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# Sinnfrage #
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Was bringt es, in Personenzügen zusätzlich auch Güter mitzutransportieren?
A) bessere Ausnutzung von Streckenkapazitäten
===========================================Meiner Schätzung [1] nach würde die zusätzliche mögliche
Gütertransportleistung der vorhandenen Züge bundesweit um ca. 10 Mrd. tkm
ansteigen, wenn man mit jeder Regionalbahn zusätzlich einen voll
bealdenen Wagon mit 3TEU (Ê. 20m) Ladekapazität befördern würde.
Das entspricht 10% des heutigen Güterverkehrs auf der Schiene, bzw. 2%
des gesamten Gütertransports.
Wollte man auf diese Weise (allerdings mit zusätzlichen Zügen) eine dem
kompletten bundesweiten Güterverkehrsaufkommen entsprechende
Transportkapazität herstellen, wäre der soeben grob geschätzte tkm-Faktor
50 auf Taktung, Zuglänge und zusätzliche Strecken zu verteilen.
Bspw. (aus 2% mach 100):
* 10 Min. Takt statt stündlich
* 100m statt 20m Zuganteil für Güter
* und allerdings noch knapp doppelt soviele Strecken
B) Linienverkehr deckt neue Marktsegmente ab
==========================================Güterzüge fahren m.W. momentan prinzipiell einzelauftragsbasiert
(allenfalls regelmässig aber niederfrequent, wie bspw. wöchentlich) und
längenmaximiert, "dezentral" (d.h. hier: unkoordiniert) organsiert.
Höchstwahrscheinlich nutzen Speditionen diese Verbindungen nichteinmal
dann, wenn zufällig doch mal eine nichtmal sonderlich spontan
auftauchende, vielfache LKW-Ladung mit Tagen akzeptabler Laufzeit in
Quelle und Ziel mit einem Güterzug zusammenfällt.
Während Speditionen vielfache einer LKW-Ladung verglichen mit anderen
Sendungsgrössen effizient per Direktfahrt abwickeln können, werden
Teilladungen regelmässig über zentrale Verteilerzentren abgewickelt, um
Leerfahrten zu vermeiden. Die Summe aller eine Stadt verlassenden oder
erreichenden Sendungen ist eben viel wahrscheinlicher ein voller LKW, als
eine einzelne Sendung von A nach B.
Die Spedition Schenker bspw. betreibt nach eigenen Angaben bundesweit
solcher Verteilerzentren drei.
Speditionsfilialen sammeln also regional Sendungen zu möglichst voll
ausgelasteten, überregionalen LKW-Ladungen bzw. Containern an.
Eben diese Container könnten aber im hochfrequent getakteten
Personenschienenverkehr mit akzeptablen Zeitverlusten weit in
Zielrichtung mitfahren.
Mit hinreichend kleinen Mindest-Formaten für Container, bspw. bis
hinunter zu TEU/4) könnten Speditionen zudem gehäuft auch
Direktverbindungen zwischen Filialen wählen.
Für bspw. allein 3 EuroPaletten fährt sonst niemand effizient zwischen
Städten hin und her.
Die wirtschaftl. Kopplung von Güter- und Personenverkehr auf der schiene
erlaubt ineffizientere Einzelsparten, was mit einer verbesserten
Servicequalität einhergeht (kürzere Güterlauf- und Reisezeiten bei
weniger Reisestress).
C) geringer Personalbedarf pro tkm
================================Während bei einer Autobahnfahrt einer Spedition für jeden LKW
(Transportkapazität bei 1-2 TEU) mindestens ein Fahrer im Fahrzeug
beschäftigt ist, kann ein Zugfüher eine deutlich grössere Gütermenge
(z.B. 3-6 TEU) mitsamt Passagieren befördern.
Mehraufwand beim Zusammenstellen der Züge bei Betriebsbeginn, Wartung
zus. Wagons und Kräne, Organisation stehen vergleichbaren Tätigkeiten an
LKW gegenüber, so daß sich in diesen Bereichen pro tkm ein
vernachlässigbar geringer Peronalbedarf zugunsten der Strasse ergeben
dürfte.
Diese Einschätzung wird zumindest in dem Teilaspekt des hohen
Personalbedarfs für LKW-Fernfahrten auch durch die Statistik gestützt [2].
D) Vergleich mit etablierten Land-Gütertransportwegen
Die Tagesreichweite, also die Entfernung, die eine Sendung pro Tag
zurücklegen könnte, ist beim vorgeschlagenen System vermutlich etwas
begrenzter, als die von LKW und auch konventionellen Güterzügen. Man kann
sicherlich nicht davon ausgehen, daß die "Umstiegszeiten" für Container
ebenso gering sind, wie für selbstlaufende Passagiere.
Bei kürzeren (<250km) Sendungs-Strecken mit wenigen benötigten
"Umstiegen" dürften sich bereits Geschwindigkeitsvorteile im Vgl. zum
nicht in passender Weise existenten, konventionellen Güterzug ergeben, da
letztere zeitaufwändig zusammengestellt werden müssen, und somit kaum
häufiger als täglich fahren können, zumal sich ein an an Vollzügen
orientiertes Sendungsaufkommen auch ersteinmal ergeben muss (was durch
das vorgeschlagene System sicherlich wahrscheinlicher wird).
Die Geschwindigkeits-Vorteile des LKWs beginnen bei dieser Streckenlänge
wahrscheinlich bereits, deutlich an Relevanz einzubüssen, bzw. verfallen
gänzlich in Anbetracht des im Vgl. zu einzelnen Speditionsbetrieben
hervorragend weit ausgebauten Bahn-Grids.
Gruss
Jan Bruns
[1] Schätzung zum Transportpotential:
Osnabrück wird wöchentlich von etwa 1000 Regionalzügen angefahren. Hätte
jeder dieser Züge eine Container-Kapazität von 3TEU, ergibt sich eine Zug-
zu-Zug
Umschlagskapazität 150000 TEU p.a., was bereits der Grössenordnung heute
noch betriebener Güterbahnhöfe entspricht.
Mit voller Beladung (20t/TEU => ca. 600kg m^-3) und einem
durchschnittlichen Radius der Strecken von 80km bis zum nächsten
vergleichbaren Bhf. ergibt sich ein jährliches Transportpotential von 240
Mio. tkm.
Eine Extrapolation auf Deutschland mit einem Faktor um 40 könnte bspw.
10Mrd. tkm ergeben.
[2] In den letzten 20 Jahren haben sich durchschnittliche
Transportstrecken sowie (noch etwas deutlicher) der Personalaufwand in
Lager+Logistik knapp verdoppelt, das Güteraufkommen hingegen ist nahezu
unverändert verblieben.