Modernste Elektrotechnik hilft in allen Lebenslagen

Hier der gemischte Wochenrückblick eines forschen Forschers.

Vorbemerkung: Teile des gemeinen Publikums erliegt gerne dem Irrglauben, Grund- und angewandte Forschung wären ein immerwährendes Abenteuer, bei dem am Fliessband ultimative wissenschaftliche Durchbrüche die Regel sind.

Irgendwie so teilweise stimmt das auch, aber auch nicht, jedenfalls sicher nicht immer.

Der letztmontagliche[tm] Durchbruch erfolgte hier an einer Kopfdichtung eines Wasserfilters. Kühlwasser braucht es für den 1 MVA-Generator. Das ist jetzt noch nicht wirklich ein direkter Link zur Elektrotechnik, aber der kommt noch. Leider.

Der Kühlkreislauf ist solide dimensioniert. Vernünftig ausgelegte armdicke¹ Rohrquerschnitte, sorgfältig gewählte Pumpe a 2.2 kW und Rückkühlung über Wärmetauscher, die auch für die Notkühlung von Beznau-I gereicht hätten, sorgen zusammen mit dem konservativ ausgelegten Windkessel und ausreichend statischem Druck nicht nur für zuverlässige Abfuhr der erwartenden aber seltenen 20 kW Abwärme, sondern auch dafür, dass im Havariefall nicht unnötig kostbare Arbeits- zeit verplempert wird nur um eine ordentliche Sauerei anzurichten.

Das Leck wurde zuverlässig, zeitnah und klar wahrnehmbar optoelektronisch angezeigt. Hier konkret durch spontanen Totalausfall der Maschinen- hallenbeleuchtung auf allen drei Ebenen. Immerhin konnte der geeichte Chef-Ing geistesgegenwärtig den zufällig am Generator angeflanschten

56-Liter bi-Turbodiesel mittels soft-Notaus rasch und noch einigermassen materialschonend runterfahren.

Die Forensik (man hatte natürlich wieder mal mich gerufen) ergab, dass vom Wasserleck aus sich ein dünner Wasserstrahl erdreistet hat, sich drei Meter lang an die Raumdiagonale anzulehnen um dann treffsicher genau in das eine Ende einer FL-Leuchte reinzupissen.

Die genialen Planer eines Weltspargelspitzen-Forschungsinstituts (oder die Rotstifte, hoffe ich) haben natürlich dort eine kostengünstige Büroleuchte eingebaut.

Glück im Unglück war, dass eigentlich etwas noch besorgniserregenderes passiert ist: Nicht der FI hat ausgelöst, sondern der C13-Automat. Hab ich dann nochmal repetiert, nach 2 Sek wieder Automatenauslösung. Und irgendwo so brkbrzlpff. Hätte der FI ausgelöst, wäre auch im Kommandoraum, im Technikraum und eventuell auch im Tankraum finster gewesen. Leider nicht im Damenklo, sonst hätten wir jetzt mehr politische Munition.

In der Leuchte, an der Stelle mit den meisten Drähten, war alles schwarz verkohlt und ein Mief, der an PVC erinnerte, was eigentlich auch nicht sein sollte.

Ach ja, Notlicht lief, mindestens 1 Minute, aber nicht viel mehr. Es besteht aus mini-USVen direkt in einigen dieser FL-Lampen. Eine dieser Notlampen war... man ahnt es.

Was wirklich gut funktionierte, war eine industrial grade LED-Akkuleuchte, die sogar aufgeladen war. Dringendst zu empfehlen. Leuchtete stundenlang und erst noch heller, als diese unseligen mini-FL-Stableuchten.

Gut war auch die moderne Kabelführung in eigenem Schacht unterhalb des Hallenbodens. Diese hat eine grössere Überschwemmung verhindert, da dort das Wasser in den - in grösseren Institutionen offenbar immer vorhandenen - dunklen Kanälen verschwand. So Richtung Rotterdam, via 1 MVA-FU.

Wir basteln jetzt an einem Fragekatalog:

- Warum war da eine Büroleuchte, immerhin in eine Ecke, in der auch im Normalbetrieb immer wieder Spritzwasser auftritt. Jeder Hobbyfrosch dübelt bereits in seiner Garage so Leuchten mit aufclipbaren Deckeln hin. Die sind schätzungsweise noch billiger als Büroleuchten.

- Warum hängt das Licht der ganzen Halle an nur /einer/ Sicherung? OK, es sind schon drei LS, aber die sind über einen Bügel verbunden. Den kann man zwar abnehmen, aber da hätte man wohl überlegen müssen. Eine andere Variante wäre es gewesen, die andern Kreise an andere Automaten zu hängen, die ebenfalls schon fertig verdrahtet im Schrank als Reserve eingebaut sind. Aber womöglich wären da die Fixkosten zu hoch gewesen.

- Warum hängt die Beleuchtung des gesamten Gebäudes an nur einem (1) FI? Heller Wahnsinn hätte ich jetzt gesagt, aber das Prädikat passt nicht ganz.

- Warum verwendet man high-tech-Leuchten, die immer am Netz sind und per Software oder zumindest Steuersignal geschaltet werden? OK, teilweise erklärbar durch das Notlichtkonzept. Scheisskonzept offenbar.

- Wie kommt das durch die Sicherheitsbetrachtungen?

- Nicht direkt im Zusammenhang, aber warum kriegt man es nicht hin, dass von N Notausgangsleuchten nicht/nie mehr als N/2 funktionieren?

Nicht-elektrische Fragen:

- Wo ist das Personal im Falle eines Arbeitsanfalles? Ich meine, wir kommen damit schon klar und irgendwie war alles auch ansatzweise lustig, aber der Arbeitgeber könnte doch mal überlegen, ob er verantworten kann, dass ein promovierter Ing den Keller abpumpt und ein senior staff scientist dabei die Handleuchte hält. Allein schon hinsichtlich der Gefahr der Konspiration *duck*.

Rhetorische, idiotische und überflüssige Fragen:

- Warum befindet sich der Bodenablauf stets am höchsten Punkt?

¹ Ing.: Unterarm, ich: Oberarm
Reply to
Rolf Bombach
Loading thread data ...

Das alles kann in einem Atomkraftwerk nicht passieren, denn Atomkraftwerke sind sicher. (Habe das mal irgendwo gelesen).

w.

Reply to
invalid unparseable

Ich auch. In einem populärwissenschaftlichen Buch aus der DDR. Die amerkanischen Kradtwerke haben ihre Sicherheitsbehälter nur, weil unausgebildete Mitarbeiter unter Drogen zum Dienst erscheinen. Der zuverlässige und disziplinierte Sowjetarbeiter braucht das alles nicht.

1986 war ich durch das Büchlein einer der ganz wenigen, der wußte, wie ein RBMK aufgebaut ist.

Gelernt habe ich Redundanz, Diversität und daß jeder Fehler, den man machen kann, auch wirklich auftritt und beherrscht werden muß. Die Worte "kann nicht" und "unmöglich" hat keiner meiner geschätzten Lehrer -- unter ihnen der große Rudolf Schulten -- je in den Mund genommen. Die Pflicht und Möglichkeit, Wahrscheinlichkeiten sehr klein zu halten, aber sehr Wohl.

Reply to
Axel Berger

Nunja, Three Mile Island fällt da schon so irgendwie in diese Kategorie

Jedenfalls besten Dank für den Hinweis. So ein Häuptling hier stellt sich hier auch auf dieses DDR-Niveau. Sicherheitsvorschriften sind nur was für dumme, die sonst nicht wüssten, was sie tun sollten. Und Sicherheits- massnahmen kosten Geld und sind auch sonst hinderlich. Wenn wir alle schön aufpassen, dann kann gar nichts passieren. Es braucht daher auch kein CO-Warngerät, es arbeiten ja immer mindestens zwei Leute an der Apparatur, und wenn einer umkippt, kann ja der andere Alarm schlagen. Usw.

Reply to
Rolf Bombach

PolyTech Forum website is not affiliated with any of the manufacturers or service providers discussed here. All logos and trade names are the property of their respective owners.