Schalldämpfer für Belüftung eines Musikstudios

Hallo zusammen,

ich hab da ein kleines Problem: ein Freund von mir möchte sich im Keller eines Mietshauses ein Musikstudio einrichten (Raum-in-Raum, siehe Bild

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Damit in diesem Studio keiner wegen Sauerstoffmangel umkommt muß für Belüftung gesorgt werden.

So weit, so gut, allerdings verträgt sich Lüftung nicht sonderlich gut mit Schalldichtigkeit, weshalb er einfach mal aus dem Bauch heraus einen Schalldämpfer gebaut (siehe

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und einen Radiallüfter bei ebay ersteigert hat (Kennlinie siehe Bild
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Nun, da die Fakten geschaffen sind und es an den Bau des eigentlichen Raumes geht (wenn der Raum erstmal gebaut ist kommt mein Freund nicht mehr ans Kellerfenster in das der Schalldämpfer eingesetzt werden soll) stellt sich die Frage: reicht der Lüfter bzgl. Förderdruck überhaupt aus? Ist der Schalldämpfer vielleicht maßlos überdimensioniert (Anzahl der Umlenkungen) bzw. sind die freien Querschnitte des Schalldämpfers aufgrund großzügigen Einsatzes von Noppenschaumstoff (20mm dick) vielleicht maßlos unterdimensioniert? Meine erste Einschätzung: nein / ja / ja

OK, also meine alten Bücher rausgekramt (Willi Bohl, Technische Strömungslehre + Dubbel) und ein wenig gerechnet, wobei hier schnell das Problem aufkam: welchen Rauhigkeitswert k nehme ich für den Noppenschaumstoff an?

Etliche Annahmen später komme ich für den Schalldämpfer auf einen Druckverlust von 0,0148Pa und für die geraden Kanalabschnitte von Schalldämpfer zum Raum-im-Raum auf 3,25bar (gerechnet für 60m^3/h). Ha! Was haben wir gelacht... IMHO beides Werte jenseits jeder Realität.

Da ich nun gerade keinen Versorgungstechnik-Ing. zur Hand habe der wirklich Ahnung von Lüftungstechnik und den dort üblicherweise eingesetzten Schalldämpfer hat und mein eingerostetes (maschinenbauliches) Wissen nicht mehr ausreicht wende ich mich an dsim in der Hoffnung daß mir und meinem Freund hier jemand weiterhelfen kann.

Hilfreich wäre

- komplette Berechnung des Druckverlustes von Schalldämpfer + Kanälen vom/zum Raum :)

- Hinweise wie solch ein Schalldämpfer zu rechnen ist

- Angaben bzgl. k-Wert von Noppenschaum

- grobe Abschätzung / Erfahrungswerte ob der Lüfter in dieser Konfiguration noch nennenswerten Volumenstrom bringt

- Schlagwörter für google-suche (Telefonieschalldämpfer brachte nur Hinweise auf runde Schalldämpfer, keine Labyrinte)

Schonmal thx für sachdienliche Hinweise,

Thomas

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Thomas 'tmo' Endt
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Moin,

Thomas 'tmo' Endt hat geschrieben:

Hatte vor einiger Zeit ein ähnliches Problem, wurde von einem 'Experten' gelöst. Und funktioniert.

Boh ey! Wattn Teil.

Was hat der für eine Leitsung? Bei dem von mir miterlebten Anwendungsfall hatte der verwendete Tangentiallüfter (!) 1kW.

IMO nein, bei dem Schalldämpfer bei weitem nicht.

Jein, Ja. Dieser Schalldämpfer düfte nach meiner beschiedenen Einschätzung genau den Schall nicht wegfiltern, der die Nachbarn am meisten freut: Tiefe Frequenzen, E-Baß/Base.

Um tiefe Frequenzen wegzubekommen, braucht es ein Volumen, das die Druckwelle aufnehmen kann. So ein Volumen hat dein Dämpfer (fast) nicht. Das Einzige, was etwas diese Funktion übernimmt, sind die Poren im Noppenschaumstoff. Ist der Noppenschaumstoff offenporig? Eher nein, Dämmwatte wäre offenporig.

Dieses Labyrinth bringt dir den Nutzen, daß hochfrequenter Schall viele Reflektionen erleidet, bevor er nach draußen kommt. Bei der Konstruktion würde ich so schätzen runde 15 bis 20 Stück. Wenn jede Reflektion 6dB schluckt, dann dämpft das Teil also mit runden

100dB. Ein astronomischer Wert, den der gesamte Rest deiner Konstruktion eh nicht halten kann. Sprich würde der Dämpfer nur halb so gut dämpfen, dann würde es für die Lautstärke keinen meßbaren Unterschied machen, weil durch alle restlichen Wände sowieso nur -50dB gedämpft werden.

Soweit aber noch so gut. Jetzt kommen die tiefen Frequenzen. Für die ist dein Schalldämpfer einfach nur ein gerades Rohr. Die Bögen und Umwege sind allesamt lächerlich klein verglichen mit der Wellenlänge von 5m (da wo's Spaß macht). Sprich diese Absorption durch Mehrfachreflektion fällt bei tiefen Frequenzen unter den Tisch.

Aber den Nachteil der Konstruktion hast du schon teilweise erkannt: der gigantische Strömungswiderstand. Übrigens, nicht so sehr die Rauhigkeit und die engen Kanäle sind der Knackpunkt, sondern die Winkel. Allein eine Umleitung des Luftstroms um 180° mach so viel Strömungswiderstand aus, wie 5m gerader Kanal dieser Art (Mal so aus dem Bauch heraus). Mit Rauhigkeit der Oberfläche brauchst du da eigentlich gar ncith erst anfangen zu rechnen, diese Formeln haben Unsicherheiten in der Größenordnung des Ergebnisses. Die von dir berechneten 3bar halte ich für garnicht so abwegig.

Wenn du es wirklich rechnen willst, ich dachte k sei das Verhältnis aus Rauhtiefe zu Durchmesser. Durchmesser würde ich hier als die Kanalbreite (4,5cm) ansetzen.

Ach so, umgekehrt? Na dann kann etwas an der Rechnung nicht stimmen. Der Druckverlust in einigermaßen geraden Rohren ist verschwindend im Vergleich zu dem in den in den engen Kanälen und vorallem den vielen Umleitungen.

Kann ich nicht mit dienen, aber ich sage dir, derjenige der sagt, der Druckverlust betrage soundsoviel +/- 10% der lügt:-).

Woran das wohl liegt...

Nach meiner Erinnerung waren die Schalldämpfer, die ich damals beobachten durfte eben genau so rund und verblüffend klein gebaut. Konstruktion:

Lufttungsrohr D=60cm, Volumenstrom ~100qm/h (diese Zahl ist sehr unsicher). Der Dämpfer war ~1.20m lang und hatte im Inneren einfach nur ein gerades Rohr druchlaufen, garkein Labyrinth und IMO auch keine Querschnittsveränderung. Die Funktion beruhte darauf, daß dieses Rohr im Dämpfer perforiert war und außenherum dick mit Dämmwatte eingepackt war. Dann außenherum noch mal ein Gehäuse Größenordnung 2*Rohrdurchmesser.

Zur Funktion, Achtung, nach meiner Vermutung:

Im Dämpferrohr werden Druckwellen gedämpft, eben durch die Teildurchlässige Wand (Lochblech mit Dämmwatte dahinter). Das verändert die Schallgeschwindigkeit. Wir haben also ein Roh mit gewisser Schallgeschwindigkeit, dann den Dämfper mit einer gewissen Länge und einer anderen geringeren Schallgeschwindigieit und dann hinter dem Dämfper wieder normales Rohr mit der ersten Schallgeschwindigkeit. Am Beginn und am Ende des Dämpfers ändert sich also die Schallgeschwindigkeit und es passiert das, wass immer passiert wenn wellen durch verschiedene Medien unterschiedlicher Brechzahl also Ausbreitungsgeschwindigkeit laufen, sie werden an den Grenzfläche reflektiert. Ein Teil des Schalls läuft also direkt durch den Dämpfer durch. Ein wieterer Teil wird an dem ersten Übergang (=Anfang Dämpferrohr) reflektiert. Der Anteil stört nicht, der wird zurück in den Raum geworfen. Ein Teil des Schalls wird an der zweiten Grenzfläche reflektiert. Was von dem Schall wieder in den Raum zurückläuft stört auch nicht. Aber von diesem Schall wird ein Teil wieder an der ersten Grenzfläche richtung draußen reflektiert. Was von dem Schall also nach draußen kommt, interferiert mit dem Schall, der gleich von vornherein durchgelassen wurde. Hat nun der Dämpfer die richtige Länge, dann interferiert der Schall destruktiv, das passiert genau dann, wenn diese beiden Anteile Lambda/2 Phasenverschiebung haben. Da der eine Anteil zwei mal zusätzlich die Länge des Dämpfers durchlauf hat, muß der Dämpfer also eine Länge von Lambda/4 haben, damit es zu dieser Auslöschung kommt. Angenommen, 60Hz seinen die unterste kritische Frequenz, dann sind das rund 5m Wellenlänge. Im Rohr, vorallem im Dämpferrohr noch etwas weniger. 1/4 von 5m sind - siehe da - rund 1,20m. So lang muß das Dämpferrohr sein.

Hohe Frequenzen werden übrigens schon vorher im Lüftungskanal vielfach hin und her reflektiert, kommen in das Dämpferrohr also garnicht axial herein. Sie werden also auch im Dämpfer reflektiert (an den Wänden) und dabei teilweise geschluckt.

Und das alles mit einem Dämpfer, der im Ineren gar keinen echten Engpaß oder ein Labyrinth hat! So denke ich, funktioniert's bei den Profis.

Jetzt mal konstruktiv: Ich würde deine Kiste etwas ausräumen. Bau meinetwegen ein Labyrinth rein, aber eines mit nicht mehr als einem Knick. Also die Anzahl der Trennwände halbieren oder so. Desweiteren baue mit Wolle gefüllte Bereiche hinein, die vom eigendlichen Luftkanal durch eine teildurchlässige Wand getrennt sind, Lochblech z.B..

In Umbau der vorhandenen Konstuktion:

| | | B ---------| | XXXXXXXXX| | XXXXXXXXX| | XXXXXXXXX| | --ppp----| | | |----ppp-- | |XXXXXXXXX | |XXXXXXXXX | |XXXXXXXXX | |--------- A | | |

X sind dann die Bereich, die lose füllen mit Dämmwatte ausgekleidet sind (kein Noppenschaumstoff, der ist viel zu undurchlässig). Da wo X an den leeren Raum grenzt, vieleicht mit Lochblech abtrennen. Da wo p steht, vieleicht zusätzliche viele Bohrungen ins Brett machen, um auch dort für einer Teildurchlässigkeit für Schall zu sorgen, oder die Bretter komplett durch Lochblech ersetzen. Die Seitenwände rechts und links kann man dann noch mit Noppenschaumstoff verkleiden, aber nur, wenn ein gro0ßzpügiger Kanal freibleibt, 15cm sollten schon sein.

So hast du immernoch ein Labyrinth mit wenigstens 4 Reflektionen für den hochfrequenten Schall und großzügige Schallschlucker für die Luftmengen der tiefen Töne.

Die Idee dabei ist auch, daß an den Stellen A und B jeweils drastische Querschnittsänderungen passieren, die wie oben beschrieben, den Schall teilweise reflektieren. Obendrein ist der Bereich zwischen A und B erstens eng, zweitens dämpfend ausgekleidet, was wiederum die Schallgeschwindigkeit in diesem Kanal herabsetzt. Wenn du optimieren willst, dann zeichne die kritischen Wellenlängen mal ein und versuche, ein Lambda/4-System aufzubauen. Aber Achtung wegen der Wellenlänge: Nicht mit falschem Ehrgeitz herangehen und 30Hz optimal dämpfen wollen. Selbst ein E-Baß kommt nur auf 45Hz herunter, die Base ist auch gar nicth so tief. Und dieser Frequenzfilter wirkt ja nicht nur bei seiner Idealfrequenz, sondern auch noch mit einer gewissen Bandbreite bei anderen benachbarten Frequenzen. Erst bei der Hälfte der Abstimmungsfrequenz wird er so richtig drurchlässig. Also sie zu, daß die Hälfte der Abstimmungsfrequenz gerade so tief ist, daß sie nicht mehr vorkommt. Deshalb würde ich eben die 60Hz als Rechengrundlage nehmen.

Und: Alle Angaben ohne Gewähr!!!!

CU Rollo

Reply to
Roland Damm

"Roland Damm" schrub: [...]

Roland!

Göttliche Antwort! Genial ausführlich, verständlich, nachbaufähig.

Dickes DANKE dafür!

Da der Schalldämpfer sowie der Lüfter eh schon existierten wurde am Wochenende mal kurzerhand ein praktischer Versuch gemacht anstatt Fehlersuche beim Rechnen zu betreiben.

Ergebnis:

- Lüfter bringt im Druckbetrieb noch subjektiv ausreichend viel Volumenstrom durch den Labyrinthschalldämpfer. Sogar soviel daß anzunehmen ist daß das auch im kombininerten Saug-/Druckbetrieb geht (beides gleichzeitig zu testen war nicht möglich bzw. zu aufwändig).

- Dämpfungseigenschaften im hochfrequenten Bereich hervorragend

- Dämpfungseigenschaften im niederfrequenten Bereich subjektiv nahe Null (wie du auch schon richtig vermutet hattest)

Rohrschalldämpfer für die niedrigen Frequenzen ist gerade in Planung.

Ich bin gespannt, wann sich der erste Mieter beschwert... *eg*

Thx nochmal für die Hilfe, auch im Namen meines Freundes!

cu, Thomas

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Thomas 'tmo' Endt

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