Br=FCckenbau in der Biedermeierzeit im Piemont: Turin will eine moderne Stadt werden
Man hatte in Turin die Festungswerke um die Stadt nie- dergelegt, um eine geordnete Stadterweiterung vorneh- men zu k=F6nnen. Nun stand man vor der Frage, wie der Flu=DF Dora mit einer Br=FCcke gro=DFer Eleganz =FCberquert werden kann. Die alte Br=FCcke aus Holz war bauf=E4llig ge- worden:
"Die Nothwendigkeit der Erbauung einer neuen Br=FCcke =FCber den Flu=DF Dora Riparia, welcher Turin, die dermali- ge Hauptstadt Piemonts, an der n=F6rdlichen Seite be- gr=E4nzt, wurde durch den g=E4nzlichen Verfall der ehedem bestandenen, =E4u=DFerst unbequemen Br=FCcke von Holz herbeigef=FChrt, und es wurde daher in dem Jahre 1823 zu den Einleitungen geschritten, um den alten Bau durch einen neuen, soliden und den Bed=FCrfnissen voll- kommen entsprechenden zu ersetzen." (1)
Die Stadt wuchs und war dabei, sich zu einer moder- nen Verkehrsdrehscheibe zu entwickeln. Die rascher zunehmende Bev=F6lkerung erzwang den Bau neuer Stra=DFen und Geb=E4ude. Auch dies steigerte den inner- st=E4dtischen Verkehr. Der Standort der neuen Br=FCcke wurde so gew=E4hlt, da=DF er in den Gesamtplan der be- absichtigten "Stadtversch=F6nerung" hineinpa=DFte. Man entschied sich f=FCr eine gradlinige Querung des Flu=DFes durch eine "Br=FCcke von Stein mit einem einzigen Br=FCckenbogen":
"Die Weite der Spannung des Bogens betr=E4gt 45 Me- ter, die H=F6he desselben aber im Lichten 5.50." (2)
Es wurde darauf geachtet, die Br=FCcke ausreichend breit anzulegen:
"Die Gesammtbreite der Br=FCcke betr=E4gt dagegen 12.70 Meter, welche sich mit 7.50 f=FCr die Fahrbahn, mit 0.60 f=FCr jede der Wasserabzugsrinnen, mit 1.60 f=FCr jedes Trottoir, und endlich mit 0.40 f=FCr jede der beiden Para- pettmauern vertheilen." (3)
Die Breite der Br=FCcke war nat=FCrlich mit der Breite der Hauptstra=DFen der Stadt in =DCbereinstimmung gebracht worden.
Um diese moderne Br=FCcke bauen zu k=F6nnen, deren Steinbogen aus gro=DFen Quadern sehr flach gehalten wurde, waren nicht nur gut =FCberlegte Widerlager, son- dern auch Flu=DFregulierungsarbeiten und solide Ufer- befestigungsanlagen notwendig, die in ihrer Durchge- staltung =E4hnliche Qualit=E4t annehmen mu=DFten wie die Br=FCcke selbst. Gute Baukunst mu=DFte in beiden F=E4llen erreicht werden.
"Das Fundamentmauerwerk der Uferwiderlagen und Fl=FCgel, so wie jenes der Ufermauern, beginnt in einer Tiefe von 2 Meter unter dem niedrigsten Wasserstan- de des Flusses, und theilt sich in zwei Abs=E4tze von einem Meter H=F6he, wovon jeder gegen das Land um
0.20, gegen die Wasserseite aber um 0.40 vor dem zun=E4chst h=F6her liegenden Mauerwerke vorspringt." (4)Man hatte vor der Aufmauerung des Fundamentmau- erwerkes "Piloten" in eine Tiefe von etwa 6 m einge- rammt und darauf einen "Pfahlroste von Eichenholz" angebracht. Dar=FCber erst wurde gemauert. Man w=E4hl- te als =E4u=DFere Ummantelung Grundmauerwerk "aus roh bearbeiteten Quadern", die F=FCllung wurde aus "Bruchsteinen" hergestellt. Man hatte =FCbrigens den Zwischenraum der Rammpf=E4hle und dem des Eichen- holzrostes "durch ein aus Kieseln und Zementm=F6rtel gebildetes Gu=DFmauerwerk ausgef=FCllt".
Die aufsteigenden Mauern =FCber dem Fundament- mauerwerk wurden "mit einer rein bearbeiteten Qua- derverkleidung" ummantelt, "wobei Laufer mit B=FCn- der wechseln". Dadurch verband man die Verblen- dung sehr gut mit dem Hintermauerwerk aus Bruch- steinen. Es mu=DFte gut darauf geachtet werden, da=DF alle Fugen gut geschlossen waren. Aus gut zuge- schnittenen Steinen waren die Einw=F6lbung der Br=FCcke, ihr Gesims und das aufsteigende Mauerwerk der "Parapettmauern" zu errichten. Auch das Trottoir sollte, aus sch=F6n zugeschnittenen Steinen hergestellt, genauso wie das =FCbrige Mauerwerk der Br=FCcke sehr viel Sch=F6nheit ausstrahlen. Man wollte der Stadt durch die Br=FCckengestalt viel Glanz verleihen.
Man hatte bei dem Aufbau des Bogenger=FCstes, auf welches die Keilsteine des Br=FCckenbogens bei der Vermauerung zu liegen kamen, darauf geachtet, da=DF sich der Bogen nach der Ausr=FCstung senken wird. Das Bogenger=FCst wurde deshalb am Scheitel des Bogens um 0.26 m h=F6her ausgelegt. Als man den fertig gemauerten Br=FCckenbogen ausr=FCstete, senkte er sich "w=E4hrend eines Zeitraumes von 5 Tagen am Schlu=DFsteine um 0.15 Meter". Daraufhin sch=FCttete man eine Kiesmenge auf, die dem Gewicht der sp=E4- teren Aufmauerung bis zur Fahrbahnh=F6he in etwa entsprach, was zu einer weiteren Senkung des Bogenscheitels um 4 cm f=FChrte. Danach belie=DF man den Bogen mit einer minimalen =DCberh=F6hung von 7 cm und bewegte den aufgesch=FCtteten Kies wieder von der Br=FCcke weg, um die vorgesehene exakte Auf- mauerung mit den zugeschnittenen Naturwerkstei- nen vorzunehmen.
Als die riesigen Gesimssteine und die "Parapettmau- ern" versetzt waren, wurde das gesamte Verblend- mauerwerk der Br=FCcke sorgf=E4ltig gereinigt. Man be gann auch damit, alle Fugen zwischen den Quadern der Br=FCcke bis zu einer gewissen Tiefe auszukratzen, um sie danach mit Kalkmilch auszuwaschen. Dann wurde ein Bindemittel aus Kalk, Marmorstaub und aus "zu Pulver gesto=DFenen Steinen von der Qualit=E4t der Quadern" hergestellt, dem "der leichtern Erh=E4r- tung wegen eine kleine Quantit=E4t von Eisenschlacken beigemischt wurde". Damit f=FCllte man die freigekratz- ten Fugen sorgf=E4ltig aus und gl=E4ttete sie. Nachdem darauf geachtet war, da=DF jegliche Unsauberkeit vom Bauvorgang der Br=FCcke beseitigt war, konnte man sie nach etwa vier Jahren Bauzeit dem Verkehr =FCbergeben. (5)
Die Bev=F6lkerung der Stadt d=FCrfte mit der stattlichen Br=FCcke sehr zufrieden gewesen sein. Man m=FC=DFte genauer untersuchen, in welchem Umfang Turin in der Biedermeierzeit Modernisierungsma=DFnahmen traf. Es gibt dazu sehr viele Fragen, da diese Vor- g=E4nge allein in der Biedermeierzeit gut 50 Jahre um- fassen. Es m=FCssen damals sehr viele Geb=E4ude er- richtet worden sein, da sich die Stadt nach der Nie- derlegung der Festungsbauwerke rasch ausdehnte. Der Stadtentwicklungsproze=DF, der auch durch die- se moderne Br=FCcke =FCber die Dora Auftrieb erhielt, hatte neue Qualit=E4t. Was sich im Inneren des histo- rischen Stadtgebietes damals ver=E4nderte, d=FCrfte ge- nauso interessant sein. Eine Br=FCcke kann sehr viel Ver=E4nderung ausl=F6sen.
K.L.
Dieser Text von Karl-Ludwig Diehl wurde in
Anmerkungen: (1)-(2) zitiert aus: o.A.: Der Bau der Br=FCcke =FCber die Dora in Turin. S.145-147 in: Allgemeine Bauzeitung. Wien, 1848. S.145 (3)-(4) zitiert aus: o.A., wie vor, S.146 (5) siehe: o.A., wie vor, S.146f.