Eine H=E4ngebr=FCcke =FCber die Seine wird in der Biedermeierzeit gebaut: riesige gu=DFeiserne S=E4ulen, mit Beton ausgef=FCllt, dienen als Pylone f=FCr Drahtseile
In Frankreich wurde im Jahre 1834 die Stadt Rouen mit ihrer Vorstadt St.Severs auf der anderen Seite der Seine mit einer Drahtseilbr=FCcke verbunden. Wie an vielen Fl=FCs- sen in Europa, war auch hier eine alte Br=FCcke durch Eisplatten oder Hochwasser zerdr=FCckt worden und man behalf sich mit einer Schiffsbr=FCcke. Diese fanden sich auf Fl=FCssen sehr zahlreich in der Biedermeierzeit. Man m=FC=DFte ihnen eine eigene baugeschichtliche Forschung widmen, um die Ausbreitung solcher Anlagen in Erfah- rung zu bringen. Entweder bestanden sie vor Aufkom- men einer regul=E4ren festen Br=FCcke, oder nach dem Ver- lust einer festen Br=FCcke. Vermutlich ist dazu schon re- lativ viel geschrieben worden. Eine Sichtung der Lite- raturlage ist erforderlich.
Die Gr=FCnde, warum man diese Schiffsbr=FCcke endlich wieder weg haben wollte, sind genannt:
"Da sich /.../ in neuester Zeit die Reparaturkosten die- ser Schiffsbr=FCcke, welche au=DFerdem einen unangeneh- men Anblick darbot, und wo der Uebergang h=E4ufig hal- be Tage lang durch hindurchfahrende Schiffe unterbro- chen wurde, zu sehr anh=E4uften, so wurde die Regierung veranla=DFt, den Bau einer, mehr mit der Gr=F6=DFe und Wich- tigkeit der Stadt durch Bequemlichkeit und Sch=F6nheit im Einklange stehenden Br=FCcke anzuordnen." (1)
Die Wartezeit, =FCber den Flu=DF zu gelangen, war zu gro=DF. Einen halben Tag warten zu m=FCssen, ruinierte den Warenverkehr und machte Gesch=E4ftsbeziehungen schwierig.
Um herauszufinden, welcher Ingenieur zum Bau der Br=FCcke hinzugezogen werden sollte, wurde zu einem Br=FCckenbauwettbewerb aufgerufen. Man w=E4hlte daraus den Vorschlag der Gebr=FCder Seguin, die bereits =FCber Erfahrungen im Drahtseilbr=FCckenbau verf=FCgten. Sie begannen daraufhin im Jahre 1834 mit der Planung und Bauausf=FChrung der Br=FCcke.
Ihr Projekt hatte Bewunderung ausgel=F6st:
"Das von diesen beiden Ingenieuren vorgeschlagene und ausgef=FChrte Projekt, welches durch seine Gro=DF- artigkeit allgemeine Bewunderung erregte, besteht aus einer H=E4ngebr=FCcke von zwei Feldern, mit einem gro=DFen gu=DFeisernen Bogen in der Mitte der Seine (der L=E4nge nach), welcher sich auf zwei gemauerte Pfeiler st=FCtzt, und durch dessen W=F6lbung die Schiffe mittelst einer zwischen beiden Pfeilern liegenden Zugbr=FCcke passiren k=F6nnen." (2)
Ein Bogen stand also auf zwei Pfeilern. Man konnte eine Zugbr=FCcke hochziehen, soda=DF Schiffe passieren konnten. Dieses bewegliche Br=FCckenfeld wurde in einer "18 Met. Weite zwischen den Achsen beider Pfeiler" angelegt. Es gab dadurch zwei Mittelpfeiler im Flu=DF. Au=DFerdem gab es zwei Landpfeiler. Von Landpfeiler zu Landpfeiler war eine L=E4nge von 198 m projektiert worden. Von den beiden Landpfeilern bis zu dem jeweiligen Mittelpfeiler bestand eine Weite von jeweils 90 m L=E4nge. Also: 90+18+90 Meter.
Da zuvor der =DCbergang auf einer Schiffsbr=FCcke sehr schwierig war, da "halbe Tage lang" der Flu=DF f=FCr Schiffe freizuhalten war, fragt man sich nat=FCrlich, wieso eine Zugbr=FCcke unter einem Bogen mit den H=E4ngeseilbr=FCckenteilen bei einem Neubau kombiniert wurde. Das wird sich nur dann gelohnt haben, wenn die Schiffe so selten den Flu=DF passierten, da=DF sich ein schnelles =D6ffnen und Schlie=DFen der Br=FCcke be- werkstelligen lie=DF, ohne den =DCberlandverkehr auf der Br=FCcke zu sehr zu blockieren. Man darf also an- nehmen, da=DF vor dem Bau der Br=FCcke das Ver- kehrsaufkommen auf dem Flu=DF und auf der =DCber- landstrecke genau ermittelt worden war, um die richtige Ma=DFnahme abzuw=E4gen.
Wertet man die Einzelheiten der Br=FCcken in der Be- schreibung aus, erlebt man die Eigenart der Br=FCcke:
"Die Drahttaue gehen auf jeder Seite der Br=FCcken- bahn =FCber vier hohle gu=DFeiserne S=E4ulen, welche nach der L=E4nge und Quere zwei Mal, n=E4mlich in der Mitte durch gu=DFeiserne Bogen, und oben durch ein, als Deckgesimse behandeltes Querst=FCck ver- einigt, und mit einer eleganten eisernen Gallerie be- kr=F6nt sind." (3)
Das sagt, es waren vier gu=DFeiserne hohe S=E4ulen so auf den Ecken eines rechteckigen Grundrisses aufgestellt worden, da=DF sie einen schweren gemau- erten Pfeiler ersetzten konnten. Diese vier S=E4ulen wurden in der Mitte durch Querst=FCcke miteinander verbunden, und zwar "durch gu=DFeiserne Bogen". Ganz oben befand sich ein Deckgesims als Ab- schlu=DF, auf dem eine elegante eiserne Gallerie an- gebracht war.
Die gu=DFeisernen S=E4ulen wurden durch eiserne Bolzen an den Pfeilern festgemacht. Au=DFerdem f=FCllte man die hohlen S=E4ulen mit Kiessand und Betongu=DF aus. Sie waren dann sehr schwer. Leider wird nicht ausge- sagt, warum so vorgegangen wurde. Es wird aber an- gedeutet, da=DF diese Art der Vorgehensweise aus Stabilit=E4tsgr=FCnden ausgew=E4ht worden war. Man hatte wohl Belastungsversuche unternommen:
"Das ganze System /.../ erwies sich bei den Proben als h=F6chst stabil." (4)
Es wurden "sechs H=E4ngetaue neben einander" =FCber starke gu=DFeiserne "S=E4ttel" gezogen, die mit Bolzen auf den hohen S=E4ulen unverr=FCckbar verankert waren. Dadurch ergab sich ein H=E4ngebogen von 18 m Tiefe der Aush=E4ngung.
Es ist gesagt, da=DF diese H=E4ngebr=FCcke der Gebr=FCder Seguin einer anderen Br=FCcke namens "Conflans St. Honorine" sehr =E4hnlich ist. Man wird die Fachdiskus- sion zu dieser Br=FCcke verfolgen m=FCssen, um mehr Einzelheiten zu der H=E4ngebr=FCcke in Rouen =FCber die Seine zu erhalten. Andererseits kann man nach Be- schreibungen in anderen Fachzeitschriften suchen, die =FCber dieses Bauwerk vor, w=E4hrend und nach der Bauzeit informieren. Archivalien zur Br=FCcke in Rouen wird es irgendwo geben m=FCssen.
Die Br=FCcke von Conflans-Sainte-Honorine, die in der Linienf=FChrung "der k=F6niglichen Stra=DFe von Versailles nach Pontoise" =FCber die Seine gebaut wurde, wurde im Heft 40 der Allgemeinen Bauzeitung von 1836 besprochen, die ebenfalls, wie viele andere Fachzei- tungen, =FCber das Internet zug=E4nglich ist.
Die untergegangene Steinbr=FCcke von Rouen, die im
17.Jahrhundert mit zehn B=F6gen gebaut worden war, aber durch Eisgang des Flu=DFes unterging, w=E4re ei- ne Betrachtung wert, um sie im Kontext anderer Steinbr=FCcken abhandeln zu k=F6nnen.Es ist unbedingt n=F6tig, die H=E4ngebr=FCcke von Rouen auf Stilmerkmale des Baustils hin zu untersuchen. Es wird sicherlich so sein, da=DF trotz der Betonung der reinen Funktion aller Bauteile eine detallierte Gestaltung der Br=FCcke nicht unterblieb. Man wird sich also mit dem gesamten Formengut auseinan- derzusetzen haben. Erst bei einer Auswertung auch dieser Einzelheiten l=E4=DFt sich das Bauwerk wirklich erkl=E4ren. Interessant an diesem Bauwerk ist die Tatsache, da=DF Mauerpfeiler ab einer gewissen H=F6he der Br=FCckenpfeiler in eine filigrane Struktur aus vier hohen gu=DFeisernen S=E4ulen aufgel=F6st wurde, die ebenso filigran miteinander verbunden sind. Sie verweisen auf schwere Steinpfeiler zur=FCck. Eine genaue Studie zu diesem Gestaltungsvorgang lohnt die M=FChe. Ich glaube kaum, da=DF im Bauingenieur- wesen bisher viel Wert auf eine ikonologische Be- trachtung solcher Br=FCckenpfeiler gelegt wurde.
K.L.
Dieser Text von Karl-Ludwig Diehl wurde in
Anmerkungen: (1)-(4) zitiert aus: o.A.: H=E4ngbr=FCcke =FCber die Seine. S.110 in: Allgemeine Bauzeitung. Wien, 1837.