Plastische Verformung - Bandstahlcoil

Hallo Experten,

momentan versuche ich herauszufinden, wie klein man den Außendurchmesser bei einem Bandstahlcoil wählen kann, ohne den Bandstahl dabei plastisch zu verformen (Coilkrümmung).

Genauer: Es handelt sich um den Federstahl 9.9390 EA in der Abmessung

54 mm x 1,6 mm x 200000 mm. Dieses Band soll jetzt als Coil aufgewickelt werden (Startdurchmesser: ca. 350 mm), jedoch so, dass nach dem späteren Abwickeln keine bleibende Verformung bleibt. Mir ist zwar klar, dass man letztendlich immer eine gewisse Verformung erhält, aber vielleicht kann man die Sache ja rechnerisch lösen und somit das kleinere Übel wählen ;-)

Vielen Dank für Tipps und Anregungen im voraus!

Antworten auch gerne an snipped-for-privacy@web.de

Viele Grüße, Kai Dörner

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Kai Doerner
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Kai Doerner verfasste am 12.08.2004 15:28:

Theoretische Betrachtung unter Annahme eines einachsigen Spannungszustandes:

Bei Biegung eines Stabes beträgt die Dehnung im Stabquerschnitt: epsilon = y/R (y = Abstand von der neutralen Faser, R = Biegeradius der neutralen Faser)

In einem Blech der Dicke t ist also die maximale Dehnung: epsilon_max = t/2R

und somit der kleinste zulässige Biegeradius: R_min = t/2*epsilon_e (epsilon_e = Dehnung an der Streckgrenze)

Damit hast du den kleinsten Kerndurchmesser des Coils. Für den Außendurchmesser musst du jetzt die Länge draufwickeln, was wegen des mit jeder Lage zunehmenden Wickeldurchmessers ein nettes kleines Integral ergibt (keine Zeit mehr für die Lösung, es hat zum Abendbrot gegongt ;-) )

Jetzt musst du nur noch im Spannungs-Dehnungs-Diagramm deines Werkstoffs epsilon_e ablesen, und fertig ist die Laube. Oder du berechnest sie aus der Streckgrenze: epsilon_e = Re/E. Wenn du einen Werkstoff ohne ausgeprägte Streckgrenze hast, musst du dir selber deine erträgliche Restdehnung festlegen - ob da Rp0,2 euren Ansprüchen genügt, kann ich nicht sagen.

Joachim

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Joachim Schmid

Bei t = 2mm und sigma,max = 100 errechne ich

epsilon_e = sigma/E = 100 / 210000 = 5 * 10-4

R_min = 0,0005mm

Das erscheint mir doch etwas gering? Bei einem 2mm-Blech hätte ich eher ein R_min in der Grösse 50mm erwartet

HC

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Hans-Christian Grosz

Hans-Christian Grosz verfasste am 12.08.2004 19:07:

Ist es auch! Schuld dürfte der in letzter Sekunde eingeflickte Multiplikationspunkt in meiner Formel sein. Durch Vergleich mit der Zeile darüber sieht man, dass es korrekt

R_min = t/(2*epsilon_e)

hätte heißen müssen. In deinem Rechenbeispiel wird dann R_min = 2100 mm

- was wiederum ich verblüffend groß finde.

Joachim

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Joachim Schmid

Hans-Christian Grosz schrieb:

Ich denke erstens hast Du einen Fehler in der Umstellung der Formel (epsilon = t/(2R)) und zweitens sollte man sich überlegen ob es Sinn macht die Dehnung an der Streckgrenze einzuführen, m.E. ist es besser die Dehnung unterhalb des plastischen Bereiches also im elastischen Bereich anzusetzen.

Du müsstest daher die Werte Rp 0.01 und Rp 0.2 des Materials kennen.

Jürgen

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Jürgen Brandt

Jürgen Brandt verfasste am 12.08.2004 20:01:

Völlige Zustimmung. Die Streckgrenze ist das theoretische Grenzkriterium. Praktisch hat man dann ja schon eine gewisse plastische Verformung. Wie weit man sinnvollerweise darunter bleibt, hängt sicherlich auch vom Werkstoff ab.

Wie ich schon schrieb, ist die große Frage, ob Rp0,2 noch in der Toleranz des OP liegt. Das muss er selber entscheiden.

Joachim

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Joachim Schmid

Das war auch mehr eine Plausibilitätsabschätzung als eine genaue Berechnung. :)

HC

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Hans-Christian Grosz

X-No-Archive: Yes

begin quoting, Joachim Schmid schrieb:

Mal abgesehen von dem Rechenfehler:

Die stärkste Biegung tritt natürlich innen auf, deswegen ist die Frage nach dem *Außen*durchmesser doch eigentlich sinnfrei.

Aufgewickelter Bandstahl ist logischerweise plastisch verformt (gekrümmt) - wenn stört's? Schon beim Abwickeln wird er nochmal verformt und hat danach erst mal eine kleinere Krümmung. Wenn danach anschließend warmverformt wird, ist's egal, und bei Kaltverformung (Tiefziehen etc.) kriegt er erneut plastische Verformungen verpaßt. Wenn das stört, muß am Fertigteil eine Wärmebehandlung durchgeführt werden, wenn das nicht geht, kann man das Blech eben nicht aufcoilen, sondern muß es gleich im Stahlwerk in Tafeln schneiden.

Gruß aus Bremen Ralf

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Ralf Kusmierz

Da bin ich auf eine Rechnung gespannt, die das belegt. Auf der Innenseite tritt Stauchung auf, an der Außenseite Dehnung. Nach linearer Elastizitätstheorie sind beide Verformungsen entgegengesetzt gleich groß. Was kommt bei nichtlinearer Rechnung raus?

Michael Dahms

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Michael Dahms

X-No-Archive: Yes

begin quoting, Michael Dahms schrieb:

Du bist auf dem falschen Dampfer. "Innen" heißt schlicht im Wicklungskern. Mit jeder Wickellage nimmt der Coilradius zu und mithin die Biegung des Bandes ab. Deshalb will man nicht wissen, wie stark es am Außenradius gekrümmt wird, sondern natürlich am Wicklungsanfang mit dem kleinen Inneradius.

Jetzt klar?

Gruß aus Bremen Ralf

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Ralf Kusmierz

Ralf Kusmierz verfasste am 26.08.04 16:29:

Darauf hatte ich bereits hingewiesen, dass das Auslegungskriterium der Kerndurchmesser ist. Dennoch kann der Außendurchmesser des Coils aus funktionellen Gründen die interessierende Endgröße sein.

Joachim

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Joachim Schmid

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