Belastungsversuche in der Biedermeierzeit: Drahtbün del tragen vielfach mehr als Eisenstangen

Belastungsversuche in der Biedermeierzeit: Drahtb=FCndel tragen vielfach mehr als Eisenstangen

G.H.Dufour hatte die Dr=E4hte zweier Drahtfabriken auf Haltbarkeit getestet, bevor er sich an den Bau einer Drahtseilbr=FCcke in Genf wagte. Ihm standen die Dr=E4hte der Fabriken Laferri=E8re und St.Gingolf zur Verf=FCgung. Er untersuchte, in Versuchsreihen zwischen sieben und 25 Versuchen, Dr=E4hte von unterschiedlichem Durch- messer. Es wurden von jeder Drahtst=E4rke immer Dr=E4hte gleicher Qualit=E4t verwendet. Die Drahtst=E4rke war im Durchmesser 0.85, 1.90, 2.10, 2.75 und 3.70 Millimeter.

Man m=FC=DFte untersuchen, wo zu gleicher Zeit und da- vor oder danach, Dr=E4hte gleichbleibender Qualit=E4t her- gestellt werden konnten, die beim Drahtseilbr=FCckenbau Anwendung fanden. Diese Dr=E4hte werden in dem Auf- satz von 1837 "schmiedeeiserne Dr=E4hte" genannt. (1)

Bevor Dufour seine Belastungsversuche dieser "schmie- deeisernen Dr=E4hte" begann, waren bereits "Eisenstan- gen" auf Zug belastet worden. "Eisenstangen bei 6 Mil- lim. Querschnittsfl=E4che" konnten "nicht =FCber 40 bis 45 Kilog." Belastung aushalten. St=E4rkere Eisenstangen versagten bei "25 bis 30 Kilogr. pr.Quadratmillimeter". Im Vergleich dazu schnitten die Dr=E4hte besser ab:

"Aus den /.../ Versuchen kann man schlie=DFen, da=DF Dr=E4hte von 1 bis 4 oder 5 Millim.Dicke, welche Sorten in der Anwendung am h=E4ufigsten vorkommen, im Mittel

60 Kilogramme pro Quadrat-Millimeter tragen k=F6nnen." (2)

Andererseits stellte man fest, da=DF gewundene Dr=E4hte nicht sehr haltbar sind:

"Ein sehr beachtenswerther Umstand ist die bedeuten- de Verminderung der Tragkraft bei Dr=E4hten, wenn die- selben in einander gewunden oder =FCber einen Ring oder eine Schiene von geringem Durchmesser gebogen werden. Dufour bemerkte, da=DF solche Dr=E4hte jederzeit an der Stelle der Biegung unter einem sehr geringen Gewichte zerrissen." (3)

Was bedeutete das f=FCr den Drahtseilbr=FCckenbau?

Das Problem war bereits im Jahre 1836 ausgiebig dis- kutiert worden. Es wurde 1837 nochmals wiederholt zur Diskussion gebracht:

"Es ist am rathsamsten, solche Biegungen oder Win- dungen wo m=F6glich zu vermeiden, und sich zur Her- stellung aller Verbindungen zwischen einzelnen Dr=E4h- ten, sowohl der Quere als der L=E4nge nach, der B=E4n- der von ausgegl=FChtem Drahte zu bedienen, die einzel- nen Dr=E4hte, aber ganz und gerade und parallel zu ein- ander zu belassen /.../." (4)

Dr=E4hte b=F6ten zudem den Vorteil, gut handhabbar zu sein, und man k=F6nne einen beliebigen Querschnitt mit Dr=E4hten erzeugen, ohne da=DF Probleme auftau- chen, w=E4hrend man bei Eisenstangen gleichen Quer- schnitts "von unganzen Stellen und Luftblasen im Innern" betroffen sein kann, die zudem "bei st=E4rkeren Eisenschienen nicht bemerkt werden k=F6nnen", wie der Metallurg Karsten feststellte. Er hatte alle Be- lastungsversuche in Frankreich und England mitein- ander verglichen. (5)

Neben Dufour machte auch Seguin Belastungsver- suche mit Dr=E4hten. Dazu wird gesagt:

"Da nun nach Dufour und Seguins Versuchen Dr=E4hte bei 3 Millimeter Querschnitt wenigstens 75 Kilogr. zu tragen verm=F6gen, so sieht man, da=DF Dr=E4hte sich gegen Eisenstangen r=FCcksichtlich ihrer absoluten Festigkeit nahe wie 100:53 verhalten." (6)

Das Verh=E4ltnis ist beeindruckend.

Nun seien die Kritiker von Drahtseilbr=FCcken hingegan- gen und h=E4tten behauptet, "da=DF die Eisendr=E4hte, in- dem sie zu Tauen vereinigt mehr Ber=FChrungsstellen darbieten, der Oxidazion eher unterliegen m=FC=DFten, als einzelne Eisenstangen." Man habe jedoch festgestellt, da=DF mit Firnis =FCberzo- gene Dr=E4hte auch nach acht Jahren, selbst bei Ver- nachl=E4ssigung der Drahtseilbr=FCcke, "nach Hinweg- nahme des Firnisses" =FCber Dr=E4hte verf=FCgte, die "voll- kommen gl=E4nzend und unangegriffen erschienen". (7)

Als Ergebnis kam zustande:

"Man kann diese Oxidazion schon durch einen ge- w=F6hnlichen Anstrich von Bleiwei=DF gro=DFentheils ver- h=FCten. G=E4nzlich w=FCrde man wohl dagegen gesichert sein, wenn man sich statt dieses Anstriches einer Kautschuk-Aufl=F6sung bedienen w=FCrde." (8)

Daraus folgt =FCberraschend: Drahtseilbr=FCcken machten in der Biedermeierzeit viel Sinn. Sie boten deutliche Vorteile und waren sehr haltbar. Es kam trotzdem zu Br=FCckeneinst=FCrzen.

Es ergeben sich viele Fragen zur Produktion von Drahtseilen und ihrer Zusammenf=FCgung zu Drahtb=FCn- deln. In der Biedermeierzeit ist die Rede von "schmie- deeisernen Dr=E4hten", die zu Drahtseilb=FCndeln geformt werden. Nat=FCrlich m=FCssen es spannende Vorg=E4nge gewesen sein, solche Drahtseile vor Ort auf der Bau- stelle auszuspannen und zu verankern. Wie das ge- macht wurde, ist die Frage. Schilderungen solcher Vorg=E4nge lassen sich auswerten.

Da=DF sich die Drahtproduktion sehr bald in Moderni- sierungssch=FCben weiterbewegt hat, und sich auch die Drahtseile dadurch ver=E4ndert haben werden, m=FC=DFte genauer ins Verst=E4ndnis gehoben werden. Folglich ist dem nachzugehen. Dabei w=E4re die Literatur in Nord- amerika, England, Frankreich, im Deutschen Bund, in der Schweiz und anderswo auszuwerten, wo der Drahtseilbr=FCckenbau eingesetzt hatte. Die Urspr=FCnge der Drahtseilherstellung sind genauer zu kl=E4ren.

K.L.

Dieser Text von Karl-Ludwig Diehl wurde in

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Diskussion gestellt. Der Autor ist =FCber folgende Emailadresse erreichbar: baugeschichte (at) email.de

Anmerkungen: (1) o.A.: Ueber die Festigkeit der Eisendr=E4hte. S.46-48 in: Allgemeine Bauzeitung. Wien, 1837 (2) zitiert aus: o.A., wie vor, S.46 (3)-(4) zitiert aus: o.A., wie vor, S.47 (5) siehe genauer: o.A., wie vor, S.46f. (6) zitiert aus: o.A., wie vor, S.48 (7) siehe: o.A., wie vor, S.48 (8) zitiert aus: o.A., wie vor, S.48

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Karl-Ludwig Diehl
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"Karl-Ludwig Diehl" schrieb im Newsbeitrag news: snipped-for-privacy@f63g2000hsf.googlegroups.com... ..

Hi, da war kürzlich in SPON ein netter Artikel zur Newyorker Brooklyn-Bridge (?) und ihrer Drahtseil-Tragekonsruktion.

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gUnther nanonüm

Hallo Herr Nano+n=FCm,

Sie meinen diesen Text:

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Mir war er nur zuf=E4llig begegnet.

Interessant w=E4ren nat=FCrlich Hinweise auf die ersten Anf=E4nge des Drahtseilbr=FCckenbaus in den USA, zumal es 1836 in der Allgemeinen Bauzeitung so gesehen wurde, als haben die Anf=E4nge dieser Bauweise in den USA stattgefunden.

K.L.

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Karl-Ludwig Diehl

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