Der Beginn des Aufbaus moderner Verkehrsdrehscheiben im 19.Jahrhundert: Wien stattet sich mit Kettenbrücken aus (1)

Der Beginn des Aufbaus moderner Verkehrsdrehscheiben im 19.Jahrhundert: Wien stattet sich mit Kettenbr=FCcken aus (1)

Der Fernverkehr, genauso der Nahverkehr, erlebte in der Biedermeierzeit einen raschen Wandel durch die neuen Verkehrsmittel. Schienenfahrzeuge ver=E4nderten den Transport und das Reisen. Durch dieses neue Verkehrs- mittel entstand eine Veranla=DFung, rasch alle Arten der Verkehrswege zu =FCberdenken. Sie mu=DFten effektiver wer- den. Man begann in der Biedermeierzeit die Ummauerung der St=E4dte als Hindernis anzusehen und wollte Freiheit der Bewegung aus dem engen Stadtraum in das Umland. Die St=E4dte mu=DFten sich ausdehnen k=F6nnen. Der neue Verkehrsflu=DF f=FChrte auch dazu, m=F6glichst viele Br=FCcken zu schlagen, damit Bewegung sehr leicht in alle Rich- tungen stattfinden kann. Stadt und Land gerieten in Be- wegung. Das waren die Voraussetzungen zum Beginn des Aufbaus moderner Verkehrsdrehscheiben. Wien wollte eine solche werden und schuf sich Br=FCcken. Um diese Stadt zu verstehen, mu=DF unbedingt nachgeforscht werden, wie sie sich in der Biedermeierzeit entwickelte. Hier geht es jedoch nur um die vier Kettenbr=FCcken, die in der Biedermeierzeit entstanden.

Im Jahre 1836 schrieb Adalbert Schmid:

"Bis jetzt sind in Wien vier Kettenbr=FCcken zur Ausf=FCh- rung gekommen, wovon zwei =FCber den Wiener Donau- Kanal und zwei =FCber den Wienflu=DF erbaut sind." (1)

Zuvor waren schon viele Kettenbr=FCcken anderswo ent- standen und man schw=E4rmte von den neuen M=F6glich- keiten dieser Br=FCckenbauart.

"Die im Auslande bereits vielf=E4ltig mit dem besten Er- folge in Anwendung gebrachte Bauart der H=E4nge- br=FCcken leistete dem Vorhaben einen bedeutenden Vorschub" (2)

Man sah in den H=E4ngebr=FCcken ein brauchbares Mittel, den =FCblichen Problemen durch Schiffsverkehr und den Gef=E4hrdungen der Br=FCcken durch die "sich nicht selten ereignenden bedeutenden Eisg=E4nge" entgehen zu k=F6nnen. H=E4ngebr=FCcken haben eine lange Bauge- schichte:

"H=E4ngbr=FCcken sind eine uralte Erfindung. Sie fanden sich schon in Indien und China; aber erst seit neuerer Zeit wurde das Prinzip derselben vervollkommnet und kam von Amerika nach Europa. Die erste H=E4ngbr=FCcke mit Ketten von Eisen wurde ums Jahr 1741 zu Winch in England von 60 Fu=DF Weite und blo=DF f=FCr Fu=DFg=E4nger erbaut. Die im Jahre 1818 angefangene Men=E4i-Br=FCcke von 527 engl.Fu=DF L=E4nge war eine der ersten Kettenbr=FCcken f=FCr Fuhrwerk, und bald darauf fing man allenthalben in Europa an, gr=F6s- sere und kleinere Kettenbr=FCcken zu erbauen." (3)

Die Wiener waren lange Zeit auf F=E4hren angewiesen, um =FCber den Wiener Donau-Kanal zu gelangen. Die- ser zweigt bei Nu=DFdorf auf der rechten Donauseite ab, n=E4hert sich dem Stadtzentrum und f=FChrt weit un- terhalb auf der H=F6he von Kaiser-Ebersdorf in die Donau zur=FCck. Brigittenau und Leopoldstadt, das wir durch den Prater kennen, bildeten eine langgestreckte und an den Verkehr nur schlecht angeschlossene Insel, die dann mittels Kettenbr=FCcken besser an die Wiener Innen- stadt angebunden wurde. Leopoldstadt galt damals als Wiener Vorstadt, die 1836 "durch drei, sowohl zum Gehen als Fahren eingerichtete Br=FCcken, und nebstdem an drei Stellen durch Ueberfuhren, die jedoch blo=DF f=FCr Fu=DFgeher bestimmt waren", an das Stadtzentrum an- geschlossen war. (4) Es gab Holzbr=FCcken, die zu er- setzen waren.

Die Bauart, also Kettenbr=FCcken f=FCr Wien, w=E4hlte man nach langen =DCberlegungen, weil sich Bogenbr=FCcken nicht gut eigneten:

"So war z.B. die Erbauung einer gemauerten Bogen- br=FCcke, die sonst =FCber solche Flu=DFbreiten leicht an- wendbar sind, de=DFhalb nicht ausf=FChrbar, weil f=FCr das Wienflu=DFprofil eine so hohe Lage des Br=FCckengew=F6l- bes nothwendig gewesen w=E4re, da=DF eine bequeme Auffahrt, ohne wesentliche Beirrung mehrerer, ohnehin ziemlich niedrig liegender Geb=E4ude nie erreicht worden w=E4re." (5)

Man war also froh, Kettenbr=FCcken bauen zu k=F6nnen. Es brauchte jedoch Fachleute, die sich in den Ketten- br=FCckenbau einarbeiteten und Eisenverarbeitungs- betriebe, welche in der Lage waren, die Eisenteile f=FCr den Kettenbr=FCckenbau in guter Qualit=E4t herzustel- len. In den 1820er Jahren wagte man sich an die erste Kettenbr=FCcke in Wien heran.

1.Kettenbr=FCcke in Wien: die Sophienbr=FCcke

Die Sophienbr=FCcke sollte, bei dem "Razumofskischen Garten" errichtet, eine Wiener Vorstadt namens Land- stra=DFe mit dem Prater auf der langgestreckten Insel zwischen Donau und dem Donaukanal verbinden. Bau- beginn war das Jahr 1824. Im Jahr danach war diese Br=FCcke =FCber den Donaukanal fertig. Eine sachkundige Beschreibung der Sophienbr=FCcke erschien im Jahre

1826 durch Ignaz von Mitis, 1836 dann eine ausf=FChrliche- re Neuausgabe des Textes, informiert uns Schmid. Man kann also Literatur zu dieser Br=FCcke kurz nach der Bauzeit auffinden, nebst den Archivalien zu der Br=FCcke selbst, die vermutlich in Wiener Archiven be- wahrt sind. (6)

Der Br=FCckenbau brauchte eine finanzielle Grundlage. Diese schuf man durch den Br=FCckenzoll. Es wurden also die Kosten der Br=FCcke abgesch=E4tzt und danach erwogen, wer zur Vorfinanzierung herangezogen wer- den konnte. Durch die Vergabe eines Br=FCckenzolls, auf 40 Jahre, rechnete sich der Br=FCckenbau, wurde vermutet. Bei der ersten Kettenbr=FCcke f=FCr Wien bildete sich eine "Akziengesellschaft, unter dem Pro- tektorate des Ferdinand F=FCrsten zu Trautmannsdorf- Weinsberg". Der "h=F6chstselige Kaiser" des Staates war um "Unterst=FCtzung der Sache" gebeten worden, was zur Abfassung eines Br=FCckenentwurfes f=FChrte, den der damalige "Ober-Bau-Direktor" Kudrioffsky ausf=FChren lie=DF. Als der Bau der Br=FCcke begonnen war, kam es zu einem Hochwasser, was den Bau der Br=FCcke etwas hinzog. Sie konnte jedoch wie geplant zur Ausf=FChrung kommen.

Man hatte die Durchfahrtsh=F6he f=FCr die Schiffe dadurch verbessert, da=DF man die Br=FCckenbahn zur Mitte hin etwas h=F6her verlaufen lie=DF. Die Pfeiler der Br=FCcke wur- den vom Ufer etwas landeinw=E4rts ger=FCckt und bekamen einen Unterbau aus Bruchsteinen und Ziegelmauerwerk, der mit Steinquadern verblendet wurde. Die Ketten- pfeiler entstanden links und rechts der Fahrbahn aus Backsteinen und erhielten eine "thor=E4hnliche W=F6lbung" als Verbindung. =DCber diese Kettenpfeiler lie=DF man die ausgespannten Tragketten als h=E4ngende B=F6gen ver- laufen. Die Br=FCckenzug=E4nge legte man =FCber einen gemauerten Unterbau aus Seitenmauern und Gew=F6l- ben, auf den Erde angesch=FCttet wurde. Um die Ket- ten an ihren Ende festzuhalten, wurde "zu deren Be- festigung ein separater Bau" hergestellt, der mit die- sen Unterbauten in Verbindung stand. Auf den Ket- tenpfeiler sah man gu=DFeiserne K=E4sten mit "gekr=FCk- ten Fl=E4chen" vor, auf denen "die Ketten ruhen". Diese K=E4sten wurden durch "eiserne Schlie=DFen" senkrecht in den Pfeilern verankert. Die Spann- und Tragketten hatte man aus Schmiedeeisen herstellen lassen.

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Zur H=E4ngung der Br=FCckenbahn waren H=E4ngestangen ge- fertigt worden. Diese Br=FCckenbahn umfa=DFte die L=E4n- gentr=E4ger und Quertr=E4ger, die verschraubt wurden. F=FCr die Querbalken nahm man Lerchenbaumholz. Als Gel=E4nder wurden eigenartigerweise zwischen dicken Holzpfosten Gewehrl=E4ufe verwendet. Interessanter- weise ist im Text angegeben, woher die Kettenstan- gen und Kettenglieder bezogen worden waren. Das "gr=E4flich Sch=E4rfenbergische Hammerwerke zu Hohen- wang in Steiermark" lieferte die Kettenstangen. Der "Hammermeister P=F6schl aus Rehberg in Oesterreich" machte die Kettenglieder "aus sogenanntem Pausch- eisen". Man hatte die Haltbarkeit der Kettenglieder "mittelst einer, eigens dazu erbauten Maschine, pro- birt" und sp=E4ter weitere Belastungsversuche unter- nommen, um sicher zu gehen. (7)

"Weitere angestellte Versuche haben gezeigt, da=DF diese Kettenglieder bei einer Kraft von 800 Zentnern brachen." (8)

So kam also die erste Kettenbr=FCcke in Wien zum Bau. Es w=E4re nat=FCrlich interessant, die genauen Vor- bilder f=FCr diese Kettenbr=FCcke zu kennen. Es ist anzu- nehmen, da=DF sich die Planer an bereits gebauten Kettenbr=FCcken anderswo orientierten und durch Fach- konferenzen und durch Fachliteratur sehr gut =FCber diese Entwicklung des modernen Br=FCckenbaus in- formiert waren. Falls sich die Planungsunterlagen aus der Biedermeierzeit erhalten haben, d=FCrften sie einiges mehr zum Verst=E4ndnis der Br=FCcke beibringen, soda=DF der damalige Gestaltungsproze=DF der Br=FCcke nachvollziehbarer wird.

2.Kettenbr=FCcke in Wien: die Karlsbr=FCcke

Als zweite Kettenbr=FCcke entstand die Karlsbr=FCcke. Sie wurde als Fu=DFg=E4ngerbr=FCcke =FCber den Wiener Donau- kanal gespannt, um die Innenstadt besser mit der Vor- stadt namens Leopoldstadt zu verbinden. Sie wurde unweit einer F=E4hrstelle gebaut, die den Kanal am Diana- bad kreuzte. Man hatte die Linie der Querung etwas verschoben, um den Obstmarktplatz durch die Br=FCcken- zug=E4nge nicht zu beeintr=E4chtigen. Baubeginn war das Jahr 1827, im Jahr darauf wurde die Br=FCcke er=F6ffnet.

1829 erschien durch Ignaz von Mitis eine Darlegung der Br=FCckenkonstruktion. Von ihm stammt der Entwurf der Br=FCcke. Wichtig beim Bau der Br=FCcke war die erst- malige Verwendung von Stahl beim Wiener Br=FCckenbau. Zuvor hatte man Schmiedeeisen f=FCr die erste Ketten- br=FCcke genommen. (9)

Die Standortfrage, also wohin die Br=FCcke kommen soll- te, war interessant gel=F6st worden:

"Man w=E4hlte /../ einen dem Zwecke weit entsprechen- dern, etwa 150 Klafter weiter aufw=E4rts liegenden Ueber- gangspunkt, beil=E4ufig in der Richtung des sogenann- ten Fischerthores der Stadt, gegen die gro=DFe und kleine Ankergasse der Leopoldstadt, wobei der Vortheil zu Statten kam, da=DF auf der linken Seite ein freier Platz, den die Geb=E4ude durch ihre Stellung in Form eines Winkels dort bilden, zur Auff=FChrung der Ketten- pfeiler sehr geeignet war, und da=DF die beiden Anker- gassen, so wie auf der rechten Seite das Fischerthor einen sehr bequemen Zugang zur Br=FCcke gew=E4hren." (10)

Auch bei dieser Br=FCcke wurde die Br=FCckenbahn =FCber der Flu=DFmitte etwas erh=F6ht, damit der Schiffsverkehr unter der Br=FCcke ungest=F6rt vonstatten gehen konnte.

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Da wenig Platz f=FCr die Br=FCckenpfeiler bestand, konnten keine Spannketten in der =FCblichen Art zu ihren End- verankerungen in separaten Befestigungsbauten ver- spannt werden, sondern man mu=DFte eine Idee finden, wie sie im Unterbau der Kettenpfeiler verankert werden konnten. Ignaz von Mitis hatte sich dazu entschieden, Stahl f=FCr die Kettenglieder zu nehmen, was in Wien eine Neuerung war.

Der Unterbau solcher Br=FCckenpfeiler ist immer wieder interessant.

"Die Unterbaue f=FCr die zwei auf einer Seite befindlichen Kettenpfeiler sind im Grunde 39' lang, und zusammen

26' breit, und liegen auf pilotirten R=F6sten, so tief als der kleinste Wasserstand; sie erhielten eine Einzie- hung gegen oben, so da=DF sie in der H=F6he der Bahn nur mehr 38' 6'' lang und 20' breit sind; sie sind bis auf einen 7' breiten, auf der rechten Seite 8' hohen, unter den Br=FCckenzug=E4ngen befindlichen hohlen Raum, aus massivem Steinmauerwerk erbaut." (11)

Es ist anzunehmen, da=DF der Hohlraum =FCberw=F6lbt wur- de. Zum weiteren Verst=E4ndnis der Br=FCckenpfeiler ben=F6tigt man also geeignete Schnitte. Doch verfolgen wir die weitere Beschreibung, die uns den Aufbau des Kettenhauses, usw. deutlich machen will:

"Hierauf ist das 29' hohe, 38' 6'' lange und 20' breite Kettenhaus, bestehend aus zwei 7' dicken, 8' von einander entfernten, bis auf unbedeutende ausgespar- te R=E4ume, massiv aus Ziegeln aufgef=FChrten eigentli- chen Kettenpfeilern, die durch W=F6lbungen mit einander verbunden sind, durch welche sowohl der Zugang auf die Bahn bedeckt, als auch oberhalb diesem einige Beh=E4ltnisse zur Wohnung der Br=FCckenzoll-Einnehmer gebildet werden, erbaut." (12)

Die Kettenpfeiler wurden also aus Backsteinen weit- gehend massiv gebaut, und eine W=F6lbung hatte sie zu verbinden. Da=DF auch eine Wohnung f=FCr den Br=FCckenzolleinnehmer integriert wurde, =FCberraschte mich. Wie eine solche Wohnung aussah, zu verfolgen, wird wohl f=FCr die Erforschung von Wohnraumtypen der Biedermeierzeit nicht uninteressant sein d=FCrfen. Es fragt sich, ob sich Pl=E4ne erhalten haben.

Der Zugang zu der Br=FCcke war auf jeder Seite anders zu regeln.

"Am rechten Ufer erlaubte der Raum die Ansch=FCttung einer schiefen Ebene zum Aufgang bis zur H=F6he der Br=FCckenbahn, am linken Ufer war dieses durch die nahe liegende Stra=DFe nicht gestattet, sondern es mu=DFte dort in den Unterbau selbst eine Steige von der H=F6he des umliegenden Terrains bis auf die Bahnh=F6he angelegt werden, die jedoch, da die Br=FCcke f=FCr Fu=DF- geher bestimmt ist, keine Unbequemlichkeit bildet." (13)

Quadersteine halten die Befestigungen der Spann- kettenenden. Diese haben einen Durchla=DF f=FCr die Eisen- ringe, an denen die Ketten jeweils mittels Bolzen angeh=E4ngt sind.

"Der zum Durchla=DF der Ringe in den Quadersteinen ausgehauene Raum wurde zur Verh=FCtung der Oxyda- zion sorgf=E4ltig mit Blei vergossen." (14)

Damit kein Wasser in das Befestigungssystem ein- treten konnte, wurden Ma=DFnahmen ergriffen:

"Der Schlauch, worin die Kettenringe weiter aufw=E4rts reichen, wurde ebenfalls mit einem Zementm=F6rtel ausgegossen, und so der Zutritt der Feuchtigkeit zu den Spannketten bis in die H=F6he von 12' =FCber das kleinste Wasser verhindert." (15)

Man sieht also ein gro=DFes Bem=FChen, die Befestigung zu sch=FCtzen. Jedoch ist das Befestigungssystem we- sentlich komplexer:

"Das obere Ende der Befestigungsringe ist mit dem ersten 5 Schuh langen, aus 5 Kettenstangen von ge- w=F6hnlicher Form bestehenden, und ebenfalls eine vertikale Richtung habenden Kettenglied aus ge- schmiedetem Vordernberger Scharschochstahl be- stehend, durch einen 3' langen, 3'' dicken Bolzen ver- bunden, der in das Mauerwerk des Pfeilers durch gro=DFe, dar=FCber gelegte Quadersteine befestiget ist, daher einen zweiten Befestigungspunkt bildet." (16)

Neben dem unteren Befestigungspunkt wurde also ein weiterer vertikal dar=FCber veranla=DFt. Auch hier dienen schwere Quadersteine als Halt.

"Von diesem Gliede an gehen die Spannketten in einem Viertelkreisbogen, dessen Halbmesser 28' hat, durch einen in dem Mauerwerk ausgesparten Schlauch, bis zu den h=F6chsten Auflagern der Ketten, welche 24 Schuh =FCber der Bahn liegen, und 5 Schuh von der Stirnmauer des Geb=E4udes zur=FCckspringen, so da=DF die Entfernung der h=F6chsten Kettenauflags- punkte von einem Pfeiler zum andern 52=BA 1' betr=E4gt; die Pfeilh=F6he ist f=FCr diese Entfernung 19'10''. /.../ Die Verbindungspunkte der Spannketten ruhen auf

2'' dicken, 80 Quad.Zoll Fl=E4che habenden schmiede- eisernen Platten, welche auf den im Pfeiler einge- mauerten, 1' Dicke und 216 Quad.Zoll Fl=E4che ha- benden Quadersteinen liegen." (17)

Zu den Ketten wird gesagt:

"Die den Viertelkreis einnehmenden Spannketten haben 7 gleich lange, und die Tragketten 53 gleich lange, 6' messende Glieder." (18)

Die Kettenteile wurden so miteinander verbunden:

"An jeden Tragkettenverbindungsbolzen sind zwei ei-f=F6rmige schmiedeeiserne 4''' starke Platten, und zwar auf jeder Seite zun=E4chst der mittlern Ketten- stange eine hievon angesteckt." (19)

Die Karlsbr=FCcke wurde als Fu=DFg=E4ngerbr=FCcke gebaut. Die Bahn zum Gehen h=E4ngte man an Tragstangen auf, die von der H=E4ngekette abgehen. Querbalken aus "Lerchbaumholz" schaffen die Verbindung zu den L=E4ngs- tr=E4gern. Eiserne Gel=E4nder sicherten den Fu=DFg=E4nger bei jeder Querung des Donaukanals.

Als die Br=FCcke fertiggestellt war, fiel auf, da=DF das ge- ringe Eigengewicht der Br=FCcke dazu f=FChrte, da=DF sie auf Wind empfindlich reagierte. Wer bei Sturm als Fu=DFg=E4nger die Br=FCcke passierte, mu=DFte mit Schwan- kungen rechnen. Die Br=FCcke selbst geriet aber nicht in Gefahr.

"F=FCr Dar=FCbergehende sind diese Schwankungen je- doch sehr unangenehm, beunruhigend und empfindlich." (20)

Man hatte also den Bau einiger Kettenbr=FCcken in Wien veranla=DFt, damit sich die Fachwelt in den Kettenbr=FCcken- bau einarbeiten konnte. Die Br=FCcken wurden durch Fi- nanzgruppen vorfinanziert und durch den Br=FCckenzoll refinanziert. Was den Aktiengesellschaften dadurch an Gewinn zuflo=DF, ist mir nicht bekannt, es w=E4re aber eine Studie wert.

Bereits bei der kurzen Besch=E4ftigung mit zwei Wiener Kettenbr=FCcken wurde deutlich, da=DF sie in aufeinander folgenden Schritten eine Entwicklung des Ketten- br=FCckenbaues darstellen. Bereits bei der zweiten Ket- tenbr=FCcke kam statt Schmiedeeisen der Stahl zur Verwendung. Der Bau der Br=FCcken wird also eine He- rausforderung an die das Eisen verarbeitenden Betriebe in =D6sterreich dargestellt haben, auf die man gerne einging. Man m=FC=DFte sich genauer mit diesen Herstel- lern besch=E4ftigen, die in der Biedermeierzeit Br=FCcken- teile lieferten. Was dieser Wiener Kettenbr=FCckenbau im Kontext des Bauwesens der Biedermeierzeit be- deutete, w=E4re herauszuarbeiten. Auch die beiden an- deren Kettenbr=FCcken von Wien m=FCssen zu einer Diskussion kommen. Es leuchtet ein, da=DF der Beginn des Aufbaus moderner Verkehrsdrehscheiben im fr=FChen

19.Jahrhundert einer genaueren Auseinandersetzung bedarf. Man wird neben der Entwicklung des Verkehrs- wesens die allgemeine Stadtentwicklung von Wien, so, wie sie in der Biedermeierzeit stattfand, nachvoll- ziehbar machen m=FCssen, um diese Vorg=E4nge mit dem Beginn des Aufbaus anderer moderner Verkehrsdreh- scheiben in einen Zusammenhang bringen zu k=F6nnen.

K.L.

Dieser Text von Karl-Ludwig Diehl wurde in

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Diskussion gestellt. Der Autor ist =FCber folgende Emailadresse erreichbar: baugeschichte (at) email.de

Anmerkungen: (1)-(2) zitiert aus: Adalbert Schmid: Ueber die in Wien bestehenden Kettenbr=FCcken. S.121-122; S.131-134; S.137-142; Abbild.29, 32-34 in: Allgemeine Bauzeitung. Wien, 1836. S.121 (3) zitiert aus: o.A.: Ueber die H=E4ngbr=FCcke von Eisen- draht zu Conflans-Sainte-Honorine und ein dabei an- gewendetes eigenth=FCml=F6iches Pfeilersystem, ausge- f=FChrt von den Br=FCdern Seguin. S.321-324; S.334-337 in: Allgemeine Bauzeitung. Wien, 1836. S.321 (4) siehe genauer bei: A.Schmid, wie vor, S.121 (5) zitiert aus: A.Schmid, wie vor, S.137 (6) siehe bei: A.Schmid, wie vor, S.121f. (7) siehe bei: A.Schmid, wie vor, S.131f. (8) zitiert aus: A.Schmid, wie vor, S.132 (9) siehe bei: A.Schmid, wie vor, S.132 u. Abb.4 auf S.29 in der Allgemeinen Bauzeitung von 1836 (10) zitiert aus: A.Schmid, wie vor, S.132 (11)-(19) zitiert aus: A.Schmid, wie vor, S.133 (20) zitiert aus: A.Schmid, wie vor, S.134

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Karl-Ludwig Diehl
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Der Beginn des Aufbaus moderner Verkehrsdrehscheiben im 19.Jahrhundert: Berlin pflastert sich schadensfrei

Auch Berlin will sich im 19.Jahrhundert zu einer moder- nen Verkehrsdrehscheibe entwickeln. Omnisbus-Wagen waren aufgekommen, was Stadt und Umland in Bewe- gung gebracht hatte. Der Verkehr hatte rasch zugenom- men. Im Jahre 1869 wurde in der Fachpresse geschrieben:

"F=FCr Berlin beginnt in den Hauptstrassen eine radikale Neugestaltung des Pflasters, da in Folge des bedeutend gestiegenen Verkehrs in denselben und durch die vielen schnellfahrenden schweren Omnisbus-Wagen das Pflaster ziemlich zerr=FCttet ist." (1)

Das sagt uns, die vielen Omnibus-Wagen haben das alte Strassenpflaster ruiniert und dieser Verkehr sei da- mals sehr angewachsen. Man fragt sich, seit wann die- ser Verkehr existierte und wie rasch er zunahm?

Da ein solcher schnellfahrender Verkehr das Pflaster =FCberforderte, interessiert nat=FCrlich die Art dieses Pfla- sters, das zu Bruch ging. Da eine Neugestaltung des Pflasters vorgenommen wurde, mu=DFte eine Pflasterung gew=E4hlt worden sein, von der man sich mehr Haltbar- keit versprach.

Zun=E4chst seien aber die Orte in Berlin genannt, wo die neue Pflasterung vorgenommen wurde, bevor auf das Pflaster selbst eingegangen wird.

"Diese Neupflasterung hat ihren Anfang in der Leipziger Strasse, zwischen der Wilhelms- und Mauerstrasse genommen, und werden jetzt nur noch die h=E4rtesten Porphyre von Dom-Reichenbach verwendet, weil die bisher angewendeten Pflastersteine nicht mehr gen=FC- gen." (2)

Man kann also die Neupflasterung einerseits sehr ge- nau verorten und hat andererseits schon einen Hinweis, auf was abgehoben wurde. Man nahm h=E4rteres Gestein zum Pflastern. Es wurden also h=E4rteste Porphyre ge- nommen. Die Bezugsquelle "Dom-Reichenbach" w=E4re genauer zu ermitteln.

Man hatte sich genauer =FCberlegt, wie vorzugehen ist:

"Die Herstellung des Pflasters kann nur vortheilhaft geschehen, wenn das ganze Profil der Strasse mit einem Male in Angriff genommen und somit die Stras- se dem Verkehr v=F6llig versperrt wird. Die Fugen zwi- schen den Steinen m=FCssen m=F6glichst dichtschlies- send hergestellt werden, damit eine Zertr=FCmmerung der Kanten erschwert wird" (3)

Man sperrte also f=FCr die Bauarbeiten die gesamte Strassenbreite und sorgte f=FCr ein Pflaster aus h=E4r- testem Pophyr, wobei die Steine m=F6glichst "dicht- schlie=DFend" zu legen waren, um Kantenzersplitterung m=F6glichst weitgehend zu reduzieren. Bei Kanten- splitterung kam es zum raschen Zerrieb der Pflaster- steine, da die harten Wagenr=E4der st=E4rker gegen die Steine sto=DFen konnten. Die Folge war ein besseres Eindringen von Wasser unter die Stra=DFendecke und das Aufweichen des Untergrundes, weil das st=E4ndige Sto=DFen der R=E4der die Steine im Unterbau der Stras- se in Bewegung brachte und abrieb. Sie wurden da- bei kugelig geschliffen und so verformte sich bald die Stra=DFendecke zu Unebenheiten, die rasch zu losen Pflastersteinen f=FChrte, soda=DF die Sch=E4digung der Stra=DFe immer schneller voranschritt.

Da die "Omnibus-Wagen" also schwerer bezeichnet wurden, ist also anzunehmen, da=DF sich die St=F6=DFe der Wagenr=E4der bei unebener Stra=DFendecke wesent- lich schneller auswirkten. Die Anforderungen an die Stra=DFenpflasterung waren also gewachsen. Berlin rea- gierte mit neuem Pflaster. Das neue Pflaster barg je- doch auch Nachteile:

"es folgt daraus aber eine betr=E4chtliche Gl=E4tte der Fahrbahn" (4)

Eine gestiegene Gl=E4tte der Fahrbahn war jedoch f=FCr das Kutschieren gef=E4hrlich. Die Pferde konnten da- rauf ausrutschen. Auch war das Bremsen und die Anfahrt der Pferdewagen dadurch ung=FCnstiger gewor- den. Man wird also bei der Entscheidung der Frage, was durch die neue Pflasterung erreicht werden soll- te, abzuw=E4gen gehabt haben, ob man noch l=E4nger die rasche Zerst=F6rung durch die schweren Omnibus- Wagen hinnehmen soll, oder das Ausrutschen der Pferde in Kauf zu nehmen war. Man entschied sich f=FCr das etwas glattere Pflaster, und das, obwohl der Fachwelt in Berlin schon bekannt war, da=DF in Paris bereits gewalzte Asphaltstrassen ausgef=FChrt worden waren, die schon als "zweckentsprechend, am billig- sten und dauerhaftesten" angesehen wurden. Dazu, so wird in der Deutschen Bauzeitung informiert, war bereits eine Abhandlung in der "Zeitschrift des Archi- tekten- und Ingenieur-Vereins f=FCr Hannover" im Band XI erschienen, in der zum Asphaltbelag dies ausgesagt wurde:

"Die Vorz=FCge dieses Pflasters sind folgende: es bildet sich weder Staub noch Schmutz, es ist v=F6llig ohne Ger=E4usch, es bedarf geringer Zugkraft, die Unterhal- tungskosten der Fahrzeuge werden in betr=E4chtlicher Weise vermindert, die benachbarten H=E4user und Bau- lichkeiten leiden nicht durch Ersch=FCtterung, da die Schl=E4ge und St=F6sse der Wagen aufh=F6ren." (5)

Wagen zu ziehen, war auf Asphaltdecken f=FCr die Pfer- de leichter. Die Wagen rollten leiser und ruhiger, was sehr zum Vorteil der Stra=DFenanwohner war. Der Architekten-Verlin zu Berlin empfahl also der Stadt Berlin im Jahre 1869 sehr dringend, auch in Berlin Stra=DFen mit Asphaltbelag zu versehen. Sie machte au=DFerdem am Preisgef=FCge der unterschied- lichen Stra=DFendecken deutlich, da=DF Asphaltstra=DFen preiswerter sind.

Trotz dieser Vorz=FCge war man in Berlin zu dieser Zeit offensichtlich noch nicht geneigt, die Steinpflaste- rungen einzustellen. Die Beweggr=FCnde m=FC=DFte man genauer herausfinden. Denkbar sind Verquickungen der Stadtoberen, also der Entscheidungstr=E4ger, mit den Bezugsquellen der Pflastersteine und den Firmen, die solche Pflasterungen vornahmen. Konservativer Geist, das Strassenbild nicht ver=E4ndern zu wollen, kann eine Rolle gespielt haben. Es konnte sich aber auch eine Skepsis breit gemacht haben, die Vorbe- halten nachgab, die Asphaltdecke sei in Wirklichkeit nicht so haltbar, wie man ihr nachsage. Die Asphalt- forschung in dieser Zeit hatte sich damit auseinander zu setzen, wie sich verhindern lie=DF, da=DF Asphalt bei Sommerhitze nicht aufweicht und bei klirrendem Frost im Winter nicht spr=F6de und rissig wurde. Es gab Fortschritte, die nat=FCrlich nie ein Ende fanden Wichtig blieb f=FCr den Stadtraum immer die Frage, was =E4sthetischer war: Steinpflaster oder Asphalt. Der stand die Frage gegen=FCber, was kosteng=FCnstiger und haltbarer war. Die Fachwelt mu=DFte auf diese Fra- gen Antworten geben. Darauf reagierten die Entschei- dungstr=E4ger.

Um all die offenen Fragen zu kl=E4ren, die sich daraus ergeben, w=E4re nachzuforschen, was den Entschei- dungstr=E4ger entgegengebracht wurde, also auf was f=FCr einer Grundlage sie ihre Entscheidungen f=E4llten. Das bedeutet Archivarbeit zu den Bauarbeiten in den sp=E4ten 1860er Jahren in Berlin und wie sich das Thema danach entwickelte.

Berlin wandelte sich rasch zu einer modernen Ver- kehrsdrehscheibe. Das hohe Verkehrsaufkommen der Omnibus-Wagen und der Zwang zu moderneren Stadt- stra=DFen macht das deutlich.

K.L.

Dieser Text von Karl-Ludwig Diehl wurde in

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Anmerkungen: (1) zitiert aus: Sch.: Ueber Strassenpflaster. S.435-436 in:Deutsche Bauzeitung. Berlin, 1869. S.435f. (2)-(4) zitiert aus: Sch., wie vor, S.436 (5) die Abhandlung auf S.113 dieser Fachzeitschrift ist zitiert in: Sch., wie vor, S.436

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Karl-Ludwig Diehl

Vermutlich ist Reichenbach/Oberlausitz gemeint; noch heute gibt es dort bzw. in der Nähe mehrere Schotterwerke.

Holger

Himmelherrgott, ein blindwütiges Crossposting. FUp-To b.v

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Holger Paulsen

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