AGG - unser neues Gleichbehandlungsgesetz

Hallo,

seit 2 Monaten ist ja das neue, im Vorfeld recht umstrittene "Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz" in Kraft. Soweit ich mich in die Rechtslage und ihre wahrscheinliche Umsetzung eingelesen habe, werde ich vom Gesetzgeber ja tatsächlich dazu gezwungen, Bewerber de facto systematisch zu diskriminieren...

Da es für mich jetzt auch interessant wird, wie heiß der Brei nun wirklich ist: Hat jemand schon Erfahrungen mit dem neuen AGG gemacht (positiv oder negativ)?

Beste Grüße, Martin

Disclaimer: Ja, d.s.i.m. ist m.E. angemessen - mich interessieren Erfahrungen aus der technischen Praxis, keine pathologischen juristischen Sonderfälle :o)

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Martin Spieck
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Die Teilhierarchie de.soc.arbeit+soziales existiert und dort ist das Thema ontopic, eventuell noch in de.soc.arbeit.

Das Gleichbehandlungsgesetz ist kein ingenieurwissenschaftliches Thema.

ingenieurwissenschaftlich != alles, was Ingenieure so interessieren könnte

Michael Dahms

f'up2p

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Michael Dahms

Inwiefern? MFG Matthias

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Matthias Frank

Matthias Frank schrieb:

Ich darf im Einstellungsprozess (und natürlich auch später) nicht den Eindruck erwecken, ich würde einzelne Personengruppen benachteiligen. Dazu gehören (anscheinend, ich bin ja kein Jurist): nicht geschlechtsneutral formulierte Anzeigen, Hinweise auf Alterswünsche (auch formuliert als Anforderungen zur Berufserfahrung), das Anfordern von Altersangaben oder Fotos, Fragen im Bewerbungsgespräch, die auf Voreingenommenheit schließen lassen, wie z.B. nach Kindern, Religion, Hindernisse für die Jobbewältigung (Hinweis auf Behindertenfeindlichkeit), und was weiss ich.

Ein abgelehnter Bewerber kann auf Indizienverdacht hin Klage einreichen. Die Beweispflicht, das nicht oder zulässig(!) diskriminiert wurde, liegt beim Arbeitgeber. Die Kriterien, wann unzulässige Diskr. vorliegt, sind nicht definiert. Die Belohnung für einen gewonnen Prozess ist übrigends recht verlockend: 3 Brutto-Monatsgehälter plus ev. weitere Entschädigungsleistungen - dementsprechend groß die Befürchtung, einzelne könnten dies zu einer Erwerbsquelle umgestalten.

Das Problem ist: je eingehender ich mich mit einem Bewerber auseinandersetze (nachfrage, Unterlagen verlange), desto anfälliger bin ich. Beispiele, wie sich dies in der Praxis auswirken kann:

Ich suche einen Projektleiter. In der engeren Auswahl sind eine Handvoll end-20er, rel. frisch im Geschäft, und ein erfahrenes Projekt-"Schlachtross" Anfang 50: fachlich up-to-date, große Erfahrung, Systemüberblick, verantwortungsgewohnt, gute Resultate, etc., aber nun sperrt ihm die Firma zu. Eingentlich ein Glücksgriff, wenn, ja wenn er sich in das Team eingliedern kann. Wenn ich beim Interview oder, noch schlimmer, in der Probezeit finde, dass es nicht klappen wird: wie begründe ich fachlich-objektiv (und rechtsrelevant), dass ich nicht alters-diskriminiert habe?

Ich bekomme die Bewerbung einer Afrikanerin; prima Abschluss an einer Uni, deren Standards ich nicht kenne. Ich lade zum Gespräch: Profil passt, sympathisch, fachlich keine Niete (aber auch kein großes Licht), aber sie lässt im Gespräch vermuten, dass Rankeulen ihr Ding nicht ist. Wie begründe ich, dass ich statt dessen einen "Weissen" (männl.) vorziehe, der von den formellen Qualifikationen her nicht so gut passt, der aber wohl "on time & budget" Leistung liefert? (Achtung: hier winken Rassissmus und Frauenfeindlichkeit...)

Eine Bewerberin tastet sich in mein Büro und rennt fast meine Kübelpflanze um - anscheinend hat sie (Vergesslichkeit? Eitelkeit?) ihre Brille nicht auf. Ich frage spontan nach. Muss ich sie nun einstellen, damit ich nicht als behindertenfeindlich dastehe?

Ich suche einen IT-Manager für eine Großanlage. Unter der Woche sind Kunden drauf, deswegen soll der Sysadmin größere Wartungsarbeiten (unregelmäßig) möglichst am Samstag machen. Es bewirbt sich ein Jude, der, wie aus den Hobbies ersichtlich, religiös interessiert ist. Wie diskutiere ich mit ihm, ob Arbeit am Sabbat für ihn ein Problem darstellt, und wie ggf. andere Lösungen gefunden werden können (die aber für mich keinen höheren Verwaltungs- und Kostenaufwand bedeuten), ohne mich zu exponieren?

Fragen über Fragen... die instinktive Tendenz (und auch die Quintessenz vieler Fachleute): von "kritischen" Personen, sprich Leuten aus den Gruppen, die eigentlich geschützt werden sollen: "Finger weg"; d.h. gar nicht erst einladen.

Grüße, Martin

P.S.: Weil's hier eher um das AGG selbst geht und nicht die Auswirkungen auf Ing.s, (wie Michael versprochen ;o) Fup2 d.s.r.a+s

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Martin Spieck

Am Fri, 13 Oct 2006 09:59:50 +0200 schriebst du in de.sci.ing.misc:

Also Frauen :-) Ingenieurinnen hast du ja nicht geschrieben also schon gegen AGG verstossen.

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Peter Niessen

Michael Dahms schrieb:

Und wer bewertet nun, was Ingenieure so interessieren könnte und was darüber hinaus auch noch ingenieurwissenschaftlich ist?

Danke, Ralf.

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Ralf Pfeifer

Die wissenschaftliche Praxis, also wissenschaftliche Zeitschriften und Bücher.

Michael Dahms

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Michael Dahms

Michael Dahms schrieb:

Ich habe zwar noch nicht gesehen, dass die sich zum Inhalt dieser NG äußern. Diese Instanzen sind mir auch zu abstrakt um auch nur einen indirekten Beitrag für das Gedeihen der NG identifizieren zu können. Aber egal, ich als Leser behalte mir diese Bewertung ohnehin und in jedem Falle selbst vor.

Gruß, Ralf.

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Ralf Pfeifer

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