Duktilität und numerische Simulation

Heute hat mich einer meiner Spetzl'n gefragt, ob es f=C3=BCr Blender

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ein Plugin gibt, mit dem man das Brechen von Glas o.=C3=A4. simulieren kann. Immerhin kommt Blender ja mit einer ausgewachsenen Physik-Engine daher und kann sowohl starre K=C3=B6rper als auch Fl=C3=BCssigkeiten ganz passabel simulieren.

Nein, Blender kann das noch nicht, also habe ich mich heute Abend hingesetzt und im Netz zig Papers zu FEM verformbarer K=C3=B6rper gelesen, habe mich mal wieder stundenlang durch teils sehr interessante Artikel in der Wikipedia geklickt (nicht nur zum Thema FEM, sondern diverse mathematische Methoden, habe einen Haufen f=C3=BCr mich neuer Begriffe, die es wert scheinen intensiver studiert zu werden).

Aber eine Sache wurde/wird kaum n=C3=A4her betrachtet. Gut, f=C3=BCr di= e Simulation spr=C3=B6der Materialien kann man es wohl ignorieren, ich w=C3=BCrde das aber dennoch gerne mitsimulieren: Duktilit=C3=A4t, genau= er gesagt/gefragt: Was passiert, wenn man zwei Teile eines Stoffes hoher Duktilit=C3=A4t ineinandertreibt und wie simuliere ich das am geschicktesten?

Nehmen wir z.B. Kupfer. Kupfer wei=C3=9Ft eine sehr hohe Duktilit=C3=A4= t auf.

Bringt man zwei Kupferst=C3=BCcke in Kontakt, so verschwei=C3=9Fen die = ja nicht sofort. Schl=C3=A4gt man aber mit einem Hammer fest genug darauf, werden die St=C3=BCcke unter Verformung miteinander verschwei=C3=9Fen. Genauso Stahl, wobei Schmiede das bei einer h=C3=B6heren Temperatur machen (letztendlich reicht es wenn das Produkt aus Druck und Temperatur gro=C3=9F genug ist).

Nun gibt es da aber noch diesen netten, in Vorlesungen leider nicht zeigbaren, da zu teuren Versuch: Zwei Metallst=C3=BCcke, die so perfekt eben poliert sind, dass die Unebenheiten sich in der Gr=C3=B6=C3=9Fenordnung weniger Atome bewegen. Bringt man die Metallst=C3= =BCcke in Kontakt verschwei=C3=9Fen sie sofort (uns wurde damals erz=C3=A4hlt,=

wegen der hohen Kontaktreibung und der damit verbundenen W=C3=A4rme, was ich aber bezweifle, ich denke, dass da einfach die Atome in so engen Kontakt geraten, dass sich spontan Metall-Bindungen bilden).

Die Frage ist nun, kann man das alleine durch die Duktilit=C3=A4t beschreiben, oder muss ich neben der Dehnf=C3=A4higkeit einen weiteren Term miteinbeziehen, der die Bildung von Bindungen unter gen=C3=BCgend hoher Krafteinwirkung beschreibt?

Und bis zu welchem Punkt kann ich einen Festk=C3=B6rper als solchen betrachten und ab wann verh=C3=A4lt sich das Ding mehr wie eine Fl=C3=BCssigkeit. Ich habe zwar das n=C3=B6tige physikalische Hintergrundwissen um mir das alles selber herzuleiten, aber ich denke, dass Ingeniuere =C3=B6fters mit solchen Fragestellungen zu tun haben, darum frage ich auch mal bei Euch nach.

Wolfgang Draxinger

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Wolfgang Draxinger
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begin quoting, Wolfgang Draxinger schrieb:

Im Hochvakuum vielleicht...

Was die Leute so erzählen...

Würde ich mal so sagen.

Ein Festkörper verhält sich nie wie eine Flüssigkeit. Aber man kann ihn natürlich durch genug innere Reibungsarbeit aufschmelzen, und dabei kann es dann einen thermisch induzierten Bruch geben: Da, wo er sich am stärksten verformt, wird er auch am wärmsten, und die Fließgrenze sinkt mit steigender Temperatur, und rutsch...

Gruß aus Bremen Ralf

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Ralf Kusmierz

Wolfgang Draxinger schrieb: > Nun gibt es da aber noch diesen netten, in Vorlesungen leider > nicht zeigbaren, da zu teuren Versuch: Zwei Metallstücke, die so > perfekt eben poliert sind, dass die Unebenheiten sich in der > Größenordnung weniger Atome bewegen. Bringt man die Metallstücke > in Kontakt verschweißen sie sofort (uns wurde damals erzählt, > wegen der hohen Kontaktreibung und der damit verbundenen Wärme, > was ich aber bezweifle, ich denke, dass da einfach die Atome in > so engen Kontakt geraten, dass sich spontan Metall-Bindungen > bilden).

Aber mit aufgerauhten Oberflächen soll etwas Ähnliches funktionieren. Ein Klettverschluß:

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Weitere Entwicklungen in der Metallurgie:

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Grüße, Joachim

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Joachim Pimiskern

Was ist mit Kaltumformung von Metallen?

Naja, ich h=C3=A4tte das wohl eher so beschrieben, dass bei gen=C3=BCge= nd hoher Krafteinwirkung die Bindungen, die f=C3=BCr die Erzeugung des Schermoduls verantwortlich sind brechen. Und eine Fl=C3=BCssigkeit wird ja gerade dadurch ausgezeichnet, dass das Schermodul 0 ist. Hinzu kommen, dass sich die Bindungen zwischen den Atomen leicht l=C3=B6sen und in neuer Kombination bilden. Wie bereits erw=C3=A4hnt is= t das eine Sache, die mit dem Produkt aus Druck und Temperatur passiert. D.h. eigentlich sollte es doch reichen, wenn der Druck hoch genug ist.

Wolfgang Draxinger

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Wolfgang Draxinger

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begin quoting, Wolfgang Draxinger schrieb:

Definitiv Festkörper. Prinzipiell gibt es keinen Unterschied zwischen Warm- und Kaltumformung, es handelt sich lediglich um quantitativ unterschiedliche Fließkurven und Umformgrenzen. Warmumformen ist allerdings u. a. dadurch gekennzeichnet, daß es u. U. keine bleibenden Verfestigungen gibt, weil sie bei höherer Temperatur sozusagen automatisch kontinuierlich "weichgeglüht" werden, also im Prinzip unendlich umformbar sind, während sie im kalten Zustand irgendwann brechen.

(Manche Leute haben die etwas naive Vorstellung, daß schmiedewarmer Stahl so eine Art weicher "Pudding" sei, den man relativ leicht umformen könnte. Dem läßt sich allerdings leicht abhelfen, wenn man ihnen Zange und Hammer in die Hand drückt und sie mal ein bißchen Ping-ping machen läßt...)

Kaltumformung ist kein sehr präziser Begriff: Viele duktile Münzmetalle erwärmt man vor dem Umformen zweckmäßigerweise auf Temperaturen von kochendem Wasser, während eine kleine Glocke aus sehr duktilem Blei helltönend klingt, wenn man sie vor dem Anschlagen mit flüssigem Stickstoff abkühlt. Unter hohem allseitigen Druck lassen sich sehr viele spröde Stoffe sehr weit plastisch verformen.

Gruß aus Bremen Ralf

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Ralf Kusmierz

Ralf Kusmierz schrieb:

Stimmt. So kann man z.B. aus monolitischem Granit Skis und Fahzeugfedern machen. Vgl.

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Christoph Müller

Moin,

Wolfgang Draxinger schrub:

Das wird auch noch etwas dauern. Das Brechen von Glas dürfte ein extrem kompliziert zu simulierender Vorgang sein. Immerhin breitet sich der Riss aus wodurch sich die Geometrie des Objektes ändert, also das Rechengitter angepasst werden muss. Dann geht das auch noch so schnell, dass man die Ausbreitung von Schallwellen berücksichtigen muss. Ich würde sagen, das ist kaum simulierbar.

Na ja, zwei Glasplatten passend aufeinander gedrückt halten auch ganz gut zusammen. Etwas Spucke als Kleber und man bekommt sie nicht mehr problemlos auseinander. Metalle sind üblicherweise wegen ihrer extrem großen Oberflächenenergie auch immer von einer Wasserschicht überzogen. Oder einer Oxidschicht. Oder beides. Direkt Metallatom auf Metallatom bekommt man nur mit Gewalt oder im Hochvakuum.

Apropos Gewalt, wenn ein Schmied zwei Eisenstücke durch draufschlagen verschweißt, wird das (vielleicht nicht immer, aber oft) dadurch ermöglicht, dass man in die Kontaktfläche Kohlenstoff einbringt. Dann hat die Eisenoberfläche mehr Kohlenstoff -> niedrigeren Schmelzpunkt -> Oberflächen sind flüssig und verschweißen obwohl das Grundmaterial noch fest ist.

CU Rollo

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Roland Damm

Die Verwendung adaptiver Gitter ist seit Jahren Standard.

Was mit adaptiven Gittern ebenfalls m=C3=B6glich ist, nur geht halt entsprechend mehr Rechenzeit drauf.

Es gibt bereits Software die das kann. Nur ist die leider closed source und l=C3=A4uft nicht mit Blender. Aber man muss etwas ganz wesentliches im Blick behalten: Es geht gar nicht darum ein 100% korrektes Ergebnis zu erhalten, sondern um eine Simulation, die ein plausibles Ergebnis liefert, denn f=C3=BCr eine Animation eines fallenden Glases, das beim Aufschlag auf den Boden zerbricht reicht es v=C3=B6llig, wenn es plausibel zerbricht. Die manuelle Animation dagegen w=C3=A4re die reinste Sisyphusarbeit. Nicht nur bei zerbrechendem Glas, sondern auch zerrei=C3=9Fendem Metall, sich streckenden Polymeren oder spliterndem Holz.

Aber erst mal will ich spr=C3=B6de und plastische (z.B. Metall) Materialien hinbekommen.

Wolfgang Draxinger

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Wolfgang Draxinger

Daran arbeiten Riesengruppen weltweit seit Jahrzehnten.

Für duktile Werkstoffe brauchst Du ein nichtlineares FE-Programm. Das Spannungs-Dehnungsverhalten von duktilen Werkstoffen unter mehrachsigen Dehnungszuständen ist nichttrivial.

Für Versagenssimulation brauchst Du Bruchmechanik. Bei Glas reicht linear-elastische, bei duktilen Metallen elastisch-plastische.

Viel Spaß!

Michael Dahms

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Michael Dahms
*Roland Damm* wrote on Sun, 08-11-23 22:35:

Das dürfte dann aber Luftdruck und Oberflächenspannung sein, keine Kohäsion.

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Axel Berger

Moin,

Wolfgang Draxinger schrub:

Nur etwas mehr Rechenzeit? Jahre vielleicht.... Wo ein Riss genau weiterläuft lässt sich IMO innerhalb einer Rechengitterzelle nur sehr ungenau berechnen. Da die Rechengitterzellen aber in einem gewissen Schema angeordnet sind, wird sich dieses Schema zwangsläufig im Verlauf der Risse wiederfinden. Gut, wissen tu ich das nicht, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass so ein Programm einen typischen Verlauf von Rissen in einer brechenden Glasscheibe errechnen könnte.

Das muss man wohl anders als mit FEM angehen. Geschickte Heuristiken und sowas. Und es soll gut aussehen: Die Frage ist, was man überhaupt sieht. Man könnte in das Glas fertige Bruchstellen einbauen, die einen plausiblen Verlauf haben und dann per FEM nachrechnen, welche dieser Bruchstellen wirklich brechen und welche zusammen bleiben.

CU Rollo

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Roland Damm

Roland Damm schrieb:

Man kann dem Grundgitter per Zufallsgenerator kleine Abweichungen (Inhomogenitäten) zuweisen. Wenn das richtig gemacht wird, sollten auch brauchbare Rissbilder generierbar sein.

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Christoph Müller

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