Erde im Br=E4uhause stehen, und das Wasser durch R=F6hren und Rinnen in dasselbe geleitet und aus demselben wieder abgef=FChrt werden." (7)

Das Getreide quoll also im Weichkasten und f=FCllte ihn schlie=DFlich aus. Von da gelangte es auf den "Keim- oder Malzboden", wo das keimende Getreide auf dem gesamten Boden ausgebreitet wurde:

"erst 3, dann 6 Zoll oder h=F6chstens 1 Schuh hoch" (8)

Der Raum war ohne Luftzug geschlossen zu halten und mu=DFte durch eine aufgew=E4rmte Luft das gute Auskeimen des Getreides m=F6glich machen. "Alle

6 bis 8 Stunden" war das Getreide umzuschaufeln. Dieser "Malzhafen" erw=E4rmte sich w=E4hrend des Vorgangs bis auf 26 Grad. Nach vier Tagen war der Keim gediehen. Er durfte als Keim so weit, wie das Korn selbst lang war, herauslugen. Danach wurden die gekeimten K=F6rner zum "Schwelk- oder Welk- boden" gebracht, den man "Schwelke" nannte, welcher

"am bequemsten neben dem Malzboden liegen w=FCr- de, gew=F6hnlich aber =FCber demselben angebracht ist, indem das Trocknen des Malzes schneller von Statten geht" (9)

Man zog also die gekeimten K=F6rner nach oben in einen anderen Raum, wo man die K=F6rner d=FCnn ausbreitete. Viel Wasserdampf mu=DFte von den durchfeuchteten und gequollenen Keimlingen ab- gesondert werden, weswegen der Saal einen Abzug f=FCr den Wasserdampf haben mu=DFte. Man nannte diesen Raum die "Malzd=F6rre" oder "Darre". Wurde der Malz nur ausgebreitet und d=F6rrte an der Luft, sprach man vom Luftmalz. Wurde mittels Feue- rung ged=F6rrt, sprach man vom "D=F6rrmalz".

Der Sinn der =FCbereinanderliegenden Gew=F6lbe des Brauhauses in Montabaur k=F6nnte also darin gele- gen haben, von der Schwelke die Keimlinge in den Saal dar=FCber zur Darre bringen zu k=F6nnen. Der =FCber- w=F6lbte Saal =FCber den gew=F6lbten R=E4umen darunter ist recht gro=DF, was f=FCr eine Darre sprechen k=F6nnte. Von der Darre gelangte das Malz nun in einen anderen Trockenraum, wo schlie=DFlich die K=F6rner von den Keimen gereinigt wurden, was mit Handm=FChlen ge- macht wurde. Danach konnte es gelagert werden. Auch nach 3 oder 4 Jahren sei das gelagerte Malz noch brauchbar, wenn es trocken und gut bel=FCftet gelagert worden sei. Dieser Trockenraum und der gut bel=FCftete Lagerplatz k=F6nnte sich in den Geschos- sen =FCber den eingew=F6lbten R=E4umen befunden haben, Gescho=DFe, die abgerissen wurden, um den Neubau dar=FCber t=E4tigen zu k=F6nnen.

Der Text aus der Biedermeierzeit sagt aus, man habe das getrocknete Malz, bevor es zur Maische gebracht wurde, also zum Brauen, auf einem ge- pflasterten Platz ausgebreitet und geh=E4uft, um es einzun=E4ssen. Nach etlichen Stunden habe man es in S=E4cke abgef=FCllt, um es zum Schroten zur M=FChle zu bringen. (10) M=FChlen gab es in Montabaur. Sie gingen wohl alle verloren.

Der weitere Vorgang mu=DF sp=E4ter zur Darstellung ge- langen. Man wird die Beschreibung aus der Bieder- meierzeit mit anderen Darlegungen zu vergleichen haben, um zum Schlu=DF das im Westerwald auf- sp=FCrbare Archivmaterial damit in einen Zusammen- hang zu bringen. Vielleicht l=E4=DFt sich dann genauer erschlie=DFen, wie die Brauerei in Montabaur im Inneren ausgebaut war. Es ist zu pr=FCfen, wie sich ein Werde- gang des Brauereiwesens nachvollziehbar machen l=E4=DFt, soda=DF man eine Idee davon erh=E4lt, wie vor und nach der Biedermeierzeit Bier gebraut wurde und welche Ver=E4nderungen sich dadurch im r=E4umlichen Aufbau einer Brauerei ergaben. Hinweise zu Braue- reien in anderen Gegenden werden gesucht.

K.L.

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Diskussion gestellt. Der Autor ist =FCber folgende Emailadresse erreichbar: baugeschichte (at) email.de

Anmerkungen: (1)-(3) zitiert aus: o.A.: Anweisung zur vortheilhaften Anlage und Einrichtung der Bierbrauereien und damit in Verbindung stehenden Branntweinbrennereien und Essigsiedereien, nach den neuesten in M=FCnchen aus- gef=FChrten Geb=E4uden dieser Art. S.190-192; S.197-199; S.230-233; S.235-239; S.305-308; S.313-316; S.324-

325; S.348-349; S.379-382 in: Allgemeine Bauzeitung. Wien, 1837. S.191 (4)-(5) zitiert aus: o.A., wie vor, S.192 (6) siehe: o.A., wie vor, S.192 (7)-(9) zitiert aus: o.A., wie vor, S.198 (10) siehe: o.A., wie vor, S.197ff.
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Karl-Ludwig Diehl
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Das Bauen f=FCr Bierbrauer in der Biedermeierzeit: Bierbrauereien als Bauaufgabe und Forschungsgegenstand (2)

Die Arbeitsabl=E4ufe in einer Brauerei wurden im ersten Teil des Aufsatzes bis zum Vorgang des Schrotens der Getreidekeime erkl=E4rt. Es war gesagt worden, die Vorg=E4nge beim Bierbrauen liessen sich auf die aufein- anderfolgenden Arbeitsschritte des Malzens, des Mai- schens und des Kochens eingrenzen. Es wurde erkl=E4rt, das Getreide sei zun=E4chst in einen "Weichkasten" zum Aufquellen gekommen, danach habe man es in einen "Keim- oder Malzboden" verbracht, wo die Ge- treidek=F6rner bis zu einer L=E4nge wie des Korn selbst aufkeimen durften. Aus diesem "Malzhafen", wo die Keimlinge ged=F6rrt wurden, kamen sie in Handm=FChlen, damit die K=F6rner von den getrockenten Keimspitzen befreit werden konnten. Danach konnte man das Malz bis zu 2-3 Jahren lagern, oder es wurde schneller verwendet. Aus dem gut bel=FCfteten Trocken- oder La- gerraum wurde es dann zu einem Platz gebracht, wo es geh=E4ufelt und gen=E4sst wurde. In S=E4cken kam es so zur Schrotm=FChle. Diese konnte von Pferden oder Ochsen gedreht, oder eine Wind- oder Wasserm=FChle sein. Vom Schroten kam das geschrotete Malz zum Maischen, das ist Mischen. Dem schlossen sich weitere Arbeitsschritte an. Um die Funktionsabl=E4ufe besser zu verstehen, lohnt eine Auswertung der r=E4umlichen Zusammenh=E4nge in damals bestehenden Bierbrauereien, zu denen Ver=F6ffentlichungen aus der Zeit vorliegen. Doch zun=E4chst allgemeinere Aus- sagen dazu, was in der Biedermeierzeit angeraten wurde, wenn jemand ein Brauhaus bauen wollte:

"Da die Beantwortung der Frage: wie gro=DF, weit, lang und hoch mu=DF ein Brauhaus nebst Allem, was dazu geh=F6rt, gebaut werden? - von so gro=DFer Wichtigkeit ist, so wollen wir zur leichteren Uebersicht die Braue- rei in ihre einzelnen Theile zerlegen, dann Theil f=FCr Theil durchgehen, und als Beispiel eine Brauerei neh- men" (1)

Es lassen sich zwei Produktionsbereiche unterschei- den:

"Das Brauhaus besteht aus dem Sudwerke und dem Malzwerke." (2)

Das Malzwerk besteht aus diesen Arbeitsbereichen:

  1. die Weiche
  2. dem Keimboden, auch Haufen- und Wachstenne
  3. der Schwelke
  4. der D=F6rre oder Darre
  5. dem Malzboden
  6. dem Einspreng
  7. der Schrotm=FChle f=FCr das Malz

Das Sudwerk l=E4=DFt sich in Arbeitseinheiten aufgliedern:

  1. das Brau- und Sudhaus
  2. die K=FChle
  3. der G=E4hrkeller
  4. der Winterbierkeller
  5. der Sommerkeller

Da sich durch die Bierherstellung Nebenprodukte er- geben, findet sich neben dem Malzwerk und dem Sudwerk

  1. das Branntweinhaus oder die Branntweinbrennerei
  2. die Essigstube oder die Essigsiederei (3)

Diese einzelnen Produktionsbereiche eines Brau- hauses der Biedermeierzeit lassen sich im genauen Ablauf der Produktion abschnittsweise er=F6rtern, was aber hier nicht geschieht, sondern es wird darauf abge- hoben, eine damals gebaute Brauerei vorzustellen. Das erleichtert das Vorstellungsverm=F6gen von der r=E4um- lichen Verteilung der Arbeitsbereiche. Zun=E4chst ist es die Bierbrauerei Haindl in M=FCnchen, die pr=E4sentiert wird. Sie war in der Biedermeierzeit gebaut worden und begann im Jahre 1833 auf einem Gel=E4nde zwischen der Sendlingergasse und der Kreuzgasse mit ihrer Bierproduktion. (4)

Das Geb=E4ude hat einen Keller, ein Erdgescho=DF und drei Geschosse dar=FCber.

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Im Keller wurde der G=E4hrkeller gut getrennt von der Wachstenne untergebracht.

Im Erdgescho=DF befinden sich die Weichen, das K=FChlhaus, das Sudhaus und R=E4umlichkeiten f=FCr die Bedienung der G=E4ste des Brauhauses.

Das 1.Obergescho=DF enth=E4lt einen K=FChlstock, den Einspreng und den Luftraum =FCber dem Sudhaus, das im Erdgescho=DF darunter zug=E4nglich ist. Das Sudhaus im Erdgescho=DF ist also ein hoher Raum, der zwei Geschosse hoch ist.

Das 2.Obergescho=DF enth=E4lt die Schwelke und die Malzd=F6rre.

Im 3.Obergescho=DF wurde das gedarrte Malz gela- gert. Ein abgetrennter Raum diente den Brauknech- ten zum Wohnen.

Man sieht also, aus dem Grundri=DF werden die Funktionszusammenh=E4nge und damit die Arbeits- abl=E4ufe in einer Brauerei nicht deutlich. Man wird also die Funktionsabl=E4ufe am Grundri=DF- gef=FCge verdeutlichen m=FCssen. Das geschieht sp=E4ter. Wie aus den Grundrissen erkenntlich wird, haben die R=E4ume nicht unbedingt eine optimale Zuord- nung zueinander. Es ist anzunehmen, das es schlecht organisierte und besser organisierte Raum- anordnungen in Brauh=E4usern gab. Dies wiederum sagt uns zur ehemaligen Brauerei in Montabaur, zu der keine Inneneinrichtung erhalten blieb: Es k=F6nnte schwierig sein, heute noch zu verstehen, wie damals die Brauerei ihre Produktionsabl=E4ufe inner- halb der R=E4umlichkeiten angeordnet hatte. Man mu=DF abwarten, was sich zu dieser Brauerei an Hinweisen noch ergibt. Erhalten blieben die =FCberein- anderliegenden Gew=F6lbekeller. Der Geb=E4udeteil dar=FCber wurde durch einen Neubau ersetzt. Es sind viele Fragen offen.

K.L.

Dieser Text von Karl-Ludwig Diehl wurde in

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Anmerkungen: (1) zitiert aus: o.A.: Anweisung zur vortheilhaften Anlage und Einrichtung der Bierbrauereien und damit in Verbindung stehenden Branntweinbrennereien und Essigsiedereien, nach den neuesten in M=FCnchen aus- gef=FChrten Geb=E4uden dieser Art. S.190-192; S.197-199; S.230-233; S.235-239; S.305-308; S.313-316; S.324-

325; S.348-349; S.379-382 in: Allgemeine Bauzeitung. Wien, 1837. S.235f. (2) zitiert aus: o.A., wie vor, S.236 (3) vergl. Beschreibung bei: o.A., wie vor, S.236 (4) siehe: o.A., wie vor, S.308 und Abbildungen S.152 in: Allgemeine Bauzeitung, ebenfalls Jahrgang 1837.
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Karl-Ludwig Diehl

Das Bauen f=FCr Bierbrauer in der Biedermeierzeit: Bierbrauereien als Bauaufgabe und Forschungsgegenstand (3)

Die Brauerei Haindl in M=FCnchen, die in der Biedermeier- zeit in Betrieb genommen wurde, macht deutlich, wie Arbeitsr=E4ume einer Brauerei =FCber die Geschosse ver- teilt sein konnten. Diese Anordnung der Funktionsr=E4ume mu=DF nicht unbedingt klug gew=E4hlt worden sein, sie spie- gelt aber die Ideen eines Brauers wider, an einem Ort, der vielleicht sehr beschr=E4nkt war, einen funktionierenden Brauereibetrieb aufnehmen zu wollen. Die Planung mu=DF also die W=FCnsche des Bauherren wiedergeben.

Es wurde in einem Aufsatz der Biedermeierzeit gesagt:

"Das Brauhaus besteht aus dem Sudwerke und dem Malzwerke." (1)

An der Art der Verteilung der R=E4ume in der Brauerei Haindl wird deutlich, Sudwerk und Malzwerk wurden in einem Geb=E4ude verquickt. Das konnte dazu gef=FChrt ha- ben, da=DF sich einzelne Produktionsbereiche untereinan- der st=F6rten, andere besser aufeinander abgestimmt waren. Man wird das untersuchen m=FCssen. Die Zusam- menstellung des r=E4umlichen Aufbaus der Brauerei l=E4=DFt sich durch die Grundrisse nur bedingt verstehen. Es m=FCssen auch Schnitte durch das Geb=E4ude ausgewer- tet werden. Man hat diese Schnitte in der Biedermeier- zeit offensichtlich "Profile" genannt. Die "Profile" der Brauerei Haindl machen den wesentlich komplexeren r=E4umlichen Aufbau einer solchen Produktionsst=E4tte deutlich.

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Es macht einige M=FChe, die historischen Pl=E4ne zu lesen, deshalb wurden sie von mir mit einer Beschriftung =FCberlagert.

Interessant ist der Aufbau des Sudhauses, ein hoher Raum, dem viele Stufungen von Funktionsabl=E4ufen zu- geordnet sind, die nun beschrieben werden.

"Das Brau-oder Sudhaus soll, wenn m=F6glich, gegen Mitternacht zu gebaut, gew=F6lbt und hell genug sein; dasselbe enth=E4lt die Braupfanne, das Nachbierst=FCb- chen, den Maischbottich und darunter den Biergrund, dann einen ger=E4umigen Platz zum Reinigen der F=E4s- ser und des Geschirres; nicht aber auch die K=FChle und wohl gar die Sch=FCr- oder Heizst=E4tte, welche vom Sudhause getrennt angebracht werden m=FCssen." (2)

Es gibt also R=E4ume, die nicht zusammengebracht werden d=FCrfen. Zu dem =FCberw=F6lbten Raum des Sud- raumes wird gesagt:

"die lichte H=F6he des Gew=F6lbes kann 13' und die W=F6l- bungsart die b=F6hmische sein, wobei die Seitenmau- ern 3' dick, die Gurten 18 Zoll stark sein m=FCssen." (3)

Die Gr=F6=DFe der Sudpfanne ist variabel und h=E4ngt na- t=FCrlich von der Betriebsgr=F6=DFe ab. Innerhalb welcher Gr=F6=DFenordnungen sich solche Sudpfannen in der Biedermeierzeit bewegen konnten, ist mir nicht be- kannt. Sie soll gro=DF genug sein, um "die Bierw=FCrze des ganzen Sudes" zu fassen, au=DFerdem sei es besser, wenn sie "mehr flach als tief" ist, denn

"in flachen Gef=E4=DFen wird die Fl=FCssigkeit weit ge- schwinder und mit weniger Brennmaterialien zum Ko- chen gebracht, als in tiefen." (4)

Doch machen wir uns die Arbeitsvorg=E4nge in der Bie- dermeierzeit erneut klar:

"das Getreide sei zun=E4chst in einen "Weichkasten" zum Aufquellen gekommen, danach habe man es in einen "Keim- oder Malzboden" verbracht, wo die Ge- treidek=F6rner bis zu einer L=E4nge wie des Korn selbst aufkeimen durften. Aus diesem "Malzhafen", wo die Keimlinge ged=F6rrt wurden, kamen sie in Handm=FChlen, damit die K=F6rner von den getrockenten Keimspitzen befreit werden konnten. Danach konnte man das Malz bis zu 2-3 Jahren lagern, oder es wurde schneller verwendet. Aus dem gut bel=FCfteten Trocken- oder La- gerraum wurde es dann zu einem Platz gebracht, wo es geh=E4ufelt und gen=E4sst wurde. In S=E4cken kam es so zur Schrotm=FChle. Diese konnte von Pferden oder Ochsen gedreht, oder eine Wind- oder Wasserm=FChle sein. Vom Schroten kam das geschrotete Malz zum Maischen, das ist Mischen." (5)

Der weitere Vorgang ist wesentlich komplexer, findet aber trotzdem in einem gro=DFen Raum statt, der mit vielen Ger=E4tschaften ausgestattet ist. Hier werden nur Maischbottich und Pfanne erw=E4hnt.

"Das Malzschrot kommt nun in den Maischbottich (oder die Maischkufe); auf daselbe gie=DFt man kaltes Wasser, und vereinigt mittelst Maischscheitern das Schrot gut mit dem Wasser, damit keine Malzmasse beisammen bleibt und Klumpen bildet. Diese Arbeit wird das Einmaischen oder Einteigen genannt." (6)

Es wurde also mit geeignet gemachten R=FChrh=F6lzern umger=FChrt, was wohl reichlich anstrengend war, weil dazu gesagt wird, es sei das ganze Braupersonal daf=FCr einzusetzen gewesen. Vom Maischbottich ist zu lesen:

"Der Maischbottich ist gew=F6hnlich von Lerchen- oder Eichenholz, und darf beinahe das doppelte Quantum fassen, welches die Pfanne h=E4lt" (7)

Man nahm "3 Zoll dicke Dielen", um den Bottich oder Kasten zu fertigen. Wichtig war, da=DF der Maisch- kasten bis zur Mitte dieses Bottichs beim R=FChren erreicht werden konnte, da die Malzmasse vollst=E4ndig mit Wasser zu Teig zu durchmischen war.

"Das eingemaischte Malzschrot bleibt 3 - 4 Stunden in dem Bottich ruhig stehen; w=E4hrend dieser Zeit bringt man das Feuer unter die Pfanne, um das Was- ser nach Erforderni=DF mehr oder weniger zu sieden. Dann wird das siedende Wasser von zwei Brau- knechten aus der Pfanne in den Maischbottich =FCber- gesch=F6pft, w=E4hrend welcher Zeit das =FCbrige Personale in demselben ununterbrochen maischt. Ist so das hei=DFe Wasser von der Pfanne in den Bottich gebracht worden, so hat das Maischen ein Ende, und man hat nun die erste Dickmaische, von welcher so viel in die Pfanne hin=FCbergesch=F6pft wird, bis diese ganz voll ist, und man sagt: die erste Dickmaische ist in der Pfanne." (8)

Der Vorgang sei bis hierhin erkl=E4rt. Es wurde also das Malzschrot in einen Bottich voll Wasser gegeben, zum Teig damit ger=FChrt und aus einer Pfanne darin erhitztes Wasser in den Maischbottich verbracht, bis die erste Dickmaische entsteht. Diese wird nun in solcher Menge in die Pfanne =FCberf=FChrt, bis die Pfanne vollst=E4ndig gef=FCllt ist.

Die weiteren Arbeitsschritte werden sp=E4ter erkl=E4rt. Man wird anhand von Grundrissen und Schnitten die r=E4umliche Verteilung aller Arbeitsabl=E4ufe sicht- bar machen m=FCssen. Damit das erkennbarer wird, sind Planausschnitte der historischen Pl=E4ne zu ver- fertigen.

K.L.

Dieser Text von Karl-Ludwig Diehl wurde in

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Anmerkungen: (1) zitiert aus: o.A.: Anweisung zur vortheilhaften Anlage und Einrichtung der Bierbrauereien und damit in Verbindung stehenden Branntweinbrennereien und Essigsiedereien, nach den neuesten in M=FCnchen aus- gef=FChrten Geb=E4uden dieser Art. S.190-192; S.197-199; S.230-233; S.235-239; S.305-308; S.313-316; S.324-

325; S.348-349; S.379-382 in: Allgemeine Bauzeitung. Wien, 1837. S.236 (2)-(4) zitiert aus: o.A., wie vor, S.236 (5) zitiert aus: Karl-Ludwig Diehl: Das Bauen f=FCr Bier- brauer in der Biedermeierzeit: Bierbrauereien als Bau- aufgabe und Forschungsgegenstand (2). In:
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21.5.2008 (6) zitiert aus: o.A., wie vor, S.231 (7) zitiert aus: o.A., wie vor, S.236 (8) zitiert aus: o.A., wie vor, S.231
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Karl-Ludwig Diehl

Karl-Ludwig Diehl schrieb:

Sag mal, merkst du noch was?

-- Besten Gruß, Kai Dörner

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Kai Doerner

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Karl-Ludwig Diehl

Das Bauen f=FCr Bierbrauer in der Biedermeierzeit: Bierbrauereien als Bauaufgabe und Forschungsgegenstand (4)

Die Bierbrauerei Haindl in M=FCnchen, in der Biedermeier- zeit entstanden, kann weiterhin als Beispiel herangezo- gen werden, um Brauereien des 19.Jahrhunderts besser zu verstehen. Von den beiden Teilen, aus denen eine Brauerei besteht, also das Sudwerk und das Malzwerk, ist das Sudwerk wegen seiner Arbeitsabl=E4ufe das kom- plexere.

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Der erste Vorgang nach dem Malzen im Malzhaus l=E4=DFt sich kurz erkl=E4ren. Es wurde das Malzschrot in einen Bottich voll Wasser gegeben, zum Teig damit ger=FChrt und aus einer Pfanne eine darin erhitzte Wassermenge in den Maischbottich verbracht, bis die erste Dickmai- sche entsteht. Diese wird nun in solcher Menge in die Pfanne =FCberf=FChrt, bis die Pfanne vollst=E4ndig gef=FCllt ist.

Das hei=DFe Wasser war also zum Maischen, das ist das Vermengen des Malzes, sehr wichtig. In der Pfanne lie=DF sich das Wasser je nach Bedarf sehr rasch erhitzten. Wenn die Dickmaische als Teilmenge in die Pfanne =FCberbracht ist, wird sie darin zum Sieden gebracht. Sie- den ist ein Vorgang, bei dem Fl=FCssigkeit aus einer gan- zen Masse bei Bl=E4schenbildung verdampft. Das Sieden der ersten Pfannenf=FCllung dauerte gut 1 1/2 Stunden. Dazu wird gesagt, die Dickmaische wird "im Sude er- halten". Danach brachte man diese Masse in den Maischbottich zur=FCck und maischte sie mit der darin verbliebenen Maische zur "zweiten Dickmaische", die dann wieder in die Pfanne kam, bis die Pfanne ge- f=FCllt ist. Diese Masse lag eine Stunde in ihrem Sud in der Pfanne. In welcher Hitze das Feuer unter der Pfanne zu halten war, wird wohl Erfahrungssache ge- wesen sein. (1) Nun hei=DFt es:

"W=E4hrend des Kochens dieser zweiten Maische l=E4=DFt man 3 - 4 Eimer reiner Fl=FCssigkeit, durch Oeffnen des Zapfens oder Hahnes, von dem Bottich in den Grand herunterlaufen" (2)

Was war nun der Grand? Er stand unter dem Maisch- bottisch und konnte bei Haindl in M=FCnchen und bei =E4hnlich gro=DFen Brauereien "ungef=E4hr 20 - 30 Eimer in sich halten". Der "bayerische Eimer", so wird aus- formuliert, habe "53 8/10" des "Pariser Kubikzoll" um- fa=DFt. Man hatte den Grand "von Holz, Stein oder Kup- fer" hergestellt. Er wurde w=E4hrend der Produktion im Sudhaus mehrfach verwendet:

"In diesen Biergrand kommt nichts, als bei jedem Sud die Lautermaische, dann das Bier von dem Bottich und das Nachbier, und zuletzt das Glattwasser, wel- ches zum Branntweinbrennen verwendet wird" (3)

In diesen Biergrand lie=DF man also aus dem Bottich Fl=FCssigkeit in der zuvor genannten Menge ablaufen. Derweil siedete die zweite Dickmaische in der Pfanne. Sie mu=DFte eine Stunde in der Pfanne bleiben und kam dann ebenfalls in den Bottich zur=FCck, um sie erneut zu vermengen, also zu maischen. Hatte das Umr=FChren im Bottich ausreichend stattgefunden, blieb diese zweite Dickmaische etwa 15 Minuten ruhig stehen. Derweil wurde in die Pfanne sowohl Wasser, Fl=FCssigkeit aus dem Grand und Fl=FCssigkeit aus dem Bottich ein- gef=FCllt und zum Sieden gebracht. Sobald diese Fl=FCs- sigkeit, die dann "Lautermaische" genannt wurde, siedete, brachte man sie in den Bottich zu der Mai- sche, woraufhin das letzte Vermengen und Vermi- schen, also "das letzte Maischen" stattfand, eine Vor- gang, der eine halbe Stunde lang vorgenommen wur- de. Man lie=DF diese Masse etwa 1 1/2 Stunden stehen, und zwar abgedeckt, und sagte, "das Bier - eigentlich die Bierw=FCrze - steht auf der Ruhe". Derweil erhitzte man Wasser "zum Nachbier" in die Pfanne, womit zu- gleich das Geschirr des Arbeitsvorgangs des Mai- schens gereinigt werden konnte.

Nach 1 1/2 Stunden lie=DF man aus dem Bottich die "Bierw=FCrze", die durch das letzte Maischen entstand, in den Grand ablaufen. Zugleich reinigte man das Ar- beitsgeschirr in dem Nachbier der Pfanne und schlie=DF- lich die Pfanne selbst, da nun in die ges=E4uberte Pfanne die beim Maischen erhaltene Bierw=FCrze zu f=FCllen war. Dieser Bierw=FCrze in der Pfanne wurde nun der Hopfen in erforderlicher Menge beigegeben, um sie damit gute 1 1/2 Stunden bei geringer Flamme zu kochen. War der Vorgang abgeschlossen, wurde die hei=DFe W=FCrze, die zusammen mit dem Hopfen siedete, auf die sogenannte "K=FChle" gesch=F6pft, =FCber der sich der "Hopfenseiher" befand. Der Hopfen blieb also im Seiher h=E4ngen, die gereinigte W=FCrze stand danach "h=F6chstens 3 bis 4 Zoll hoch" in der "K=FChle". Nur anfangs durfte dann ger=FChrt werden, um diese Bier- w=FCrze aufzuk=FChlen. Dabei war darauf zu achten, da=DF kein Schaum entstand. Schaum, so wurde im Text von 1837 ausformuliert, w=FCrde "dem Abk=FChlen hinder- lich" sein.

Der abgeseihte Hopfen kam aus dem Hopfenseiher noch warm in eine Presse, um daraus ein fl=FCssiges Extrakt zu gewinnen, das zur Bierw=FCrze in die K=FChle kam und gem=E4chlich unterger=FChrt wurde. Die Bier- w=FCrze, auch schon abk=FCrzend "Bier" genannt, wurde nun =FCber Schl=E4uche in die "G=E4hrkufen" bzw. "G=E4hr- bottiche" abgelassen. Die Fl=FC=DFigkeit war in diesem Zustand etwa 10 bis 11 Grad warm, also durch die K=FChle auf eine niedrigere Temperatur gebracht worden.

Es ergibt sich daraus, da=DF der G=E4hrkeller mit seinen G=E4hrbottichen unter der Bierk=FChle liegen sollte.

Die Ablagerungen, die im Maischbottich und anders- wo durch die Vorg=E4nge entstanden, wurden mit Ger=E4t- schaften abgehoben, um diese Masse, Tr=E4ber genannt, gesondert zu verwerten. Man unterschied Ober- und Unterteig bei diesem Tr=E4ber, setzte ihm Wasser zu, was als "Nachbier" oder "Glattwasser" im "Brannt- weinhaus" Verwendung fand. Durch den Reinigungs- proze=DF entstanden also Substanzen f=FCr die Brannt- weinherstellung. (4)

Die Bierk=FChle war ganz getrennt vom Sudhaus aufzu- stellen:

"Die Bierk=FChle, welche am besten von Lerchenholz gemacht wird, darf nie im Sudhause angelegt werden; denn an der Decke, =FCber der Bierk=FChle wird sich, die Bauart des Sudhauses sei wie immer beschaffen, der aufsteigende Dampf von der Pfanne, dem Maisch- bottich und vom gek=FChlt werdenden Biere selbst ver- dichten, und in unreinen Tropfen auf die K=FChle wieder herunter fallen, wodurch das daraufstehende Bier nicht nur verunreiniget wird, sondern man kann auch, wegen des vielen Dampfes und der W=E4rme im Sud- hause, nicht immer, oder nur mit Schwierigkeit, die erforderliche niedere Temperatur der Bierw=FCrze er- langen, wovon so viel abh=E4ngt" (5)

Desweiteren wird angef=FChrt, auch:

"Die Sch=FCr- oder Heizst=E4tte mu=DF in jedem Falle von dem Sudhause durch eine Mauer getrennt sein; sie soll eigentlich au=DFerhalb einer Hauptmauer, neben dem Sudhause, angebracht werden, und von hier ihren eigenen Eingang haben." (6)

All das sagt schon viel dar=FCber aus, wie der Arbeits- ablauf in einem Sudhaus zu organisieren war. Des- gleichen wurde erkennbar, da=DF es Arbeitsabl=E4ufe gab, die mit dem Sudhaus nicht zusammen in einem Raume sein durften, aber mit ihm zusammenhingen. Es gab ein sinnvolles Nebeneinander und =DCberein- ander von Funktionsr=E4umen. Die hei=DFe Bierw=FCrze, die auf 10 bis 11 Grad herunterzuk=FChlen war, kam auf diesem Wege ins gesonderte "K=FChlhaus":

"Durch eine kleine =D6ffnung in der Mauer kann mittelst einer h=F6lzernen Rinne die hei=DFe Bierw=FCrze sehr leicht auf die K=FChle in das getrennte K=FChlhaus geleitet werden; von hier aus mu=DF jedoch das abgek=FChlte Bier ebenfalls leicht mittelst Rinnen in den G=E4hrkel- ler gef=FChrt werden k=F6nnen." (7)

Man nahm also damals in der Biedermeierzeit gerne h=F6lzerne Rinnen, um die Funktionsabl=E4ufe sicherzu- stellen.

Der G=E4hrkeller sei noch beschrieben, schon deshalb, weil zum Bau Gew=F6lbe empfohlen wurden:

"Der G=E4hrkeller kann auf folgende Art hergestellt wer- den. Man macht die Grundlage in die Erde 4, wenn aber gute Grundfeste vorhanden ist, 3 1/2' tief. Ueber der Erde vom Pflaster an gibt man der Mauer eine Dicke von 3' und eine H=F6he von 6' bis zu den Wider- lagen. Das Gew=F6lbe mu=DF einen gedr=FCckten Halbzir- kel von 5' H=F6he bilden, und aus einem ganzen Stein bestehen. Auf solche Weise ist ein G=E4hrkeller massiv genug gebaut." (8)

Man mauerte damals offensichtlich mit Absicht Ge- w=F6lbe im Korbbogenverlauf o.=E4. Auch der Gew=F6lbe- keller des ehemaligen Brauhauses in Montabaur zeigt solche Gew=F6lbeverlaufslinien. Ideal war es, wenn unter diesem Gew=F6lbekeller noch ein weiterer Ge- w=F6lbekeller vorhanden war:

"Ist unter dem G=E4hrkeller in der Tiefe noch 6 - 7' gu- tes, trockenes Erdreich vorhanden, um einen Winter- bierkeller anzubringen, so ist die=DF sehr gut, weil dann das Bier von den G=E4hrbottichen sogleich in die Win- terbierf=E4sser laufen kann, wodurch den Brauleuten viel Arbeit erspart wird, da sie sonst das Bier eigens in die F=E4sser tragen m=FCssen." (9)

Die Bauart von G=E4hrkeller und Winterbierkeller war je- doch verschieden, schrieb man im Jahre 1837:

"Uebrigens ist die Bauart wie beim G=E4hrkeller, nur mit dem Unterschiede, da=DF die Widerlagen um 2' niedriger sein k=F6nnen, also nur 4' betragen d=FCrfen, weil die Winterbierf=E4sser nicht so hoch sind, wie die G=E4hrbottiche." (10)

Somit wird durch die Auswertung eines Aufsatzes zur Forschnung =FCber die g=FCnstige Anlage von Brau- h=E4usern in der Biedermeierzeit deutlicher, wie damals Bier gebraut wurde und die R=E4umlichkeiten anzu- ordnen waren. Man wird neben diesem Text weitere Literatur der Zeit auswerten m=FCssen und Archivalien zusammenzutragen haben, um sie auswerten zu k=F6nnen. Es d=FCrfte sehr interessant sein, damals vor- handene Brauereien in ihren Unterschieden besser zu verstehen, woraus sich vielleicht auch eine Idee ergeben kann, wie das Brauhaus in Montabaur, des- sen =FCbereinanderliegende Kellergew=F6lbe noch vorhan- den sind, zur Zeit seines Bestehens funktionierte. Ich bin sehr neugierig, was sich zu den Brauh=E4usern noch herausfinden l=E4=DFt.

K.L.

Dieser Text von Karl-Ludwig Diehl wurde in

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Diskussion gestellt. Der Autor ist =FCber folgende Emailadresse erreichbar: baugeschichte (at) email.de

Anmerkungen: (1) siehe genauer in: o.A.: Anweisung zur vortheilhaften Anlage und Einrichtung der Bierbrauereien und damit in Verbindung stehenden Branntweinbrennereien und Essigsiedereien, nach den neuesten in M=FCnchen aus- gef=FChrten Geb=E4uden dieser Art. S.190-192; S.197-199; S.230-233; S.235-239; S.305-308; S.313-316; S.324-

325; S.348-349; S.379-382 in: Allgemeine Bauzeitung. Wien, 1837. S.231 (2) zitiert aus: o.A., wie vor, S.231 (3) zitiert aus: o.A., wie vor, S.237 (4) siehe: o.A., wie vor, S.235ff. (5)-(7) zitiert aus: o.A., wie vor, S.237 (8)-(10) zitiert aus: o.A., wie vor, S.238
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Karl-Ludwig Diehl

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