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begin quoting, Wolfgang Draxinger schrieb:
Und deswegen ist der Strom umsonst? Das ist ja wohl eine Milchmädchenrechnung, die Anlagenkosten bezogen auf die Nennleistung zu vergleichen: Ein konventionelles Kraftwerk steht bis auf die Revisionszeiten im Prinzip ständig zut Verfügung, ein Solarkraftwerk nur nach Strahlungsdargebot (alternativ sind die Kosten entsprechender Wärmespeicher hinzuzurechnen, die schon für kurze Pufferzeiten die reinen Maschinekosten um ein Vielfaches überschreiten dürften).
Die Kosten ergeben sich natürlich aus der kalkulatorischen Verzinsung der Errichtungskosten (wenn auch der "Brennstoff" umsonst ist), und da zwischen fossiler Grundlast und Solarerzeugung locker ein Faktor 10 in der Benutzungsstundenzahl liegen dürfte, sind bei gleichen Errichtungskosten die Anlagenkosten sicher auch zehnmal so hoch - und nun rechne das auf die Stromgestehungskosten um.
Ok, die Frage wäre, wie hoch die Speicherkosten wirklich sind. Der Verbrauchsschwerpunkt liegt natürlich in den hellen Tageszeiten und ist mit dem Strahlungsdargebot korreliert. In geeigneten Gegenden - ich denke dabei an nordafrikanische Wüsten - kann man vielleicht mit einer zuverlässig vorhandenen Einstrahlung über 8 Tagesstunden rechnen, also 8 Vollaststunden irgendwann im Zeitraum zwischen 7 und
17 Uhr. [Bitte im folgenden auf Rechenfehler achten, die Zahlen wandern ein wenig in den Fantastillionen-Bereich.]Netzlastspitzen mögen von 6-8, von 11-14 und von 17-20 Uhr auftreten, also fällt vielleicht die Hälfte der Last aus der Bestrahlungszeit heraus. Dann wäre der Absorber vielleicht auf 1 kW/m^2 Sammlerfläche (man verwendet natürlich Konzentratoren (Spiegelrinnen oder Heliostatenfelder bei Turmkollektoren)) auszulegen (10 MW_therm./ha), die Turbine auf ca. 20 MW_therm./ha, was bei ca. 40 % Wirkungsgrad dann etwa 8 MW_el./ha wären, und der Zwei-Tage-Speicher auf ca. 160 MWh_therm./(d*ha). Die Anlage könnte dann täglich durchschnittlich ca.
32 MWh_el./ha Spitzenlast frei disponibel ins Netz einspeisen.Wirkungsgrad: Die Absorberausnutzung wird um so schlechter, je höher die Temperatur des Arbeitsmediums und demzufolge das erforderliche Konzentratorverhältnis ist, weil bei höheren Temperaturen die Absorber nach dem Stefan-Boltzmannschen Gesetz mit T^4 zunehmende IR-Abstrahlverluste haben. (Dem kann man in gewissem Maß mit selektiven Absorberflächen - optisch schwarz, langwellig möglichst "weiß" - entgegenwirken.) Dagegen verbessern hohe Medientemperaturen den Carnotwirkungsgrad. Bei einer Kaltseitentemperatur von 50 °C erfordert ein Wirkungsgrad von 40 % eine Medientemperatur von mindestens 266 °C, also Absorbertemperaturen um die 280 °C, die mittels Steuerung der Durchströmungsmenge zu regeln ist. Sinnvollerweise wird die Anlage mehrstufig mit Vorwärmstufen bei niedrigeren Temperaturen ausgeführt, um die Gesamtausnutzung zu verbessern.
Eine Zwei-Tage-Speicher-Kapazität von 160 MWh bzw. 5 MWh_therm/MWh_el entspräche etwa 8 t Dampf mit einem Materialwert von ca. 100 Euro für ca. 350 MWh Strom, also ungefähr 0,03 ct/kWh - das ist vernachlässigbar, die Behälterkosten dürften wesentlich höher sein, können aber ggf. durch Salzschmelzen als Wärmespeicher gesenkt werden.
Eine Sammlerfläche von ca. 0,5 km^2 entsprechend einer Grundfläche von ca. 1 km^2 könnte eine Jahresstromerzeugung von ca. 500-600 GWh Strom liefern. Der Strombedarf in Deutschland liegt bei ca. 600 Mrd. kWh jährlich (600e3 GWh), könnte also mit 1000 km^2 Sahara (ca. 3 Promille der Fläche des Bundesgebiets) gedeckt werden, der Stromverbrauch Europas mit ca. 700 Mio. Einwohnern könnte insgesamt etwa zehnmal so hoch sein, wäre aber mit einer Fläche von lediglich 100 x 100 km vollständig abzudecken. Die erforderliche Übertragungsleistung (Leitungskapazität) betrüge ca. 5000 GW (eine 380-kV-Leitung hat eine Übertragungsleistung von ca. 0,4 GW (ein Doppelsystem kann ein übliches Kernkraftwerk ans Netz anbinden), es wären dafür also 10.000 Systeme oder die entsprechend leistungsfähigeren Leitungen mit höheren Betriebsspannungen erforderlich; eine 1-MV-Leitung könnte ca. 3 GW übertragen.
Die thermische Durchschnittsleistung der 10.000 km^2 Sahara läge bei
3500 GW, was einem Dampfstrom von 1500 t/s entspräche (150 kg/(km^2*s)). Man könnte sich ernsthaft überlegen, statt elektrischer Fernleitungen eine Dampfpipeline mit ca. 5000 km Länge zu bauen, die alleine wegen der Transportdauer (bei 10 m/s eine Transportzeit von 5-6 d) die Funktion des Pufferspeichers übernehmen könnte. Bei einer Dichte von 1 t/m^3 entspräche ein Strom von 1500 t/s bei 10 m/s einem Querschnitt von 150 m^2 bzw. einer lichten Weite von 14 m (Hochdruckleitung 200 bar), die Oberfläche der Pipeline also in etwa 220 Mio. m^2. Wenn der Transportverlust kleiner als 10 % sein soll, dann darf die durchgehende Verlustwärme nur 350 GW betragen, also höchstens 1,6 kW/m^2 - das sollte technisch leicht zu beherrschen sein, auch bei 300 K Temperaturunterschied.Es könnte aber an der erforderlichen Pumpleistung scheitern - weiß jemand, wie hoch der Druckverlust in einem Wasserrohr mit 14 m Weite bei 10 m/s in etwa wäre?
Das System wäre relativ versorgungssicher: In Afrika befänden sich nur Dampf- bzw. Heißwassererzeuger und Pumpstationen, die Kraftwerke lägen relativ dezentral in Europa (Leitung z. B. bis Süddeutschland mit Abzweigen nach Italien, Österreich, Frankreich und die Schweiz, eine andere Leitung lediglich über die Gibraltar-Straße nach Spanien, vielleicht auch noch weiter nach Südfrankreich und eine weitere von Sizilien aus abzweigend nach Griechenland zur Versorgung des Balkans und der Türkei) und könnten für Krisenfälle mit konventionellen ölbefeuerten Kesseln hinterlegt werden - es wären dafür dann nationale Pflanzenölreserven für einige Monate vorzuhalten, wobei man annehmen kann, daß Pflanzenölester in großtechnischem Maßstab als Fahrzeugkraftstoff verarbeitet und gehandelt würden - es wären also lediglich größere Tanklager in Kraftwerksnähe einzurichten, und in Krisensituationen würde dann der Kraftstoff rationiert, weil der für die Stromerzeugung gebraucht wird.
Der Preis für die Stromversorgung aus Afrika würde wohl darin bestehen, daß die Anlagen in etwa drei- bis fünffacher Größe zu errichten wären und dann die entsprechende Energiemenge zur Stromversorgung der afrikanischen Länder eingesetzt würde. Die entsprechenden Handelsbeziehungen wären der politischen Stabilität und der Versorgungssicherheit durchaus förderlich - es ist nicht einzusehen, daß wir in so hohem Maß nur von russischen Erdgaslieferungen abhängig sein sollten, wir sollten durchaus in Richtung Afrika diversifizieren. (Schade, daß Europa keine Kolonien an der südlichen Mittelmeerküste mehr hat, das könnte die Sache politisch deutlich vereinfachen. Aber man könnte die Länder dort halt mal fragen, ob sie zur EU beigetreten werden wollen. Dafür gäb's ja eine Menge guter Argumente.
[F'up-to: angepaßt; Thema hat nichts mit Astronomie zu tun]Gruß aus Bremen Ralf