Re: Baugenehmigungsverfahren fuer Bauanlagen der Stromerzeugung

Mir fiel inzwischen ein, dass zwischen Baugenehmigung und Betriebsgenehmigung zu unterscheiden ist. Der Atom- meiler in Muelheim-Kaerlich z.B. durfte zwar gebaut werden, erhielt jedoch keine Betriebsgenehmigung, da sich in dem fraglichen Gebiet eine geologische Schwachstelle befindet.

Das ergab sich erst aufgrund eingeforderter geologischer Untersuchungen.

K.L.

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Karl-Ludwig Diehl
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Karl-Ludwig Diehl schrieb:

Das ist so nicht richtig. Die Untersuchungen führten zu einem verschobenen Standort, wodurch die ursprüngliche Baugenehmigung ungültiog und durch eine neue ersetzt werden musste - diese aber letztlich wieder aufgehoben wurde.

Das Kraftwerk hatte am Ende keine gültige Baugenehmigung und hätte damit so nicht gebaut werden dürfen. Womit sich auch die Betriebsgenehmigung erübrigte.

Siegfried

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Siegfried Schmidt

Also schrieb Siegfried Schmidt:

Tssss.... so kann man auch Millionen versenken.

Sehe ich das in etwa richtig: "So, hier habt ihr eine Baugenehmigung. Baut das Teil erstmal da hin. ...(später:)... So, jetzt gucken wir mal, ob das da auch sicher genug steht für Betrieb mit Atom und so... oha... da ist ja eine geologische Verwerfung... also, baut das doch bitte 2km weiter weg nochmal, ja? ... Wie - 'geht nicht'? Tja, Pech gehabt..."

Ansgar

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Ansgar Strickerschmidt

Ansgar Strickerschmidt schrieb:

Das waren einige Nuller mehr vor dem Komma.

Man kann das so sehen.

Man kann sich aber auch erinnern, dass sich das Baugenehmigungsverfahren über Jahre hinzog und am Ende einfach einen längst veralteten Planungsstand beschrieb. Einbeziehung der schon längst als nötig erkannten Änderungen hätten - wie später auch geschehen - einen langen Streit entfacht ob das Verfahren weitergeführt oder komplett neu begonnen werden muss ohne dass Aussicht bestand, das es ein zweites Mal durchgehen würde.

Es einfach drauf ankommen zu lassen um überhaupt ein Verfahren abzuschliessen und Änderungen später per Nachtrag zu handhaben ist in solchen Fällen ein durchaus plausibler Weg um ein Projekt voranzubringen. Es hat durch das Scheitern des Nachtrags nur nicht funktioniert und schliesslich genauso in die Sackgasse geführt wie es wahrscheinlich eine Plaungsänderung getan hätte.

Im Grunde genommen war dies die Zeit, in der der "Atomausstieg" faktische Realität wurde. Der politischer Ausstieg war später nur die Kenntnisnahme dessen und die passenden Sprüche dazu.

Siegfried

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Siegfried Schmidt

Es gibt Baugenehmigungen, Teilbaugenehmigungen, usw.

Wie sich das fuer Muelheim-Kaerlich verhielt, ist mir noch nicht so eindeutig geworden.

Ein Bau kann nicht begonnen werden, wenn keine Bauge- nehmigung vorliegt. Die Baugenehmigung kann natuerlich fuer ein Bauwerk vorliegen, dessen Baustruktur waehrend des Bauens nicht mehr den Anforderungen entspricht, weil durch Sicherheitsbedenken neue Auflagen entstanden. Ein Baugenehmigungsverfahren kann sich natuerlich hinziehen, aber ohne sie kann nicht gebaut werden. So ein Vorgang waere sofort angreifbar und die Baustelle muss sofort still- gelegt werden bei Androhung des kompletten Rueckbaus.

Zuvor wurde von Dir geschrieben: "Die Untersuchungen f=FChrten zu einem verschobenen Standort, wodurch die urspr=FCngliche Baugenehmigung un- g=FCltiog und durch eine neue ersetzt werden musste - diese aber letztlich wieder aufgehoben wurde."

Die Baugenehmigung kann eigentlich nicht ungueltig werden. Nur die Inbetriebnahme des Kraftwerks kann verweigert wer- den, da sich herausstellte, dass der Standort ungeeignet ist. Diese Erkenntnis musste aber erst wachsen.

Deswegen sage ich mir, dass eine Betriebsgenehmigung er- teilt worden sein muss oder verweigert wird, wenn ein komplett laut Baugenehmigung aufgebautes AKW nicht in Betrieb gehen darf, da seine Technologie veraltet oder der Standort als un- brauchbar erkannt worden ist.

Andererseits bestehen Vertraege mit den Bauunternehmungen und Hoffnungen des Bauherrn, die Betriebsgenehmigung doch noch zu erreichen (juristische Entscheidungen auf verschie- denen Ebenen mit langer Zeiterstreckung). Das konnte zur vollstaendigen Fertigstellung des AKW fuehren, ohne dass die Brennstaebe auf das Gelaende gebracht werden durften.

Soviel ich weiss, kam es wegen des AKW-Streits zu einer Machtverlagerung. Die Partei von Helmut Kohl verlor und die Partei von Helmut Schmidt gelangte in die Regierungs- verantwortung. Das ist so bis heute in RLP. SPD und Gruene stellen inzwischen die Regierung.

K.L.

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Karl-Ludwig Diehl

Ich meine mich zu erinnern, dass bis zuletzt durch den AKW-Bauherrn gehofft wurde, die Inbetriebnahme doch noch zu erreichen. Die Gerichte waren reichlich beschaeftigt.

Vor der letzten Landtagswahl in RLP wurde die Abrissgeneh- migung des AKW-Komplexes gegeben. Zuvor waren alle Plaene gescheitert, den Bau fuer andere Zwecke umzunutzen.

K.L.

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Karl-Ludwig Diehl

Im Wikipedia-Beitrag ist das so eroertert:

"Das Kernkraftwerk M=FClheim-K=E4rlich wurde von 1975 bis 1986 gebaut. Schon w=E4hrend der Bauzeit kam es wegen Klagen durch Kommunen und Privatpersonen zu Verz=F6gerungen[3]. Das Bundesverfassungsgericht entschied am 6. Februar 1980, dass die friedliche Nutzung der Kernenergie mit dem Grundge- setz vereinbar sei und wies eine Verfassungsbeschwerde zum Genehmigungsverfahren ab.[4] Das Werk war auch deswegen umstritten, da es im leicht erdbebengef=E4hrdeten Neuwieder Becken liegt.[5] Wegen dieser Gef=E4hrdung wurde das Reaktor- geb=E4ude ohne neues Baugenehmigungsverfahren 70 Meter vom urspr=FCnglich geplanten Standort errichtet." aus:

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Der Hinweis: "Wegen dieser Gef=E4hrdung wurde das Reaktor- geb=E4ude ohne neues Baugenehmigungsverfahren 70 Meter vom urspr=FCnglich geplanten Standort errichtet." kommt mir fragwuerdig vor.

Denn das kann nur illegales Handeln sein. Mich wundert deshalb dieser Rechtsstreit, der im Anschluss in demselben Wikipedia-Beitrag gegeben wird:

"Aus diesem Grund musste das Kernkraftwerk im September

1988 jedoch nach knapp zwei Jahren im Probe- und genau 100 Tagen im Regelbetrieb aufgrund einer richterlichen Ent- scheidung abgeschaltet werden. Die rheinland-pf=E4lzische Lan- desregierung erteilte 1990 zwar eine ver=E4nderte Baugenehmi- gung, die vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Kob- lenz 1995 jedoch aufgehoben wurde. Diese Entscheidung be- st=E4tigte das Bundesverwaltungsgericht in Berlin 1998 in letzter Instanz. Nach Meinung des Gerichts h=E4tten die Erkenntnisse =FCber die Erdbebengef=E4hrdung ein vollst=E4ndig neues Genehmi- gungsverfahren erfordert."

Wieso konnte ein Kraftwerkbetreiber auf einem Grundstueck

70 m vom urspruenglichen Standort bauen? Das musste genehmigt worden sein. Von wem, auf welcher Entscheidungs- ebene? Landesebene?

Ein Bundesverwaltungsgericht musste das aufheben. Denn es wird gesagt:

"Nach Meinung des Gerichts h=E4tten die Erkenntnisse =FCber die Erdbebengef=E4hrdung ein vollst=E4ndig neues Genehmi- gungsverfahren erfordert."

Die Standortverlagerung muss irgendwo in einer Behoerde in- nerhalb des alten Genehmigungsvorgangs akzeptiert worden sein. Eine parteipolitische Einflussnahme kann hier vorliegen. Landrat? Landesvater? Oder hat die erste und einfache Geneh- migungsebene unachtsam und unzulaessig gehandelt? Es konnte auch eine Luecke im Genehmigungsrecht existiert haben. Vieles spricht auch dafuer, dass Interpretationsspiel- raum durch die Genehmigungsbehoerde vorlag.

K.L.

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Karl-Ludwig Diehl

Karl-Ludwig Diehl schrieb:

Wohl doch, das Bundesverwaltungsgericht hat die die Genehmigung nachträglich für ungültig erklärt, der formale Grund war die Verschiebung der Bauten.

Im Detail lief das komplizierter ab, zum Einstieg siehe z.B

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Es ist aber schwierig Zusammenfassungen zu finden, die nicht von den beteiligten Parteien selbst stammen - wenn du wirklich Interesse an den Details hat wird du nicht umhinkommen, dir ein eigenes Bild erarbeiten zu müssen.

Siegfried

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Siegfried Schmidt

Siegfried Schmidt schrieb:

[...]

Da bist Du an der falschen Adresse, es geht mehr ums Dampfplaudern.

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Jonathan Alces

Karl-Ludwig Diehl schrieb:

Das ganze ist ein Lehrstück, wie in D Großprojekte gehandhabt werden, wie der Kampf zwischen den Guten und den Bösen, den Mächtigen und den Ohnmächtigen, den Geldgebern und den die daran verdienen wollen, den Vorantreibern und den Verhinderen Zug um Zug abläuft.

Insofern auch nichts anderes als Stuttgart 21 o.ä., einzelne Vorschriften spielen da nur eine Rolle, insoweit sie entsprechend den verschiedenen Interessen dienlich eingesetzt oder ausgelegt werden können. Und für alles was irgendwo passiert ist, wird es mindestens zwei unterschiedliche Varianten der Darstellung geben.

Siegfried

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Siegfried Schmidt

Vielleicht stellst Du Deine Heissluftbeitraege ganz ein und schreibst, wenn, unter ehrlichem Namen. Danke.

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Karl-Ludwig Diehl

Bislang ist mir noch nicht klar, wieso der Bauherr sich er- lauben konnte, das Bauwerk 70m verlagert zu bauen. Es muss ja dafuer eine Genehmigung gegeben haben.

Kraftwerksanlagen sind meist Grossprojekte. Da duerfte es inter- essant sein, moeglichst jedes einzelne Genehmigungsverfahren kritisch bei jedem Kraftwerkkomplex durchzugehen.

K.L.

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Karl-Ludwig Diehl

Der Hinweis ist interessant. Dadurch entfallen Wartezeiten bis zur Genehmigung und Kun- den koennen sich spontan entscheiden, was die Photovolatikanlagen betrifft. Ich zitiere aus dem angegebenen Link:

"Keine baubeh=F6rdlichen Verfahren bei Liftein- bauten oder Energieanlagen, keine Kollaudie- rung mehr, weil ohnehin die konzessionierten Handwerker daf=FCr haften - bei diesen Anliegen ziehen Wirtschaftskammer und Gemeinden an einem Strang."

Dass das baubehoerdliche Genehmigungs- verfahren fuer Lifte auch entfaellt, erinnert mich an den Vorgang in unserem Appart- mentblock in NYC. Wir Bewohner des Ge- baeudes hatten monatelang keinen Aufzug, weil die Behoerde einfach nicht zur Bauab- nahme kam, um den restaurierten und mo- dernisierten Lift feizugeben. Schliesslich rueckten drei Leute mit schweren Gewich- ten an und bewegten ueber Stunden den aufzug auf und ab und zu den verschiede- nen Haltepunkten der Etage, dann gab es die Freigabe. Wenige Tage spaeter fiel der Aufzug aus, danach alle drei oder vier Tage. Inzwischen ist ein neues Steuerteil einge- baut worden.

K.L.

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Karl-Ludwig Diehl

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