Ein Trafo ist ein gar nicht so einfaches Gebilde, meinte ich, als ich über das Ersatzschaltbild von folgendem Trafo mit einem Bekannten diskutierte: Ein Trafo mit M-Kern, aber abweichend vom Normalen sind die zwei Sekundärspulen nicht auf dem mittleren Steg wie die Primärspule, sondern eine ist auf dem linken, die andere auf dem rechten äußeren Steg. Der Einfachheit halber werde angenommen, dass alle drei Spulen die gleiche Windungszahlen haben und dass keine (nenneswerte) Streuung auftritt. Wie sieht das Ersatzschaltbild aus?
Und wie sieht es also aus, wenn die Streuinduktivitäten gegen Null gehen?
Genau!
Nein, Scherz beiseite: Es ist einfach o. a. Ersatzschaltbild. Man sieht es ein, wenn man reihum eine oder mehrere Klemmen an Spannung legt, offen läßt oder kurzschließt.
Zwei offen, eine an Spannung: An den offenen liegt die gleiche, halb so hohe Spannung an, es fließt ein kleiner Magnetisierungstrom (der Magnetfluß verteilt sich über beide Rückflußschenkel).
Eine der offenen Klemmen wird kurzgeschlossen: Der Kurzschlußstrom verdrängt das Feld aus diesem Schenkel, der magnetische Kreiswiderstand nimmt zu (von 1,5 auf 2), entsprechend nimmt die Induktivität ab und der an der Spannungsquelle aufgenommene Strom um
Es sind also die drei Streuinduktivitäten gleich der Hauptinduktivität (unter der Voraussetzung unendlich dicker, als magnetisch widerstandsloser Joche.)
"Ralf . K u s m i e r z" schrieb im Newsbeitrag news: snipped-for-privacy@mid.uni-berlin.de...
Hallo Ralf,
an Deinem Ersatzschaltbild erkenne ich nicht so recht die folgenden Eigenschaften des Trafos:
Unbelastet oder gleich belastet ist jede Sekundärspannung gleich der Hälfte der Primärspannung.
2.Wird die eine Sekundärwicklung belastet, so sinkt deren Spannung und im gleichen Maße steigt die der anderen S-Wicklung - bis bei Kurzschluss die Spannung der unbelasteten (idealerweise) gleich der P-Spannung ist.
Oder meinst Du, die Trafo-Eigenschaften seien nicht so?
Unbelastete Sekundärwicklungen: Der "Sternpunkt" (rechts oben) liegt auf der halben Primärspannung (Streuinduktivität = Hauptinduktivität: Spannungsteiler), die Sekundärspannungen auch.
Belastung einer Sekundärwicklung mit der Impedanz Z_L: U_Stern/U_prim = 1 / (1 + Z/((Z + Z_L) || Z)) = 1 / (2 + 1 / (1 + Z_L/Z))
U_sek/U_Stern = 1 / (1 + Z/Z_L)
U_sek/U_prim = 1 / (2 + 3*Z/Z_L)
Die Spannung der offenen Sekundärwicklung ist gleich der "Sternspannung".
Kurzschluß einer Sekundärwicklung: Die Spannung der offenen Sekundärwicklung ist 1/3 der Primärspannung.
Hm, das stimmt wohl alles nicht: Wenn die drei Wicklungen parallelgeschaltet werden, dann sollte die Impedanz verschwinden, also die Schaltung einen Kurzschluß darstellen, weil sich kein Hauptfluß ausbilden kann. Dann müßte aber
Hauptimpedanz = -Streuimpedanz/3 ZH = -ZS/3
sein.
Mit den sekundären Lastimpedanzen Z1 und Z2 hätten wir dann
^ Dreck. Da muß natürlich auch ein Vorfaktor 2 hin. (Kommt von der Faulheit der automatischen Austauschung der Indexziffern.)
Überprüft?
Naja, im Idealfall aber schon eine ziemlich lineare Angelegenheit.
Bei Deiner Aufgabe bin ich beim Reindenken ja offensichtlich erst einmal gründlich auf die Nase gefallen, weil ich intuitiv unberechtigterweise negative Werte ausgeschlossen hatte. Interessant ist die Aufgabe aber u. a. deshalb, weil sie eine unmögliche Voraussetzung enthält: Wie das Beispiel "alle drei Wicklungen an der gleichen Spannung" zeigt, ist die Voraussetzung "daß keine (nennneswerte) Streuung auftritt", physikalisch unerfüllbar, weil dann nämlich der gesamte Fluß zum Luft-(=Streu-)Fluß wird und der "Trafo" nur noch eine sehr geringe (induktive) Impedanz darstellt.
Als Übungsaufgabe verpassen wir dem jetzt mal auch für diesen Fall einen magnetischen Rückschluß, nehmen also einen Vier- oder Fünfschenkelkern mit drei bewickelten Schenkeln, und diesmal darfst Du das Ersatzschaltbild mit den quantitativen Verhältnissen der Elemente angeben.
es zeigt, mit dem wesentlichen Unterschied, dass rechts zwei
Das fällt doch schon durch den "Idiotentest" durch: Wir hatten hier einen (dreizählige) Symmetrie vorausgesetzt, also muß sich das Ersatzschaltbild auch in einer entsprechenden symmetrischen Form angeben lassen - das ist bei der angegebenen Variante offenbar nicht der Fall.
Was weiß man denn a priori über das Ersatzschaltbild?
Da wir die Verhältnisse einfach mal als ideal verlustfrei annehmen, kommen darin keine reellen Impedanzen vor, wir können uns also auf rein imaginäre Elemente beschränken. Ideale Transformatoren brauchen wir nicht: Die sind nur dazu da, um ein von 1:1 verschiedenes Übersetzungsverhältnis darzustellen - das kommt hier aber eigentlich nicht vor, weil die drei Windungszahlen gleich sind.
(Cave! Betrachtet man den Zweischenkelkern mit zwei gleichen Wicklungen, so stellt man fest, daß das Übersetzungsverhältnis nicht
1:1, sondern -1:1 ist (Durchflutung "verkehrtherum"). Nun ist es aber in dem Dreiwicklungsfall nicht damit getan, einfach einen oder zwei ideale Transformatoren mit dem Übersetzungsverhältnis -1:1 einzusetzen, denn dann findet sich immer ein Paar Klemmen, zwischen denen die Spannung nicht invertiert wird - so geht es also nicht - braucht man aber auch nicht.)
Wie sieht denn das allgemeine Ersatzschaltbild aus? Wir haben drei Klemmenpaare; o. B. d. A. kann man nun je einen Anschluß auf "Masse" legen, also drei der Klemmen zu einer zusammenfassen, denn das ändert nichts an der Stromverteilung, wenn man die drei angeschlossenen Spannungsquellen als galvanisch getrennt unterstellt. Mithin haben wir dann eine Schaltung mit vier Klemmen K1, K2, K3 und K4 (=M). Bei der Ersatzschaltung handelt es sich um ein lineares Netz, das sich durch je eine Impedanz zwischen je einem Klemmenpaar darstellen läßt, also insgesamt sechs Impedanzen.
Aus Symmetriegründen müssen je drei der Impedanzen gleich sein, also
Die Aufgabe besteht also darin, die beiden unabhängigen Elemente Z_A und Z_B des Ersatzschaltbildes zu bestimmen bzw. genau genommen das Verhältnis Z_A/Z_B, denn das Problem läßt sich auf das Quadrat der Windungszahl normieren, die in dem angegebenen Verhältnis herausfällt.
Dafür legt man, ebenfalls o. B. d. A., an die Klemme 1 die Spannung U_prim an und betrachtet z. B. die Spannung U2 bei offener und bei kurzgeschlossener Klemme 3.
Aus dem Ersatzschaltbild erhält man dafür Ausdrücke, die nur von U_prim, Z_A und Z_B abhängen.
Die Spannung U2 kennt man aber schon vorher aus der Physik der Anordnung: Der in 1 hineinfließende Strom I1 erzeugt in dem betreffenden Schenkel einen Magnetfluß, der sich gleichmäßig auf die anderen zur Verfügung stehenden Schenkel aufteilt. Zur Verfügung stehen diejenigen Schenkel, die keine Bewicklung oder eine Wicklung mit offener Klemme haben. Im ursprünglichen Dreischenkelfall fließt also durch jeden der beiden anderen Schenkel der gleiche, halb so große Fluß, und also sind bei offenen Sekundärklemmen die beiden Sekundärspannungen
U2 = U3 = -U_prim/2
(Vorzeichen wegen der Flußrichtung).
Bei kurzgeschlossener Klemme 3 wird durch den dort fließenden Sekundärstrom der Fluß aus diesem Schenkel vollständig verdrängt, er kann nun nur noch durch den Schenkel 2 fließen und ist dort genauso hoch wie in Schenkel 1, also folgt
U2 = -U_prim .
Die beiden bekannten Spannungen werden in die beiden Gleichungen für das gegebene Netz eingesetzt und daraus dann die beiden Impedanzen bestimmt - fertig.
Wenn mehr als drei Schenkel vorhanden sind, dann ist das Vorgehen analog, man muß nur berücksichtigen, daß sich der Fluß dann auf mehrere Schenkel verteilt. An dem o. a. Schaltbild ändert sich nichts. Man kann es aber zu dem zuvor angegebenen vierstrahligen Stern vereinfachen.
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