Das Wort "Urbau"

Gelegentlich begegnete mir das Wort "Urbau" in Texten des 19.Jahrhunderts, z.B. hier:

"Bei der Terrassirung der Gew=F6lbe hat man jedoch zu- erst eine Ebene von Mauerwerk und nicht aus Mauer- schutt oder Urbau herzustellen, weil letzterer sich mit der Zeit setzt und dadurch den Estrich zerrei=DFt." (1)

Eingef=FCllter Mauerschutt wird als Urbau bezeichnet. Kann jemand den Ursprung des Uortes nachzeichnen?

Bei Kr=FCnitz steht lediglich im Lexikoneintrag: "Urbau, Marktflecken, so viel wie Verbo." aus:

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Ein r=E4tselhaftes Wort. K.L.

Anmerkung: (1) Lazzari: Die Verfertigung des venezianischen Estrichs oder des Terrazzo. S.60-63, Abb.S.61, in: Allgemeine Bauzeitung. Wien, 1836. S.62

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Karl-Ludwig Diehl
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Das ist ein Ortsname, auf tschechisch Vrbovec in Südmähren.

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Deinem Wort "Urbau" hat es wohl nichts zu tun.

-kut

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Kai-Uwe Thiessenhusen

Den Ort gibt es. Andererseits geht die Textstelle ja so:

"hat man jedoch zu- erst eine Ebene von Mauerwerk und nicht aus Mauer- schutt oder _Urbau_ herzustellen"

Also: "Mauerschutt oder Urbau".

Es m=FC=DFte also Mauerschutt damit gemeint sein. aber wie kommt der Wortsinngebung zustande?

K.L.

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Karl-Ludwig Diehl

F"up2 --> d.e.s.d

Noch ein Link, unter

aus Brockhaus' Konversationslexikon 1894-96 unter dem Stichwort "Hausschwamm"

"Zur Verhütung des H. muß man lediglich den Bedingungen für seme Entwicklung vorbeugen. Es sind deshalb die wichtigsten Vorbeugungsmaßregeln folgende: Vermeidung der Infektion des Holzes durch Ausschluß sog. Bauschuttes (Urbaues) und alten Holzwerks von Neubauten, Vernichtung des vom H. ergriffenen Holzwerks durch Verbrennen, Verhütung der Verunreinigung der Baumaterialien durch die Arbeiter, Verbot des Gebrauchs unreiner Füllmaterialien, möglichste Trockenheit des Bau- holzes und genügendes Austrocknen des Rohbaues, Isolierung des Mauerwerks gegen die Bodenfeuch- tigkeit, Verhütung der Durchnässung der Böden durch die Haushaltungsarbeiten (Waschen, Baden)."

Auch aus neuerer Zeit:

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"Nach 1945 beschäftigte sich die GUSSBAU mit der Trümmerverwertung in München. Der Schutt wurde tatsächlich nicht nur "geräumt": Mit enormen Personalaufwand und einfachsten Werkzeugen fertigte man Ziegelsplitt, Ziegelsplittsteine und Nebenprodukte wie den Münchner Urbau, ein für die Landwirtschaft damals hochwillkommenes Kalkdüngemittel."

Und, wohl Dir am meisten weiterhelfend:

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unter Urkot:

"Als ?Urbau? bezeichnete man nicht nur den Bauschutt, sondern z.B. auch das, was in einer Sandgrube an Ablage- rungen unbekannter Herkunft lag. Nicht verwendet wurde der Ausdruck anscheinend für den Bauschutt, der bei einem Neubau anfiel. Möglicherweise bedeutet ?Urkot? auch schlichtweg ?Mutterboden? oder ?Erde?. Vielleicht ist auch der Laufhorizont gemeint, den man bei einer Wiederbe- bauung beseitigt"

-kut

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Kai-Uwe Thiessenhusen

Hmm, verstehe ich nicht, wieso Du aus dem "oder" schließt, dass Urbau Mauerschutt ist (obwohl es zutrifft, wie in anderen Beiträgen geschrieben wurde).

Dann müssten "Äpfel oder Birnen" ja auch dasselbe sein.

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Wolfram Gagern

| *URBAU*, /m./, /bau mit ur-/ C 2 /und/ C 4 /zusammengesetzt. | mhd./ urbû, /das aber seltener ist als das adj./ urbûwe, urbû | (FRISCH [1741] 2, 410c). /vgl./ unbau. /schriftsprachl. | veraltet./ | | [...] | | *4)* /schutt von abgebrochenen mauern und gebäuden/ | SCHMELLER-FR. 1, 186, /dann/ schutt /überhaupt;/ FISCHER 6, 292, | 1: und leit so vil urbusz da von zerbrochnen heusern F. FABRI | /eigentlich beschreibung/ (1557) 102b; da sindt bühel und berge | von urbaw 174b; und was der stattgraben noch nit gerumpt und an | vilen orten voll urbuws und ingefallner muren TSCHUDI /chron./ | 1, 463; so wurde er auch zum öftern von denen allda befindlichen | juden zur arbeit angestellet, dasz er ihnen aus einem tiefen | keller muste schitt oder uhrbau heraustragen /historisches | alvearium/ 448; den ... sich zu tage gebenden u. MAYENAU | /beschreibung der st. Giengen/ (1830) 7; LEOPRECHTING 107; | /schwäb. auch/ murbau. /übertragen:/ so viel mir ampts und lehr | halber zusteht, den schedlichen urbaw, den unser sündlich | fleisch für sich selbs auszwürft und der sathan teglich | herzufüret, wegzuschurften RABUS /wider n. fürneme haubtlaster/ | (1561) F 3a. die u. /schuttabladeplatz, ladeplatz/ (?): es | sollen auch die vierundzwainzig weittrager all persönlich zum | Hallein auf der urbau sein LORI /bergr./ 125 (1489). | (Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm.)

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Stephen Hust

Bis dahin war nur der Ort Urbau als Hinweis gekommen. In anderen Texten des 19.Jh. ist mir das Wort =F6fter begegnet, ich hatte die Textabschnitte jedoch noch nicht gesammelt. Es war dann das Zeugs damit gemeint, was sich auf Baustellen ansammelt. Es geht mir jedoch um das Wort selbst, woher es sich ableitet. "Bauen" steckt ja darin, aber wieso hat man dem Wort das "Ur" vorangestellt?

Als Obst.... werden sie daselbe.

K.L.

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Karl-Ludwig Diehl

Da steht, ohne da=DF sich die seltsame Zusammensetzung dadurch erkl=E4rt: jemand mu=DFte

oder als Teufelszeug:

Wirklich seltener Zusammenhang.

K.L.

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Karl-Ludwig Diehl

Ich verstehe nicht, was daran seltsam ist. Das heißt nichts anderes als "Schutt oder Urbau heraustragen", oder irre ich mich?

"Urbau" (Schutt) im /übertragenen/ Sinn.

| Er schickte nicht blos seinen Sohn zur Erde, daß er die Sünden | von der Welt hinwegnehme, und die durch den Schutt der Sünde | vergrabenen Kanäle der Liebe gegen ihn in den Herzen der | Menschen wieder reinige und herstelle [...] | ("Am Sonntag in der Weihnachts-Oktav", in "Das Kirchenjahr" von Joseph Ehrler, 1871, S. 94.)

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Stephen Hust

Karl-Ludwig Diehl schrieb:

das Präfix "ur-" ist doch sehr gebräuchlich z.B Uropa ...

also dürfte unspektakulär das Material eines Vorgängerbaues beschrieben sein. Und da in der ursprünglichen Textpassage zum Mauerschutt differenziert wird ist es vermitlich der "gemischte Bauschutt" aus Abbruch. Baustoffrecykling war früher gang und gäbe ...

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Robert Pflüger

Mir fiel dazu "urbar machen" ein, aber das pa=DFt nicht in den Zusammenhang. "ur" als ein 'sehr' bei uralt. Hm. Mir alles zu diffus.

Was Du nennst, ist mir schon klar. Blo=DF das Wort noch nicht. Wie kamen die damals zu einer Ausformulierung "Urbau". Ich k=F6nnte es nur als Grundbaustoff ver- stehen, auf den sie sich beziehen wollten, bevor es zu Baustoffen aufbereitetes und weiterverarbeitetes Baumaterial gab, also um das zu unterscheiden.

K.L.

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Karl-Ludwig Diehl

Das Wort Urbau in seiner seltsamen Art der Ausformulierung bleibt damit ungekl=E4rt. Was es bedeutet, ist ja jeweils in den Lexika angef=FChrt.

K.L.

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Karl-Ludwig Diehl

Die betonte Vorsilbe "ur-" ist eine alte Bildung zur unbetonten Vorsilbe "er-":

urbar : ertragreich (bären, gebären: tragen, vgl. dt. "Bahre" und engl. "bear") Urlaub : von erlauben Urständ : von erstehen Urteil : von erteilen Urkunde : von erkunden

Aber auf "Urbau" passt das nicht recht.

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Helmut Richter

Nach Grimm war die Bedeutung von "ur-" auch "negierend", "privativ" ("das Fehlen, die Ausschließung von etw. kennzeichnend"

- Duden) oder "improbativ" ("mißbilligend"?, "pejorativ"?).

| *UR-* | | [...] | | *C.* | | [...] | | *3)* /privativ, negierend oder improbativ war die bed. | besonders in zahlreichen bildungen der älteren spr./ (/z. b. | ahd./ urplôti /exsanguis, blutlos;/ urherz /excors, herzlos;/ | urminni /nicht denkend an;/ urouge /aus den augen, unsichtbar;/ | ursêli /exanimis;/ ursinni /insanus;/ ursorc, /mhd./ ursorge | /ohne sorge;/ urtriuwi /treulos;/ urwâni /desperatus, got./ | usvêns [...]; urwîhi /exsecrandus, got./ usweihs; /mhd./ ursæze | /ohne besetzung;/ urschiltes, /adv., ohne schild;/ urwære /nicht | wahrhaft/), /später durch composita mit/ un-, -los /ersetzt/ | (WILMANNS /gramm./ 2, 560). /doch sind noch reste im nhd. | erhalten; z. b./ urbau /wüstung, schutt;/ urbunst /miszgunst/, | urbünstig /miszgünstig;/ urengunst /zimmer. chron./ 4, 400, 26; | urfehde /verzicht auf fehde;/ urholz /kein vollwertiges holz, | abfallholz/ (/vgl./ unholz); urkläge /klaglos;/ urlog | /vertragslosigkeit, krieg;/ urwasen /kein richtiger wasen, | sondern ein rasenboden, der von einem weiher bedeckt ist. | concurrierende präfixe sind/ un- (/s. d./ I D 2), â- (/ebda/), | wan-, wahn- (un- I D 3), ab- (un I D 5). /im nhd. wird diese | bed. als solche heute nicht mehr gefühlt./

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Stephen Hust

Helmut Richter schrieb:

Wenn ich es recht verstanden habe, ist "Urbau" der abgeschlagene, zerkleinerte Putz und Fugenmörtel, der, weil sicher mineralhaltig, als Düngemittel eingestzt wird. Vielleicht kommt auch noch der Dreck dazu, der sich unter Jauchegruben abgesetzt hat. Eben also der Teil des Bauschutts, den man auf Feldern loswerden kann. Das passt doch wunderbar zu "urbar: ertragreich".

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Birgit Nietsch

Das wird ja immer spannender. "Ur-" =3D "Verzicht auf..."

"urbau /w=FCstung, schutt;/

Dann w=FCrde diese ur-bau-Verbindung in etwa "nicht mehr Gebautes sein" bedeuten, also Schutt von einem Bauwerk. Da es auch Landbau, Feldbau, usw. gibt, k=F6nnte es auch Abfall oder aussortierte Erde/Steine vom Feldbau sein.

Ich denke, das liegt gut als Zusammenhang im Rennen. Danke f=FCr den Hinweis. Blo=DF: Was ist dann mit Urbau als D=FCngemittel? Aus Abf=E4llen kann durch Recycling, also Umdenkung und Neueingliederung ein Nutzen aus Abfall entspringen. Das Kreislaufwirtschaften mu=DF schon sehr alt sein.

K.L.

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Karl-Ludwig Diehl

Wenn's interessiert, hier die Erklärung für /urbûwe/, die Vorgängerform von /Urbau/, aus dem Mittelhochdeutschen Handwörterbuch von Matthias Lexer:

| *ur-bûwe, -bû* /adj. in/ urbûwe /befindlich, verfallen, | unbebaut, öde./ diu lantschaft al gemeine wart sô urbûwe KCHR. | 7259. der weingarten sô lange urbowe was gelegen UKN. 148 | [Alpha]. 1312. die selben güeter und haus sô gar urpau und ½d | worden wêrn USCH. 410 [Alpha]. 1407. gründe urpau machen MB. 13, | 459. | (Zweiter Band, N-U, Leipzig, 1876, S. 2002.)

Im Altdeutschen Wörterbuch von Oskar Schade steht lediglich:

| urbûwe /mhd. Adj. unangebaut/ | (Zweite umgearbeitete und vermehrte Auflage, Zweiter Teil, Halle a. S., 1872-1882, S. 1059.)

Wenn ich den Artikel im Lexer richtig verstehe, war eine Bedeutung von /bûwen/ (/biuwen/, /bouwen/), der Vorgängerform von /bauen/, "düngen":

| [...] /das feld bestellen, als bauer leben/ [...]; - /trans. mit | feldbau bestellen/ (/düngen/) [...] | (Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Erster Band, A-M, Leipzig,

1872, S. 404.)

Auch Grimm gibt diese Bedeutung an, aber nur "schweiz.":

| *BAUEN* [...] | | *4)* [...] | | *l)* /nach/ bau 7 /bezeichnet schweiz./ bauen, buen /auch | düngen, stercorare agros/ (MAALER 51d. STALDER 1, 146) /in naher | berührung mit/ bauen /colere./ felder bawen. /Bocc./ 2, 123a | ingrassare i campi

Und /Bau/ in der Bedeutung "Dünger":

| *BAU* [...] | | *7)* /eigenthümlich ist der Schweizersprache/ bau /oder/ buu | /fimus, mist, dünger, weil man den dünger einackert, mit ihm das | land baut:/ bauw anlegen, stercorare. MAALER 51d. STALDER 1, | 146; mist oder bauw. TOBLER 37b; ein fuder bau, /mist;/ kuhbauw, | roszbauw, /kuhmist, pferdemist. oder musz dem wort ein andrer | ursprung beigemessen werden? vgl./ bauen.

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Stephen Hust

Seltsam, warum dann in der Stadt Ur-ban ?

Reply to
Matthias D.

"Matthias D." schrieb

Da ist ein H ausgefallen, das ist der Verzicht auf die Bahn.

chr

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Christina Kunze

Das f=FChrt deutlich weiter, wirkt aber auch stark eingegrenzt auf bestimmte Aspekte. Da Urbau im

19.Jh. der Schutt zwischen die W=F6lbungen war, um eine Ebene f=FCr den horizontalen Fu=DFboden zu gewin- nen, pa=DFt nat=FCrlich diese Bedeutung des "unbebauten" da nicht.

D=FCnger und d=FCngen m=FCssen dann schon wieder sehr spezielle Wortbedeutungen sein. Bei "M=FCnchner Urbau" pa=DFt das rein. Interessant zu lesen.

K.L.

Reply to
Karl-Ludwig Diehl

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