1=2E Ich w=FCrde gern wissen, warum man Wasser erst =FCberhitzen muss, um es zu verdampfen. Urspr=FCnglich nahm ich an, dass der Verdampfungsprozess mit erreichen der Siedelinie beginnt. Dies ist aber laut Van P. Carey "Liquid-vapor phase change phenomena" nicht der Fall. Wieso?
2=2E Van P. Carey spricht ausserdem von metastabilen Zust=E4nden zwischen der Siedelinie und der Fl=FCssigkeitsspinodal-Linie bzw. zwischen der Dampfspinodal-Linie und der Taulinie. Die Spinodal-Linien schliessen einen nicht-stabilen Bereich ein (Kriterium der mechanischen Stabilit=E4t (dP/dV) < 0 bei konstanter Temperatur nicht erf=FCllt). Existieren dann Zust=E4nde in diesem Bereich nicht?
Auch falsch. Wasser verdampft immer dann wenn der H2O-Partialdruck der Umgebungs(-luft) kleiner als der Dampfdruck von H2O bei gegebener Temperatur ist.
Das heisst nur das man den überkritischen Zustand (hier Wasser mit Siedeverzug) nicht bis zu beliebig hohen Temperaturen treiben kann. In gewissen Grenzen ist ein labiler Gleichgewichtszustand möglich.
Zitat: " ... In real vaporization processes, some liquid in the system ist almost always superheated above the equilibrium saturation temperature. Likewise, the initiation of condensation processes usually is achieved in real systems only after at least a portion of the vapor phase has been supercooled below its equilibrium saturation temperature. ..."
Ich h=E4tte vielleicht dazu schreiben sollen, dass sich in dem betrachteten System nur Wasser befindet und daher in die Berechnungen, Wasserdampftafeln und die typischen Grafiken f=FCr das System Wasser/Wasserdampf zum Einsatz kommen. Luft ist bei dem betrachteten System keine Komponente.
Ich habe mir vor geraumer Zeit mal folgende(s) "Eselsbrücke/Modell"gebaut, um mir die Zusammenhänge klar werden zu lassen: Stell Dir einen Topf mit kaltem Wasser vor, der bei Dir zuhause auf dem Herd steht. Die oberste Molekülreihe "sieht" als Partialdruck von Wasser den Partialdruck des Wasserdampfes in der Luft. Aus dieser Reihe kann also fröhlich Wasser verdampfen. Dieses Verdampfen aus der obersten Reihe nennt man wohl verdunsten. Schon die zweite Molekülreihe sieht als Partialdruck von Wasser den Umgebungsdruck von 1 bar. Der Gesamtdruck ist ja 1 bar und es gibt nur Wasser; also ist der Partialdruck genauso hoch. Bei diesem Partialdruck braucht es zum Verdampfen eine viel höhere Temperatur, nämlich 100°C. Jetzt heizen wir den Topf gleichmäßig von unten mit der Herdplatte. Es gibt folgende Effekte:
- Der Druck im Kochtopf ist unten um die statische Säule höher als oben.
- Bei einem großen Kochtopf macht das schon mal was aus. Blasen, die
- unten an der Heizplatte aufsteigen, können in kälteren Zonen oben
- wieder kondensieren. Relativ unten aufgeheiztes Wasser treibt nach
- oben und flash dort erst aus, sprich, das Wasser, welches unten bei
- leicht erhöhter Temperatur und Druck noch soeben unterkühlt ist, ist
- es in Regionen geringerer Höhe, also geringeren Druckes, schon nicht
- mehr.
Allein unter Zugrundelegung o.a. Aspekte ist es also möglich, in einem Kochtopf bei Umgebungsdruck von 1 bara eine Temperatur von über 100°C zu messen. Dabei muss der "Siedeverzug" noch nicht einmal als Ursache herhalten. Der 100°C/1 bar-Zusammenhang ist m.E. auch lediglich eine Gleichgewichtsbedingung. Beim Phänomen des Siedeverzugs ist diese Bedingung nicht gegeben, so daß dieser Zusammenhang auch nicht zwangsläufig erforderlich ist. Als Erklärung für den Siedeverzug dient der Begriff des "Fehlen von Kondensationskeimen" bei langsamem, ruhigem Sieden. SCNR: Das ist in etwas vergleichbar mit Susanne als 8-jährige beim abendlichen Fernsehgucken: Wenn sie sich ganz ruhig verhält, dann wird den Eltern schlagartig erst um 22:00 Uhr klar, daß Klein-Susi ja längst ins Bett gemusst hätte. Wäre Klein-Susi ständig rumgelaufen und hätte rumgenörgelt, wäre sie analog der Gleichgewichtsbedingung 07:30 Uhr/Schlafen brav verschwunden.
Da kann ich Dir nichts mehr zu sagen; zu lange her:-)
Am 22 Jun 2006 09:58:14 -0700 schrieb Susanne Becker:
Wie denn das? Machst du Siedeversuche im Vakuum? Aber Scherz beiseite. Sieden und schlichtes Verdampfen sind verschiedene Schuhe. Die verzögerten Phasenübergänge bei H2O sind ein echtes technisches Problem. Solche Diagramme kritischer Bereiche habe ich noch nie gesehen. Hat der Autor die experimentell bestimmt? Das dürfte nicht ganz einfach sein. Oder hat er die Bereiche theoretisch abgeleitet? Solche kritischen Bereiche gibt es bei vielen Stoffen, ist aber bei H2O durch die hohen Bindungsenergien wohl besonders stark ausgeprägt.
Da liegst du gar nicht mal so falsch. In sogenannten W=E4rmerohren (heat pipes) wird bei der Herstellung zun=E4chst ein Vakuum erzeugt und dann die Fl=FCssigkeit eingeleitet, z.B. Wasser. Solche heat pipes sind z.B. zur K=FChlung von Elektronikbauteilen (Prozessork=FChlung) ganz n=FCtzlich. F=FCr solch ein Einkomponentensysteme gibt es Diagramme (z.B. p-V-Diagramme) und Tabellen, aus denen die Siede- und die Taulinie hervorgeht. Beide Linien treffen sich im kritischen Punkt. Siehe auch Thermodynamik - Vorlesung. Zur Verdeutlichung des Unterschiedes zw. einem Einkomponentensystem (Wasser und Wasserdampf) und einem Zweikomponentensystem (Wasser, Wasserdampf und Luft) hier mal ein Link von Wiki
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hier das p-V Pasendiagramm von Wasser (eine Komponente)
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Da schau dir mal das p-V Diagramm an. Na, erinnerst du dich wieder?
Danke, liebe Gr=FC=DFe und eine sch=F6ne WM noch, Susanne
Danke sch=F6n! Ich denke es hat geklickt: Da die Fl=FCssigkeit nicht gleichm=E4=DFig erw=E4rmt wird, die Temperaturerh=F6hung also anisotrop ist, bildet sich an der verdampfernahen Wand eine Fl=FCssigkeit aus, die aufgrund des erh=F6hten (hydrostatischen) Druckes im Topf eine h=F6here Verdampfungstemperatur braucht, als z.B. die Fl=FCssigkeit an der Oberfl=E4che. Der Siedeverzugeffekt kommt dann noch hinzu... und viola fertig ist die =DCberhitzung.
Dein Hinweis mit der Gleichgewichtsbedingung war auch sehr gut.
Da w=FCrd ich doch zu gern wissen, ob die p-V, T-s - Diagramme usw., bzw. die Nassdampftafeln auf Berechnungen oder auf Messungen beruhen und wie genau die sind.
Wegen der zweiten Frage werde ich wohl einen Thermoprof fragen gehen am Mittwoch.
Ach ja... klein Susi musste immer p=FCnktlich nach dem Sandm=E4nnchen ins Bett. Egal wir ruhig sie sich verhalten hat.... ;-)
Du verwechselt 'homogen' (= an allen Orten gleich) und 'isotrop' (= in alle Richtungen gleich". Die Erwärmung ist inhomogen, flüssiges Wasser ist aber isotrop.
Am 23 Jun 2006 05:31:14 -0700 schrieb Susanne Becker:
Die beruhen auf Messungen. Genauigkeit 0.1 Kelvin darfst du annehmen. Andere Grössen analog weil T am schwierigsten messbar ist. Also per Daumen: Genauigkeit/Fehler unter 1%. Die Messgrenze liegt bei ca. +-1/1000 Kelvin, aber das überlässt man besser der PTB für Eichzwecke.
Wenn der Topf von unten erw=E4rmt wird kann man eine Temperaturerh=F6hung (dT/dt) an einer Stelle im Raum zu einer bestimmten Zeit messen oder auch simulieren. W=FCrde der Topf von oben erw=E4rmt werden, w=FCrde die Temperaturerh=F6hung an dieser Stelle zur gleichen Zeit ganz anders aussehen. Deshalb sehe ich die Temperaturerh=F6hung hier als richtungsabh=E4ngig an. =DCberzeugt oder nicht? Die Temperaturverteilung ist w=E4hrend der Erw=E4rmung inhomogen. Da stimme ich voll zu.
Wichtig in dem Zusammenhang ist noch, daß die Diagramme für Gleichgewichtsbedingungen gelten. In solchen Versuchen gibt es keine Kochplatten oder kalte Wände. Hochpräzise habe ich sowas noch nicht gesehen, das dürfte aber aussehen wie ineinander geschachtelte Wärmebäder. Und es dauert ewig lange bis der Gleichgewichtszustand da ist.
^^^^^^^^^^^^^^^^Aha, es geht also um Homogenität und nicht um Isotropie!
'Isotropie' ist die Eigenschaft eines Mediums. In diesem Fall die Wärmeleitfähigkeit des Wassers isotrop. In isotropen Medien kann selbstverständlich ein Gradient einer Eigenschaft auftreten, also beispielsweise ein Temperaturgradient.
Da die lokale Temperatur eines Mediums ebenfalls eine physikalische Eigenschaft ist, bin ich auch auch geneigt, die der Deinigen entgegenstehende Definition des Fachbuchs zu glauben.
nachdem wir uns nun ziemlich lange =FCber dies und das unterhalten haben, m=F6chte ich dieser Diskussion gern noch hinzuf=FCgen, was ich zu meiner ersten urspr=FCnglichen Frage herausgefunden habe. Qelle: Karl Stephan, W=E4rme=FCbergang beim Kondensieren und beim Sieden, Springer-Verlag, Stuttgart, 1987
Gilt f=FCr das Blasensieden: Betrachtung des Kr=E4ftegleichgewichts an einem Fl=E4chenelement einer Dampfblase ergibt p_G =3D p_L + 2sigma/r Hier sind p_G der Druck des Gases in der Dampfblase, p_L der Druck der umgebenen Fl=FCssigkeit, sigma die Oberfl=E4chenspannung und r der Radius der Dampfblase. Das war die Bedingung f=FCr das mechanische Gleichgewicht.
Die Bedingung f=FCr das stoffliche Gleichgewicht ist: m=FC_G(pG,theta) =3D m=FC_L(pL,theta) Hier sind m=FCG und m=FCL die chemischen Potentiale der beiden Phasen. Nach mehreren Umformungen und unter Ber=FCcksichtigung der Clausius-Clapeyron' schen Gleichung l=E4sst sich daraus auch die ben=F6tigte =DCberhitzung delta_theta berechnen. Gibt man also nicht die Siedetemperatur theta des Systems Fl=FCssigkeit
- Dampfblase sonderen dessen Dampfdruck p_0 vor, so muss die Fl=FCssigkeit um delta_theta =FCberhitzt sein, damit eine Dampfblase vom Radius r mit der Fl=FCssigkeit im Gleichgewicht ist.
F=FCr alle die mehr =FCber das Sieden und seine mathematische Beschreibung wissen m=F6chten, kann ich das o.g. Buch nur empfehlen.
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