X-No-Archive: Yes
begin quoting, Ralf Schmode schrieb:
ich hoffe, das funktioniert noch, wenn ich es einfach so quote...
Nö, klappt nicht.
> Was war denn (interessehalber) nun eigentlich die "Fehlbedienung"? Daß
>> der Reaktor Knall auf Fall "ausgemacht" wird, wenn ein Netzausfall
>> vorliegt, halte ich für völlig selbstverständlich:
> Ja, klar - die RESA (Reaktorschnellabschaltung) ist in diesem Fall sowieso
> automagisch erfolgt, weil die Eigenspannungsversorgung des Reaktors für
> länger als eine Sekunde komplett ausgefallen war.
Bei näherem Hinsehen war das aber nicht selbstverständlich. Es befanden sich die beiden Trafos AT01 (das ist der, der brannte) und AT02 im ungestörten Leistungsbetrieb mit voller Last parallelgeschaltet. Beide Trafos sind oberspannungsseitig jeweils mit den zugeordneten Leistungsschaltern AC01 und AC02 mit dem Netz verbunden und unterspannungsseitig mit den Generatorschaltern AQ01 und AQ01 mit dem Generator. Bei Fehlereintritt wurde der Differentialschutz von AT01 angeregt und löste (korrekterweise) AC01 aus, aber *fälschlicherweise!* (oder?) AQ02 - dadurch wurde der Fehler über AQ01 weiter vom Generator gespeist! (Und zwar bis zum Abschluß der Entregung des Generators, maW wurde der Brand noch minutenlang mit einer elektrischen Leistung im GW-Bereich angeheizt.) Schon das verstehe ich eigentlich nicht - wäre einfach nur der Trafo mit AC01 und AQ01 aus dem Netz herausgeschaltet und dann 3BC auf BT 11 und 4BD auf BT 12 umgeschaltet worden, dann hätte der Reaktor mit reduzierter Leistung über AT02 weiterlaufen können, und die RESA hätte unterbleiben können.
Das sieht aus, als wenn die Steuerleitungen von AQ01 und AQ02 vertauscht gewesen wären - eigentlich undenkbar. Ich habe Vattenfall angeschrieben und um Auskunft gebeten.
> Diskutabel war natürlich die
>> Druckentlastung: Da keinerlei Beschädigungen im kerntechnischen Teil
>> der Anlage vorlagen, bestand doch wohl kein Anlaß, den Kern durch
>> Druckentlastung forciert zu kühlen.
> Ich bin nun wirklich kein Leistungsreaktorfachmann, aber soweit ich weiß,
> war die Druckentlastung sachlich korrekt und geboten, weil ein Grenzwert
> erreicht wurde. Das Problem (bzw. der menschliche Fehler) hat wohl darin
> gelegen, daß der Schichtleiter den Reaktorfahrer angewiesen hat, den Druck
> durch intermittierendes Öffen und Schließen entsprechender Ventile
> einzustellen, der Reaktorfahrer diese aber in "offen"-Stellung belassen hat
> (Mißverständnis). Außerdem soll wohl das Umschalten des
> Schaltanlagengebäudes auf Umluftbetrieb (zur Vermeidung des Eindringens von
> Brandgasen) nur durch "Bastelei" möglich gewesen und deshalb verzögert
> erfolgt sein. Da kann ich allerdings nicht einschätzen, ob menschliches
> Fehlverhalten ausschlaggebend war.
Ah so ...
> (Offenbar wollte man "denen da" seitens der Regierung mal zeigen, "was
>> 'ne Harke ist", bzw. wer am längeren Hebel sitzt. Einen besonders
>> rechtstaatlichen Eindruck macht das nicht.)
> Genau darum ging es mir. Die Durchsuchung (von der Vattenfall mittlerweile
> schreibt, es sei keine gewesen) sollte nach meinem Empfinden in der
> Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, es bestehe die Gefahr, daß Vattenfall
> etwas beiseite schaffen könnte.
>> Wobei ich nicht verstehe, ob es nicht plausiblere Gründe für
>> Zwangsmaßnahmen gegeben hätte: Es lag doch nahe, Ermittlungen wegen
>> fehlerhafter Herstellung einer kerntechnischen Anlage zu führen
> Selbst wenn das ein Straftatbestand wäre (was ich nicht glaube),
> wären sie
> dann aber gegen den/die Hersteller der Anlage zu richten. Ich sehe hier
> irgendwo (noch) gar keinen Anhaltspunkt für eine strafrechtliche Würdigung.
Das ist halt die Frage, wer "Hersteller" ist ...
Möglicherweise hat das die StA genauso gesehen und deshalb nach dem
> "Strohhalm" mit der fahrlässigen KV gegriffen...
Möglich.
> - ob zu diesem Zeitpunkt schon bekannt
>> war, daß die automatische Datenerfassung "mal wieder" gezickt hatte
>> (macht sie beim KKK offenbar strategisch geschickt gerne), weiß ich >> nicht.
> Das war wohl relativ früh bekannt - ich habe das vor etwa vier Tagen schon
> gelesen. Die Daten sind allerdings nicht "weg", sondern mußten wohl
> lediglich aus diversitären Quellen (Datenlogger, Schreiberstreifen)
> beigeschafft werden.
Nach Durchsicht der Berichte: Das Prozeßrechnersystem war falsch ausgelegt und nicht hinreichend getestet.
Nicht daß ich falsch verstanden werde: Ich halte das Vorgehen von
> Vattenfall in diesem Zusammenhang für beliebig unprofessionell, und
> wahrscheinlich hat es bisher keine kerntechnische Anlage in D geschafft,
> einen vergleichweise unbedeutenden Störfall ohne jede Aktivitätsfreisetzung
> dermaßen aufgeblasen zu bekommen.
Es lagen wohl eine Reihe technischer Mängel (ggf. fehlerhafter Netzschutz, fehlerhafte Prozeßrechner, falsche Auslegung der Lüftungsanlage, die bei Feststellung von außen eingedrungenen Brandgases auf "Entrauchen" schaltete und dabei noch mehr Qualm ansaugte) sowie organisatorische Mängel vor, die beispielsweise zur unvorschriftsmäßigen Druckentlastung mit unnötigem Absenken des Flüssigkeitsspiegels im Reaktor geführt haben. Das ist in kerntechnischen Anlagen überhaupt nicht witzig.
Aber die legitimen Sanktionen dafür
> gibt's gegebenenfalls vom Aktienkäufer, nicht von der StA.
Das sind alles mal mindestens OWis, und § 327 I 1. StGB gibt es auch noch.
Nicht mal zum Entzug der Betriebserlaubnis für Vattenfall wird's reichen,
Darauf würde ich nicht wetten wollen.
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Gruß aus Bremen Ralf