Jetzt bitte ohne smiley und ohne akademischen Ferranti - darf ich bitte den Kurzschlußfall am Leitungsende betrachten. Da fließt für eine kurze Zeit ein enorm hoher Strom durch die Induktivität der Leitung. Die darin gespeicherte Energie ist I²*L/2. Die Induktivität ist zwar klein (was zu einem schnellen Anstieg des Kurzschlußstroms führt) aber das Quadrat hat's in sich. Die gespeicherte Energie wird beim Abschalten freigesetzt und erzeugt eine Spannungsspitze, einen "Funken" ;-) Wenn der Schalter öffnet, dann wäre am Ende ein C gefragt, nicht ein L (das "für Ferranti" eingebaut worden ist) um die Spitze abzufangen.
Wo der Schalter öffnet, dort tritt ein Spannungsimpuls auf, weil sich die gespeicherte Energie des Kurzschlußstroms aus der Leitungsindukti- vität austobt. Unerheblich ob der Schalter auf der Einspeiseseite oder auf der Verbraucherseite der Leitung ausschaltet. Der Strom ist hoch und die Spannung danach auch, mir tut der Schalter leid. Und dann be- kommt er auch noch eine Ferranti-Drossel ins Genick.
Donnerwetter - alles richtig, Glaser! (Leistungsschalter "können" das übrigens.)
Nicht ganz: auf der Verbraucherseite werden "nur" Lastströme geschaltet (bzw. höchstens solche Kurzschlußströme, die durch die Leitungsinduktivität (die *sooo* klein nun auch wieder nicht ist) begrenzt werden), auf der Einspeisungsseite können praktisch beliebig hohe, nur durch die Impedanz des vorgelagerten Netzes und die Trafo-Längsreaktanz begrenzte Kurzschlußströme auftreten.
Gut, daß die Leistungsschalter dafür ausgelegt sind (sind auch nicht ganz billig).
Theoretisch hast Du recht. Praktisch trifft man dafür vernünftige Annahmen, aus denen folgt, daß man ihn vernachlässigen kann - Hochspannungsleitungen sind in erster Linie _keine_ Heizungen, obwohl Leiterseiltemperaturen um die 100 °C durchaus auftreten können.
Habe einen der Chefs hier gefragt: Man verwendet Ladestromspulen am Ende der Leitung zur Kompensation.
Frueher wurde ausserdem mit geeigneten Widerstaenden die Schwingung gedaempft. Heute verwendet man "synchronized switching", d.h. es wird im Nulldurchgang zugeschaltet.
Das tut er auch immer noch nicht, weil die ihm immer noch zu teuer vorkommen.
Mich hatte übrigens heute ausgerechent ein nachrichtentechniker auf die Idee gebracht, daß das alles so wild gar nicht ist. Das Einschalten könnte nämlich so ablaufen:
Ausgangssituation: Leitung spannungsfrei, beide Enden offen.
Schritt: Auf der Einspeisungsseite wird eine kleine Spannung mittels Trafo in der richtigen Phasenlage aufgegeben, die wegen des Ferranti-Effekts an der Abnahmeseite die passende Spannung erzeugt (also die dort vorliegende Netzspannung).
Schritt: Auf der Abnahmeseite wird die Leitung annähernd stromlos mit dem dortigen Netz verbunden.
Schritt: Auf der Einspeisungsseite wird die Leitung mittels Leistungsschalter in der richtigen Phasenlage aufs Netz geschaltet.
Ist doch ganz einfach, nicht?
Das Vorgehen setzt natürlich synchrone Netze voraus und daß die Leitung kürzer als lambda/4 elektrisch ist (also unter 1.500 km), weil sich sonst die Spannungsbäuche in der Leitungsmitte einstellen.
Aber das Vorgehen erscheint mir plausibler, als extra zum Einschalten Kompensationsspulen vorzusehen, die sonst überhaupt nicht gebraucht werden. Auch sehe ich keinen Sinn im Schalten im Nulldurchgang: die erforderlichen Leistungsschalter müssen ohnehin Kurzschlußeinschaltvermögen haben, und die Spannungsnulldurchgänge sind um jeweils 3,3 ms gegeneinander verschoben, so daß beim sequentiellen Einschalten im Nulldurchgang eine kurzzeitige transiente Schieflast auftritt.
Eigentlich bezweifle ich auch schlankweg, daß sich das Einschalten überhaupt so genau timen läßt: um in einem Fenster von 5 % der Spannungsamplitude zu bleiben, muß man ein Zeitfenster von 320 µs einhalten - kann ich mir bei so einem Mordstrumm wie einem Leistungsschalter in MV-Systemen schlicht nicht vorstellen. Und wozu auch: der Einschaltstromstoß wird durch die Längsreaktanz der Trafos ohnehin gedämpft, und das Netz, aus dem die Leitung gespeist wird, muß sowieso hinreichend starr sein, um sich durch einen Kurzschluß auf der Leitung nicht aus dem Tritt bringen zu lassen, jedenfalls solange, bis die Leistungsschalter den Fehler abgeschaltet haben. (Abschalten ist das Netz eigentlich eine genauso hohe Beanspruchung wie Einschalten.)
Längs- und Querwiderstände sowie durch Abstrahlungs- und Koronaentladungseffekte bewirkte Energieverluste wirken auch wie ohmsche Widerstände. Ach, wird das kompliziert...
man braucht die Kompensationsspulen doch auch wenn man die Leitung nicht =
immer nahe genug an der nat=FCrlichen Leistung betreiben kann oder will.
Ob die dreipoligen Leistungsschalter wirklich im Bereich von=20 Millisekunbden synchron schalten k=F6nnen? Wenn da im Hochspannungsbereic= h=20 geschaltet wird hat man den genauen Schaltzeitpunkt wegen des=20 =DCberschlags nicht im Griff.
Nicht unbedingt, auch die Abnehmer, also das Netz, kann Blindleistung aufnehmen, ferner kann man natürlich auch die Spannung am Anfang der Leitung reduzieren (und hätte im Extremfall einen "verteilten Trafo": vorne Mittelspannung rein und hinten Hochspannung raus - nee, so macht man's nicht). Und den unternatürlichen Betrieb vermeidet man halt tunlichst -> an oder aus.
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