Erfahrungen mit Explosionsschutz-RL 94/9/EC?

Hi!

Ich bin neulich auf die Ex-Schutz RL 94/9/EC gestossen, deren Übergangsfrist bekanntlich letztes Jahr abgelaufen ist. Inhaltlich werden in der RL die Anforderungen für Geräte in explosionsfähigen Atmosphären vom Gültigkeitsbereich "elektrische Geräte" auf "praktisch alle Geräte" ausgedehnt.

Da mir diesbezüglich nur die theoretischen Werke wie Richtlinie und Folgegesetze bekannt sind, würde ich mich über ein paar Kommentare aus der praktischen Umsetzung dieser RL interessieren.

HC

Reply to
Hans-Christian Grosz
Loading thread data ...

Hallo Hans-Christian

Ja das stimmt.

Was genau interessiert dich?

herzlich

Sascha

Reply to
Sascha Fleischer

Wie es sich z.B. auf eine vorhandene Produktpalette ausgewirkt hat, wo man früher, d.h. bei der Entwicklung wohl weniger auf Explosionsschutz geachtet hatte, oder zumindest nicht in dem Ausmasse, wie die RL es fordert.

Oder auch, ob sich praxisnahe Leitfäden und Taschenbücher etabliert haben, Checklisten o.ä., nach denen ein Techniker vorgehen kann, ohne gleich als Ex-Schutz-Sachverständiger geschult werden zu müssen.

Interessant wäre auch die allgemeine Sichtweise zu der RL. In manchen Branchen in Österreich gabs angeblich, in den letzten Monaten, d.h. nach Ablaufen einer 10jährigen Übergangsfrist, das berüchtigte "grosse Erwachen", allerdings sind alle meine Infos bisher wie erwähnt von der RL, Normen und Gesetzen, überliefert von Mitarbeitern in Normengremien u.ä. Ich kann mir also durchaus vorstellen, dass diese Kreise bei Darstellung der RL und ihrer Folgen ein bisserl stark auftragen?

PS: Ich bin zwar derzeit noch an der Uni, aber mit einer gewissen Affinität zur Schüttgutverarbeitung und -förderung. Da denke ich natürlich gleich an Staubaufwirbelungen beim Umschlagen in Kombination mit den Fördergeräten...

HC

Reply to
Hans-Christian Grosz

Hallo Hans-Christian

Mein Eindruck, war eigentlich nicht so schlimm. Wer vorher schon für den Ex-Bereich Artikel geliefert hat, wird es wahrscheinlich auch heute noch können ohne gleich seine Produktion grossartig umstellen zu müssen. Es Bedarf natürlich der Atex-Bescheinigung. Vorweg es gibt noch viele Produkte zusätzlich noch eine Baumusterprüfung brauchen. Da habe ich keine Einblick.

Dies kann ich so nicht beurteilen. Aber die Richtlinie biete auch einige Freiheiten.

Sagen wir es mal so, die Zündquellenanalyse betrachtet ja jede Einzelne Komponent die eingebaut wurde. Diese Analyse ist ja für den Kunden nicht einzusehen. Sollte es doch zu einer Explosion kommen, liegt es am Kunden aus der Asche heraus zu beweisen, welches Teil dies verursacht hat, dieses Teil musst dann auch noch falsch beurteilt sein. Nun gibt es auch Trickser, aberes gibt auch Lieferanten die sich wirklich bis ins kleinste Details Gedanken gemacht haben.

Ob es praxisnahe Leitfäden gibt weis ich nicht. Der Techniker/Ing. sollte es schon verstanden haben worum es geht und die DIN zu lesen verstehen. Schon ein Schwingmetallpuffer kann sich aufladen und zur Zündung des Gases führen. In diesem Beispiel ist auch in die Bestellung des Schwingmetallpuffer die geforderte elektrostastische Ableitfähigkeit aufzuführen insofern keine Atex-Bescheinigung geliefert werden kann. Dies muss der Konstrukteur veranlassen nach vorheriger Absprache mit dem Lieferanten. Damit weitestgehend die Haftung von der Firma abgegeben wird, werden dann nur noch Bauteile mit eine Atex-Bescheingung besser noch dazu eine Kofomitätserklärung einbezogen. Da spielt der Konstrukteur insofern es keine eigene Abteilung gibt ein sehr wichtige Rolle und sollte geschult werden.

Es ist ein sehr interessantes Thema.

Man kann schon einiges Umgehen wenn man klug konstruiert.

Ein Lieferant hat sich bei uns auch sehr schwer getan und konnte erstmal nicht verstehen was wir wollten. Sein Produkt wurde schon seit mehr als 20 Jahren erfolgreich im Ex-Bereich eingesetzt. Der TÜV meinte es sei nur ein Sachen von einem Tag Arbeit, davon 3 Stunden in der Firma. Kann leider nicht sagen was raus gekommen ist.

Davon habe ich auch gehört aber es gibt sehr viele Lieferanten die das als Vorteil nutzen, ihr Produkt Atex-Zertifiziert zu haben. Mehr kann ich auch nicht sagen.

Wenn das reine Aufwirbeln von Staub die Explosion verursachen kann, wird es schon schwer. Da gäbe es die Möglichkeit die Umgebung zu innertisieren. Also Rohr um die Förderanlage und einen Teppich Stickstoff erzeugen. Wie das gehen soll weiss ich auch nicht. War nur eine Idee.

Reply to
Sascha Fleischer

Hallo,

vor der RL 94/9/EG gab es in Deutschland auch schon Regelungen für elektrische Geräte- die sog. ElexV, ergänzt durch die EX-Richtlinie der Berufsgenosschenschaften..

Der Ansatz der 94/9/EG (ATEX 95) und der 1999/92/EG (ATEX 137) beruht weitgehend auf die ursprünglichen deutschen Regelungen (3 Zonen Modell, Zone 0 bis 2 bzw. 20 bis 22). Die anderen Mitgliedsstaaten hatten vorher zum Teil andere Ansätze zum Ex-Schutz.

Die RL 94/9/EG (umgesetzt in deutsches Recht durch die Explosionsschutzverordnung - 11. GSGV) lässt zur Erlangung der Konformität des Gerätes mit der Richtlinie verschiedene Module (Qualitätssicherungssysteme, Baumusterprüfung etc) je nach Gerätekategorie (I bis III) zu.

Die Geräte mit elektrischen Zündquellen brauchen zum Teil Baumusterprüfungen - dass war aber auch schon nach der ElexV erforderlich. Zu ElexV-Zeiten gab es in Deutschland die PTB und das DMT, dass diese Baumusterprüfungen durchführte - heute sind es sog. benannten Stellen, die in ganz Europa sitzen können.

Für die Geräte mit mechanischen Zündquellen ist es neu, dass hier auf staatlicher Basis Anforderungen gestellt werden. Für diese Geräte besteht aber keine Baumusterprüfpflicht.

Also: Elektrsiche Geräte - nicht viel neues. Mechanische Geräte eigentlich auch nicht (ehemals VDMA-Merkblätter, EX-Richtlinie der BG) und auch die MaschinenRichtlinie verlangte schon Anforderungen. Nur wird es jetzt den Herstellern wohl zum ersten Mal richtig bewusst, welche Verantwortung sie mit der Herstellung eines Gerätes tragen.

Fred

P.S: Neu ist, dass für den Staub-Exschutz jetzt auch ein

3-Zonen-Modell gilt (Zone 20 bis 22). Vorher hatten wir im Staubbereich ein 2 Zonen Modell (Zone 10 und 11).

P.P.S.: Zu beiden Richtlinien gibt es Leitfäden der EU-Komission. Die müsste man auf der Homepage der EU-Kommission finden.

Reply to
Fred Mikas

Erstmal danke für die Ausführungen :)

Es ist denkbar, dass aufgewirbelter Staub, wie er bei Schüttguthandhabung unvermeidlich ist, eine Ex-Atmosphäre schafft, zumindest im staubigen Innenbereich des Fördergeräts. Ein Grossteil der Fördergeräte hat nun durch die Funktionsweise bedingt Zündquellen in Form von Stahl-gegen-Stahl-Reibung, mit Risiko auf Funkenschlag.

Die Praxis zeigt zwar, das bei solchen mechanischen Fördergeräten kaum Explosionen vorkommen, aber streng nach der RL kann ich mir da schon Probleme vorstellen.

HC

Reply to
Hans-Christian Grosz

Neben dem Aufwirbeln des Staubes benötigt man auch eine Zündquelle zur Explosion.

Klar, Du hast in diesen Bereichen explosionsfähige Atmosphären, wenn der Staub dazu in der Lage ist. (i.d.R. Zone 20 oder 21).

Du musst Zündquellen vermeiden und ggf. so konstruieren, dass Explosionen keine schädigende Wirkung haben (explosionsdruckfest, Druckentlastung, ex-Unterdrückungseinrichtungen)

Die Zündquellen könne aber sehr unterschiedlich sein, von heissgelaufenen Lagern oder Funkenschlag bis zu statischen Aufladungen.

In der Praxis kommen Explosionen öfters vor , als Du denkst.

Was meinst Du denn mit 'streng nach der RL kann ich mir schon Probleme vorstellen' ??

Reply to
Fred Mikas

Das ist die Theorie. Kann man Zündquellen auch bezüglich Zündenergie und beim Staub entsprechend notwendiger Mindestzündenergie aufwiegen? Dass z.B. dass eine Zündquelle "Funkenschlag" manche Stäube - obwohl theoretisch explosiv - nicht zünden kann?

Allgemein ist mir schon klar, dass es Explosionen gibt, aber es gibt vielleicht - nehme ich mal an! - auch Stäube, die man vielleicht in Laborversuchen in seltenen Fällen zum Explodieren bekommt, wo aber in der Praxis seit Jahrzehnte kein Fall einer Zündung durch Funken bekannt ist.

HC

Reply to
Hans-Christian Grosz

Ja, z.B. durch niederige Relativgeschwindigkeiten (z.B. als Faustformel: Relativgeschwindigkeit kleiner 1 m/s = keine Zündquelle, zwischen 1 m/s und ca. 10 m/s muss man den Einzelfall betrachten, bei grösser 10 m/s ist immer eine Zündquelle anzunehmen).

Eine gewisse Wahrscheinlichkeit reicht. Wenn es zündet, hast Du meistens auch direkt Tote zu beklagen.

Wenn es in der Praxis nicht zu Explosionen gekommen ist, kann es ja auch daran liegen, dass die Regelwerke gegriffen haben und deshalb nichts passiert ist.

Ich halte den Rückschluss 'keine Explosionen in der Praxis = kein Ex-Schutz erforderlich' nicht für zulässig.

Wolltest Du, weil unsere Tankstellen in den letzten Jahrzehnten nicht explodiert sein, hier auf den Ex-Schutz verzichten?

Ex-Schutz ist reine Probalistik. Als Ingenieur muss man bei dieser Thematik etwas anders denken als gewohnt.

Reply to
Fred Mikas

Hallo,

Hans-Christian Grosz schrieb:

Und auch Praxis.

Wie meinste denn dat?

Klar, es mu=DF von der Z=FCndquelle gen=FCgend Temperatur und W=E4rmemenge (oder sonstige Energie) bereitgestellt werden.

=2E..

Na blo=DF gut. Wahrscheinlichkeiten haben auch eine gro=DFe Bedeutung.

Reply to
Thomas Budich

Das klingt schonmal gut. Wo findet man eine Begründung für solche Faustformeln, z.b. als Norm oder anerkannte Literatur?

Dessen bin ich mir bewusst, und z.B. im Bereich der Holzspanförderung werden ja auch entsprechend hochgerüstete Fördergeräte mit Funkendetektoren, Löschmittelsperren und allem, was der Markt da so bietet verwendet.

Ja, da habe ich mich wohl etwas unklar ausgedrückt. Solche Bereiche, wie Tankstellen o.ä. stehen bezüglich Ex-Schutz ausser frage.

HC

Reply to
Hans-Christian Grosz

Ja, genau das meinte ich :)

Die Mindestzündenergie kann man in Versuchsanstalten anhand Staubproben messen lassen. Die Gegenüberstellung einer niedrigen Arbeitstemperatur und einem höherliegenden Flammpunkt eines Gases wäre ein vergleichbares Beispiel aus den Ex-Zonen bei Gasen. Bei Funkenschlag oder Funkenentladungen tu ich mir da mangels Wissen, Faustformeln oder Tabellen etwas schwerer.

Ich stelle mir das folgend Freds Faustformel so vor, dass man für ein Fördergerät entsprechend die Relativgeschwindigkeit wählt, damit entweder Funkenschlag als Zündquelle nicht mehr auftritt, oder eben die Zündenergie nicht ausreicht.

HC

Reply to
Hans-Christian Grosz

PolyTech Forum website is not affiliated with any of the manufacturers or service providers discussed here. All logos and trade names are the property of their respective owners.