NS-Sammelschienenschutz ohne Leistungsschalter

Hallo!

In meinem Ausbildungsbetrieb soll Ende des Jahres ein elektrischer Schmelzofen überholt werden. Zur Zeit erfolgt die Beheizung über einen

1350 kVA-Stufentrafo, welcher primärseitig über einen MS-Sicherungslasttrennschalter direkt ans 20 kV-Netz angeschlossen ist.

Der Stufentrafo soll ersetzt werden durch zwei neue Ofentrafos mit 800 und 480 kVA Nennleistung, die Leistungsregelung erfolgt über Thyristor-Leistungssteller. Die thyristorgeregelten Systeme sollen über einen neuen Netztrafo 1.250 kVA, 20/0,4 kV versorgt werden, der am bestehenden MS-Schalter hängen wird.

Die Verbindung zwischen der Sekundärseite des Netztrafos und den Thyristorstellern soll über ein vorhandenes NS-Schienensystem erfolgen, welches an anderer Stelle im Betrieb übrig ist. Vor den Thyristorstellern sitzt jeweils ein Kompaktleistungsschalter, der den Kurzschluss-/Überlastschutz ab dort übernimmt (Querschnittsverringerung).

Jetzt kommts:

Zum Kurzschluss-/Überlastschutz der NS-Sammelschiene bräuchten wir eigentlich zwischen Trafo-Sekundäranschluss und Schieneneinspeisung einen NS-Leistungsschalter (In = 1,8 kA). Wegen der Nachnutzung des Schienensystems und den örtlichen Gegebenheiten würden wir darauf gerne verzichten.

Auftrag an mich frischgebackenen Bäätscheller und baldigen Masterstudenten: ist es stattdessen *zulässig*, den Trafo-Sekundärstrom durch Schutzwandler zu messen und im Fehlerfall den Trafo via AMZ-Relais mittelspannungsseitig abzuschalten?

Der elektronische Auslöser im NS-Leistungsschalter macht ja auch nichts anderes, hat aber den Schalter direkt angeflanscht.

In der Literatur und im Internet finde ich nichts aussagekräftiges. Und gesehen habe ich so etwas im Niederspannungsbereich auch noch nie.

Das der MS-Schalter ca. 5...10 mal langsamer ausschaltet als ein NS-Leistungsschalter und dadurch der Schaden im Kurzschlussfall größer wäre, ist uns bewusst. Ist das auch der Grund, warum man das normalerweise nicht so macht?

Schließlich ist die bestehende Anlage auch nur über den MS-Sicherungslasttrennschalter (!) plus Buchholz- und Trafoübertemperaturschutz geschützt, auf der Sekundärseite gibt es keine Schalter, die Sekundärströme werden zwar gemessen, aber nicht für eine Auslösung verwendet.

Gleich noch eine Frage: Schutzstromwandler für Niederspannung kann man überall kaufen. Aber wer bietet geeignete Überstromrelais an, die nicht gleich auf den MS-Neztschutz ausgelegt sind (wie z. B. SiProtect etc.).

Gruß,

Volker

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Volker E. Mitter
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begin quoting, "Volker E. Mitter" schrieb:

Nicht "den", sondern "die": Du mußt die Möglichkeite eines Fehlers in einem Trafo, der dann auch von dem anderen Trafo sekundärseutig rückgespeist wird, ebenfalls berücksichtigen.

"Zulässig" gibt es dort nicht. Du wirst an relativ aufwendigen Simulationen nicht vorbeikommen: Was genau passiert bei verschiedenen Lastzuständen, wenn verschiedene Fehler unterschiedlicher Fehlerimpedanz an verschiedenen Stellen auftreten (und zwar auch Doppel- und Dreifachfehler), welche zulässigen Grenzwerte an welchen Betriebsmitteln können berührt werden (thermisch, mechanisch)?

Dazu muß das E-Werk seinen Senf dazugeben und Euch sagen, welche fehlerbedingten Schieflasten und Spannungseinbrüche ihr wie lange "dürft" (was aber eigentlich durch MS-Sicherungslasttrennschalter abgefangen sein sollte), und was die Trafos so übelnehmen/mit erhöhter Alterung quittieren (Hersteller!). Wer dann ggf. auch noch ein Wörtchen mitzureden hat, wäre Eure Versicherung.

Irgendnwie deucht mich, die beiden Trafos möchten primärseitig Leistungsschalter haben und beidseitig mit Schutzwandlern zwecks Diffenrentialschutz instrumentiert werden, der dann "nebenberuflich" auch noch sekundären Überstrom erkennen könnte, aber das könnte andererseits auch Overkill sein.

Grundsätzlich finde ich Deine AMZ-Relaislösung i. O.

Das liegt vielleicht auch daran, daß aufwendige und saubere Lösungen nur im Netzbetrieb verwendet werden und im NS-Bereich eben nur Standardbausteine eingesetzt werden. Mach mal 'n Pläuschchen mit Netzbetreiber und Trafo-Hersteller und hab ein Auge auf die Grenzen der Leistungssteller, obwohl letztere eigentlich alles abkönnen und sich selbst schützen können sollten.

(Überspannungsschutz an den Trafos vorhanden? Netzrückwirkungen (Oberschwingungen) ok?)

Eher nicht. Aber man muß eben überlegen, wie hoch der Schaden denn nun wirklich werden kann (Produktionsausfall!), und bedenken, was passiert, wenn er wirklich auftritt (versichern!).

Und es ist auch nie etwas passiert, nehme ich an. In NS-Anlagen passiert auch nichts, solange niemand Schraubenschlüssel reinschmeißt, oder sowas.

Was spricht eigentlich gegen NH-Sicherungen?

Gruß aus Bremen Ralf

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Ralf . K u s m i e r z

Hallo,

bei 1250 kVA sind das als Primärstrom, wenn ich das richtig verstanden habe, bei 20kV 62,5 A. Auf der Sekundärseite sind das dann aber 3125 A. (Ohne Verluste usw.) Gibt es soche NH-Sicherungen?

Wiki meint, daß das nur bis 1250A geht.

Gruß

Manfred

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Manfred Kuhn

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begin quoting, Manfred Kuhn schrieb:

Ich komme auf 36,1 A.

Also 1800 = 2 x 900.

Weiß ich nicht, aber ich würde, ohne mit der Wimper zu zucken, zwei parallel einbauen - die Materialkosten sind doch vernachlässigbar (die symmetrieren sich dann schon thermisch). Aber ich hatte tatsächlich übersehen, daß da nur ein Trafo vorkommt - aus irgendeinem Grund hatte ich mir eingebildet, dort von mehreren gelesen zu haben. Damit ist die Frage der Rückspeisung natürlich obsolet.

Gruß aus Bremen Ralf

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Ralf . K u s m i e r z

Hallo zusammen!

Vielen Dank für Eure Antworten. Aber ich habe mich wohl zu kompliziert ausgedrückt, das Problem ist wohl gar nicht so komplex. Daher diese kleine Zeichnung (beide Ofentrafos sind Drehstromtrafos):

| | | \ 20 kV-Lasttrennschalter bestehend \ | | OOOOOOO Netztrafo 20/0,4 kV, 1.250 kVA neu

------- OOOOOOO | | O 3 x Schutzwandler 2.000 / 1 A | (Sekundärstrom 1.250/400/1,73 = 1.806 A | auf den Trafo-Sekundäranschlüssen ! ! ! Schienensystem ! !

*---------------------------------------- | | | | \ Einspeisung in \ Dito | Leistungsschrank 1 | Leistungsschrank 2 | mit Kompaktleistungsschalter | | |

- -

< <

- - | | | | OOOOO Ofentrafo 1 800 kVA OOOOO Ofentrafo 2 480 kVA

----- ----- OOOOO OOOOO

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Volker E. Mitter

Am 26.02.2012 01:10, schrieb Ralf . K u s m i e r z:

Auch das ist so eine Frage: warum sieht man in Deutschland nirgends NH4-Sicherungen?

Bis 1.250 A gibt es NH4a-Lastschaltleisten, bis >3 kA werden die NH4-Sicherungen dann mit einem Bolzen im Unterteil verschraubt (SIC!).

Kann man z. B. bei Socomec kaufen.

Oder liegt es einfach daran, dass (zumindest bei unseren Rabatten) der NH4-Sicherungslasttrennschalter von Socomec teurer ist als der entsprechende IZM-Leistungsschalter von Möller, der noch dazu einen feinfühlig einstellbaren elektronsichen Auslöser hat?

Gruß,

Volker

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Volker E. Mitter

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begin quoting, "Volker E. Mitter" schrieb:

Ja klar, da hatte ich einfach Tomaten auf den Augen - ich war gedanklich von zwei parallelgeschalteten Netztrafos ausgegangen.

Dranlassen. Alles Gute kommt von oben, und Du möchtest keinen Lichtbogen im Netztrafo.

Anzunehmen.

Laß die Schutzwandler weg, mach 1,8-kA-NH-Sicherungen (bzw. den nächstgrößeren Normwert) in den Abgang rein, und gut.

Und sorg dafür, daß drei Ersatzeinsätze bevorratet sind - minimiert die Ausfallzeit, wenn es doch mal gekracht hat und die Ursache klar ist.

(Lasttrennschalter brauchst Du doch gar nicht, bloß normale MS-Trenner für die Wartung. Den Rush-Strom sehen die Einsätze überhaupt nicht.)

NS-seitig muß natürlich eine Trennstelle (muß kein Trenner sein, Anschlüsse abschrauben geht auch) zwischen Trafo und Schienen, damit man Isolationsmessungen machen kann. Sonst bleibt für die Schienen nur die Sichtprüfung.

Wenn Wandler, dann primär und sekundär und Differentialschutz, aber wozu? Wenn der Trafo-Hersteller den nicht empfiehlt, ist der auch überflüssig.

Gruß aus Bremen Ralf

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Ralf . K u s m i e r z

Am 26.02.2012 10:47, schrieb Ralf . K u s m i e r z:

Natürlich - das ist es. Und ganz einfach! Die Tomaten hatte ich, aber im Gehürn... :-)

Irgendwo hab ich mal ein Foto von einem Netztrafo gesehen, der auf der Sekundärseite gleich Sicherungsunterteile mit installiert hatte. Gibt's sowas fertig zu kaufen?

Gruß,

Volker

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Volker E. Mitter

Volker E. Mitter schrieb:

Hmm, der "Doemeland" gibt dazu nichts her? Ist doch MS- und NS-lastig und sehr ausführlich.

VG Jörg

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Joerg Bradel

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begin quoting, "Volker E. Mitter" schrieb:

Gummibärchen, Bonbons und Schokolade, Kaffeepakete, Gold und Geschmeide zu mir! ;-)

Gruß aus Bremen Ralf

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Ralf . K u s m i e r z

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