schwierige Frage zur Verzahnungs-Geometrie

Hallo,

ich habe eine schwierige Frage zur Geometrie von Zahnrädern:

Gegeben ist ein Zahnrad Z (Stirnrad, normale Evolventen-Verzahnung mit 20° Eingriffswinkel) das am Ende einer Welle w befestigt ist. Diese Welle ist um eine Drehachse X schwenkbar gelagert, so dass das andere Ende der Welle von 1 nach 2 bewegt werden kann:

2 Z Z 1 wwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwXwwwwwZ Z Z

Nun soll ein zweites Zahnrad (gleicher Durchmesser, gleiche Verzahnung) so angeordnet werden dass es im Eingriff mit dem ersten Zahnrad ist, wenn sich die Welle in Position 1 befindet. Die beiden Drehachsen sind also parallel zueinander. Das zweite Zahnrad ist ortsfest, macht also die Verkippung um die Achse X nicht mit. Wenn sich die Welle in Position 2 befindet, dann ist die ganze Anordnung nicht in Betrieb, es ist egal ob die Zahnräder im Eingriff bleiben oder nicht, aber das zweite Zahnrad darf die Bewegungsmöglichkeit der Welle nicht einschränken. Die Frage ist, wo man dieses zweite Zahnrad anordnen kann:

  1. Positionswinkel 0 Grad, oberhalb des ersten Zahnrads: das funktioniert zweifellos.
  2. Positionswinkel 180 Grad, unterhalb des ersten Zahnrads: das geht nicht weil die Bewegungsmöglichkeit der Welle völlig verhindert wird.
  3. Positionswinkel 90 oder 270 Grad, (in der Zeichenebene davor oder dahinter): Das geht auch nicht, weil die Zahnräder eine gewisse Breite haben und die Zähne verkanten würden.
  4. Die eigentliche Frage: Gibt es für den Positionswinkel einen gewissen Toleranzbereich um 0 Grad herum (also z.B. von -30 bis 30 Grad) so dass die Bewegungsmöglichkeit der Welle nicht eingeschränkt wird?

Michael

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Michael Koch
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Michael Koch verfasste am 01.07.2004 00:05:

Wenn der Winkel klein ist (d.h. der Abstand zur Schwenkachse groß genug), kann man das durch eine Balligkeit der Zähne problemlos ausgleichen.

Bei absolut geradflankigen Zähnen: nein - du wirst Kantenträger bekommen. Ansonsten hängt es vom Schwenkradius und der Balligkeit ab.

Joachim

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Joachim Schmid

Hallo Joachim,

danke für deine Antwort, ich habe ein paar Anmerkunden dazu:

Die Zähne sind aber nicht ballig.

Ich bin von der Antwort "nein" nicht so richtig überzeugt. Wenn die Welle von 1 nach 2 bewegt wird, dann laufen direkt an der Verzahnung zwei Effekte ab:

  1. Der Achsabstand der Zahnräder wird grösser.
  2. Die Zahnräder werden gegeneinander verkippt.

Die Frage ist, welcher Effekt stärker ist. Wenn der Achsabstand ansteigt, dann ist nämlich auch eine gewisse Verkippung möglich.

Für den Fall, dass der Positionswinkel 90 oder 270 Grad ist, nimmt die Verkippung linear mit dem Schwenkwinkel zu, aber der Achsabstand nimmt (in erster Näherung) nur quadratisch mit dem Schwenkwinkel zu. Das heisst für kleine Schwenkwinkel überwiegt die Verkippung, woraus folgt dass es nicht geht.

Aber ich könnte mir vorstellen dass die Verhältnisse anders sind wenn der Positionswinkel nicht weit von 0 Grad entfernt ist. Dann nimmt nämlich der Achsabstand in erster Näherung linear mit dem Schwenkwinkel zu, und die Verkippung nimmt ebenfalls linear zu (und ist sehr klein).

Michael

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Michael Koch

Michael Koch verfasste am 02.07.2004 09:52:

Das kann man so herstellen.

Du bekommst bei der von dir angegebenen Schwenkgeometrie sofort eine Nichtparallelität der Zahnflanken beider Räder. D.h. die Flanken werden nicht mehr in der ganzen Länge anliegen, sondern an den innenseitigen Kanten aufeinander abwälzen.

Das hat damit nichts zu tun, ein Parallitätsfehler der Zahnflanken wird immer da sein. Bei sehr kleinen Beträgen kann man ihn tolerieren; reale Verzahnungen werden wegen der unvermeidlichen Achsparallelitätsfehler ja auch meist ganz leicht ballig gefertigt. Aber der Fehler wird bald zunehmen.

Joachim

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Joachim Schmid

Hallo Joachim,

Das ist richtig, aber ich bekomme auch sofort einen vergrösserten Achsabstand. Die Frage ist welcher Effekt überwiegt.

Ein Drehmoment soll nur dann übertragen werden, wenn sich die Welle genau in Position 1 befindet. Das heisst wenn der Schwenkwinkel nicht Null ist, dann steht die ganze Anordnung still. Es geht nur um die Frage ob es geometrisch gesehen möglich ist die Welle zu schwenken, ohne die Zahnräder dabei zu beschädigen.

Michael

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Michael Koch

Michael Koch verfasste am 02.07.04 12:56:

Der Winkelfehler führt automatisch zum Kantenträger. Dass das Einschwenken _zwängungsfrei_ gehen kann, steht außer Frage. Leider hast du die nachfolgende ganz wichtige Information nicht gleich gesagt:

Dann geht es. Sofern du nicht gerade versuchst, Zahnkopf gegen Zahnkopf einzufädeln.

Joachim

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Joachim Schmid

Ich verfasste am 02.07.04 15:37:

*patsch* Natürlich hattest du es gesagt! Gerade sehe ich die Stelle in deinem Anfangsposting.

Joachim

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Joachim Schmid

Hallo Joachim,

Das mit den Zahnköpfen ist klar, ist im konkreten Fall aber sowieso kein Problem weil der Schwenkwinkel gar nicht so gross werden kann dass man das zweite Zahnrad frei drehen könnte. Aber wie kann man den maximalen Positionswinkel berechnen, wo sich die Welle gerade noch herausschwenken lässt ohne dass Zähne beschädigt werden? Sicher ist nur dass es für kleine Positionswinkel geht, und bei 90 Grad geht es mit Sicherheit nicht mehr. Wo liegt die Grenze?

Die Daten des konkreter Falls: Zahnrad 30 Zähne, Modul 1, Eingriffswinkel 20 Grad, gerade verzahnt, nicht ballig, Zahnbreite 6.5mm Abstand von Mitte Zahnrad zur Schwenkachse: ca. 15mm Schwenkwinkel: 0 bis ca. 10 Grad gewünschter Positionswinkel des zweiten Zahnrads: ca. 20-30 Grad

Michael

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Michael Koch

Michael Koch verfasste am 02.07.04 17:31:

Bei schmalen Rädern und großem Flankenspiel, negativer Profilverschiebung, bzw. evtl. einer Kopfkürzung, könnte es sogar dann noch gehen, vor allem bei einer deutlichen Schrägverzahnung.

Beste Lösung: Übergang auf eine Bogenverzahnung.

Warum nicht? Würde auch ohne Last sehr helfen.

Gibt es Vorgaben zur Profilverschiebung und zum Flankenspiel im Arbeitseingriff?

Ich würde das "zu Fuß" wie folgt angehen:

  1. Berechnung der aus dem Verstellvorgang resultierenden mittleren Achabstandsvergrößerung delta_a und des Kippwinkels delta_phi.
  2. Bestimmung der aus delta_a resultierenden Drehflankenspielvergrößerung delta_jt_1
  3. Bestimmung der aus delta_phi zuammen mit der Zahnbreite resultierenden Spielverringerung an den Zahnenden delta_jt_2
  4. Resultierendes Drehflankenspiel jt = jt_0 + delta_jt_1 - delta_jt_2 muss größer 0 bleiben

Leider kann ich keine Formeln angeben, weil ich an meinem aktuellen Aufenthaltsort keinen Zugang zur Verzahnungsliteratur oder zu Berechnungsprogrammen habe (von einer FVA-Lizenz kann ich eh nur träumen), und das Flankenspiel in Lehrbüchern stiefmütterlich behandelt wird. Außerdem hab ich heute keine Zeit zum Rechnen.

Joachim

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Joachim Schmid

Michael Koch verfasste am 02.07.04 19:50:

Oweh, jetzt wirds heftig.

Für dein Problem nicht. Achsparallelitätsfehler können vielleicht mit einer Verzahungsauslegungssoftware berücksichtigt werden. Die üblichen Grenzwerte gehen von der aus Eingriffsfehlern resultierenden Haltbarkeitsverminderung der Verzahnung aus, nicht von der geometrischen Grenze.

Joachim

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Joachim Schmid

Hallo Joachim,

Die Vorgaben sind:

  1. Standard-Zahnräder die man ab Lager kaufen kann.
  2. Das Flankenspiel im Arbeitseingriff ist fast Null.

Der Rechenweg ist im Prinzip klar, nur ich hatte gehofft dass es dafür fertige Formeln oder Tabellen gibt...

Aber trotzdem vielen Dank für's Nachdenken !!!

Michael

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Michael Koch

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