Biedermeierzeit: ein ganz früher Durchlauferhitzer

Hallo allerseits,

wen es interessiert: ein ganz fr=FCher Durchlauferhitzer. Hier nicht:

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weiter unten. Gr=FC=DFe K.L.

Das Badezimmer in der Biedermeierzeit: Lassaulx richtet zwei B=E4der in einem B=FCrgerhospital in Koblenz ein

In Koblenz arbeitete in der Biedermeierzeit ein Baumeister, der die Stelle eines Bauinspektors inne hatte. Dieser Bau- meister Lassaulx fiel durch allerlei Ver=F6ffentlichungen auf, in denen er Erfindungen und Verbesserungen vorstellte. Er war auf eine Textstelle im Dictionnaire technologique ge- sto=DFen, durch die auf die "sinnreiche Heizmaschine" des Kupferschmieds Bizet in Paris hingewiesen wird. Dieser hatte seine Vorrichtung bereits genutzt, damit aufgeheiztes Wasser f=FCr Badewannen zur Verf=FCgung stand. Daraufhin machte sich Lassaulx daran, im B=FCrgerhospital in Koblenz eine Beheizungsanlage f=FCr das Wasser zweier Badewan- nen einzurichten. =DCber Rohrleitungen war dadurch war- mes Badewasser f=FCr Badewannen in zwei Badezimmern verf=FCgbar geworden. Eine solche Einrichtung war sicherlich zu dieser Zeit eine gro=DFe Neuerung. (1)

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Details)

Zur Auswertung stehen uns ein Grundri=DF und ein Schnitt der nebeneinander liegenden Bader=E4ume, sowie Detail- zeichnungen der Beheizungsanlage zur Verf=FCgung.

Lassaulx weist darauf hin, da=DF "der eigentliche Erfinder" dieser Heizmaschine, also der Kupferschmied Bizet, sie bereits mehrmals f=FCr einzelne B=E4der angewendet hat,

"wo die Anlage ungleich wohlfeiler ist, indem hier der Was- serkasten, so wie die Schlie=DFh=E4hne, unn=F6thig sind, und f=FCr die Heizmaschine ein Durchmesser von 8 Zoll im Lich- ten v=F6llig hinreichend befunden wurde" (2)

Bevor ihm diese Erfindung von Bizet bekannt war, hatte Lassaulx in seinem Haus bereits eine Beheizungsanlage f=FCr sein Badewasser eingerichtet. All dies wirft Fragen auf, wie damals gebadet wurde und welche Vorrichtungen geschaffen worden waren, damit warmes Wasser zum Baden in Badewannen zur Verf=FCgung stand. Doch besch=E4f- tigen wir uns hier nur mit den Bader=E4umen im B=FCrgerhospi- tal in Koblenz. Die damalige Installation ist ausf=FChrlich be- schrieben worden, damit die Zeichnungen verst=E4ndlich wer- den:

"In einem Zimmer des obern Stocks in der N=E4he der Kran- kens=E4le, und etwa 4 Fu=DF =FCber dem Fu=DFboden, steht ein h=F6lzerner, mit gewalztem Blei ausgeschlagener Wasser- beh=E4lter A, Blatt LXII Fig.1 (im Grundri=DF, welcher durch die Steigr=F6hre B einer im unteren Stock befindlichen Pumpe gef=FCllt wird." (3)

Man hat also zun=E4chst mit Hilfe einer Pumpe das kalte Wasser in das Obergescho=DF gepumpt. Es flo=DF in einen Wasserbeh=E4lter aus Holz, der mit Blei ausgeschlagen war. Dieses Wasser konnte in die Badewannen abgelassen werden. Der Wasserbeh=E4lter speiste auch eine Entnahme- stelle im Flur des oberen Stockwerkes. Wer Wasser be- n=F6tigte, konnte sich hier Wasser entnehmen. Lassaulx formuliert zu dem Wasserbeh=E4lter:

"Er hat zwei H=E4hne C und D; durchs Oeffnen des erstern und mittelst einer vorgelegten Rinne kann sowohl die kup- ferne Badewanne E, als auch eine zweite F in dem anstos- senden Zimmer, Fig.2, durch den in der Zwischenwand ein- gemauerten Trichter G gef=FCllt werden. Der andere Hahn D steht =FCber einem Wasserstein auf dem Flur vor beiden Zim- mern, damit das f=FCr den Bedarf der Bewohner des obern Stocks erforderliche Wasser hier abgezapft werden kann, und nicht aus dem untern Stock heraufgetragen werden mu=DF, wodurch die Reinlichkeit der Treppe und G=E4nge mehr oder weniger leidet." (4)

Es ist sinnvoll, sich diesen Umstand bewu=DFt zu machen. Im ersten Zimmer in der linken Ecke stand erh=F6ht dieser mit Blei ausgeschlagene Holzkasten, dem mit einer Was- serpumpe aus dem Gescho=DF darunter Wasser zugef=FChrt wurde. Von einem Wasserhahn, der keine Rohrverbindung zu den Badewannen hatte, lie=DF man Wasser =FCber eine Rinne, die vermutlich angeh=E4ngt wurde, in die Badewanne in demselben Raum ablaufen, die an der anderen Wand stand. In der N=E4he dieser Badewanne befand sich in der Wand ein Trichter, in den ebenfalls Wasser eingelassen werden konnte. Es flo=DF aus dem Trichter in einem Rohr in die Badewanne des benachbarten Bades. Damit das m=F6glich war, mu=DFte ebenfalls eine Rinne zwischen dem Wasserbeh=E4lter und diesem Trichter angelegt werden. Ein direkter Zuflu=DF bestand nur zu der Wasserentnahme- stelle im Flur. Bevor diese Wasserentnahme m=F6glich wur- de, mu=DFten alle Personen, die im oberen Gescho=DF Was- ser ben=F6tigten, nach unten laufen. Dadurch waren zuvor viele Unannehmlichkeiten vorgefallen, die nun reduziert waren.

Da das Hinaufpumpen des Wassers in den Wasserkasten im Obergescho=DF auch zum =DCberlaufen f=FChren konnte, hat- te Lassaulx einen =DCberlauf eingerichtet. Dies ist so be- schrieben:

"Die offene R=F6hre H steht etwas unter dem obern Rand des Wasserbeh=E4lters, und verh=FCtet das Ueberlaufen desselben; sie f=FChrt in die Ablaufr=F6hre J des Wassersteines auf dem Gange, und diese, wie jene KK der Badewannen, nach dem Trichter L einer au=DFerhalb des Geb=E4udes angebrach- ten Ableitungsr=F6hre." (5)

Wenn man sich das im Grundri=DF ansieht, sieht man drei Rohre, die aus den Badezimmern zu einem Wasserab- lauf au=DFerhalb des Geb=E4udes hinstreben. Das sagt erst einmal, da=DF der Wasserablauf besser organisiert wurde als der Zulauf.

Nun zur "Heizmaschine" selbst. Um es vorweg zu nehmen, es ist ein Durchlauferhitzer. Das in die Badewanne einge- lassene Wasser flie=DFt durch ein unteres Rohr in die Heiz- maschine, wird dort erw=E4rmt, und flie=DFt durch eine oberes Rohr in die Wanne zur=FCck. Die Beschreibung aus der Bie- dermeierzeit ist so gehalten:

"Zur Erw=E4rmung der B=E4der dient die Heizmaschine M, Fig. 1 und 3, 4, 5 in der Ecke des ersten Zimmers. Sie be- steht aus einem kupfernen birnf=F6rmigen Feuerbeh=E4lter N, Fig. 4 und 5, welcher offen und mit einem Rost O versehen ist; er endigt oben in einer R=F6hre P aus Eisenblech, wel- che den Rauch in eine benachbarte Schornsteinr=F6hre ab- f=FChrt. An der Seite dieser R=F6hre befindet sich ein mit ei- nem Deckel versehener Arm Q zum Einbringen der Kohlen. Der zwischen dem Feuerkasten N und dem Mantel R, von gleichem Metall und Form, bleibende Raum S steht mit- telst den angel=F6theten kupfernen R=F6hren T T mit beiden Badewannen in Verbindung, von denen die eine oder die andere durch Schlie=DFung der H=E4hne V V V V von der Heiz- maschine abgeschlossen werden kann. Ist nun die Bade- wanne gef=FCllt und sind die H=E4hne ge=F6ffnet, so f=FCllt sich je- ner Zwischenraum S in der Heizmaschine nat=FCrlich eben- falls mit Wasser, alsdann erst darf, aus begreiflichen Gr=FCnden, das Feuer angez=FCndet werden, was durch einen unter den Rost gehaltenen brennenden Span, oder einige Papierschnitzel geschieht. Das Wasser zwischen dem Feuerbeh=E4lter und Mantel wird nun erw=E4rmt, hierdurch spe- zifisch leichter, str=F6mt mithin durch die obere R=F6hre in die Wanne, und ersetzt sich sofort durch die untere: es ent- steht also ein Kreislauf, der so lange durch Nachf=FCllen von Kohlen unterhalten wird, bis das Badwasser den gew=FCnsch- ten W=E4rmegrad erhalten hat." (6)

Man mu=DF also zun=E4chst das Wasser in die Badewannen einlassen, die zum Baden genutzt werden sollen, dann wird der Ofen zum Heizen vorbereitet und die H=E4hne der Zirkulationsleitung des Wassers werden ge=F6ffnet. Dann wird der Ofen angez=FCndet und durch die Hitze des Feuers erw=E4rmt sich ein Wasserspeicher, der um diese Hitze- quelle angeordnet ist. Nun setzt sich durch die Erw=E4rmung des Wassers der Kreislauf in Bewegung. Sobald das Was- ser in der Badewanne die gew=FCnschte Temperatur hat, wird kein Brennmaterial mehr in den Ofen gegeben und das Feuer verliert an Kraft und geht schlie=DFlich aus.

Es stellt sich die Frage, wie man damals bei einer solchen Anlage das Badezimmer zu organisieren hatte. Lassaulx schreibt:

"Die Heizmaschine steht auf einer Steinplatte, damit die auf ein untergestelltes Blech fallende Asche den Fu=DFbo- den nicht sch=E4digen kann. Da der Rost in der Heizmaschi- ne etwas von dem Fu=DFboden entfernt, auch die obere hori- zontale R=F6hre etwas tiefer als der Wasserstand in der Wanne liegen mu=DF, so wurde jede Wanne auf eine kleine Erh=F6hung W gestellt, die zugleich die Abflu=DFr=F6hren K K bedeckt und gegen Besch=E4digungen sch=FCtzt, dabei etwas breit ist, damit die Krankenw=E4rter darauf stehen k=F6nnen, um schwache Kranke bequem in und aus dem Bad zu he- ben." (7)

Man hat also den Ofen auf einer Steinplatte positioniert, damit die Brandgefahr reduziert ist, wenn Asche vielleicht noch mit Glut auf ein Blech aus dem Ofen abgelassen wird.

Au=DFerdem erzwangen die Rohrleitungen zwischen Durch- lauferhitzer und Wanne einen etwas erh=F6hten Standort der Badewannen, da das obere Rohr "etwas tiefer als der Was- serstand in der Wanne" liegen mu=DFte.

Da Kranke in diesen Badewannen gebadet wurden, war die Plattform, auf der die Wanne stand, ausreichend breit zu machen, damit das Pflegepersonal die Patienten in das Wasser ablassen und relativ sicher aus dem Bad heben konnte.

Damals wurde auch geduscht. Es ist so dargestellt:

"Sollen Duschb=E4der gegeben werden, so geschieht die=DF mit einer kleinen Druckpumpe, welche in die Wanne ge- stellt, an dieselbe befestigt und von den Kranken, oder den W=E4rtern in Bewegung gesetzt wird, au=DFerdem auch zugleich als Handfeuerspritze benutzt werden kann." (8)

Man pumpte also das warme Badewasser in der Wanne mit Hilfe einer Handpumpe zu einem Duscharm, soda=DF der Patient leicht von allen Seiten abgeduscht werden konnte. Leider fehlt eine Abbildung.

Lassaulx schildert weitere Beheizungsarten des Bade- wassers, die aber hier nicht abgehandelt werden sollen, da es nur um den Durchlauferhitzer im B=FCrgerhospital in Kob- lenz gehen soll.

Es hatte mich etwas =FCberrascht, bereits in der Biedermeier- zeit einen Durchlauferhitzer anzutreffen. Dieser scheint von dem Kupferschmied Bizet erfunden worden zu sein. Man wird dem genauer nachgehen m=FCssen.

K.L.

Dieser Text von Karl-Ludwig Diehl wurde in

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Diskussion gestellt. Der Autor ist =FCber folgende Emailadresse erreichbar: baugeschichte (at) email.de

Anmerkungen: (1) siehe: Lassaulx: Beschreibung der Badeanstalt in dem B=FCrgerhospital zu Koblenz. S.273-275 und Zeichnungen auf Blatt LXII in: Allgemeine Bauzeitung. Wien, 1836; da- zu die Textstelle bei Lassaulx: "Ich lernte diese sinnreiche Heizmaschine durch das Dictionnaire technologique Tome II. p.430 kennen". (Lassaulx, S.274) (2) siehe Zitat im Zusammenhang in: Lassaulx, wie vor, S.274 (3)-(6) zitiert aus: Lassaulx, wie vor, S.273 (7) zitiert aus: Lassaulx, wie vor, S.273f. (8) zitiert aus: Lassaulx, wie vor, S.274

Reply to
Karl-Ludwig Diehl
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Karl-Ludwig Diehl schrieb:

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Das ist entsprechend der verlinkten Definition in Wikipedia eben gerade _kein_ Durchlauferhitzer, sondern eher allenfalls ein Warmwasserbereiter.

Reply to
Rolf Sonofthies

Da steht: "nimmt der Durchlauferhitzer erst dann seine T=E4tigkeit auf, wenn das hei=DFe Wasser ben=F6tigt wird"

Das war in Koblenz der Fall. Wasser wurde eingelassen, der Ofen ange- heizt, wenn das erhitzte Wasser flie=DFen sollte. Es zirkulierte dann, bis die Temperatur erreicht war. Vielleicht ist es eine Mischform zwischen Warmwasserbereiter und Durchlauferhitzer.

Man m=FC=DFte das genauer ausf=FChren, was Du meinst, an Unterschieden herausgelesen zu haben. Wiki ist mir zu ungenau. Aber Du kannst Dich ja versuchen, es herauszuarbeiten. Mehr historisches Wissen dazu scheint mir sowieso angebracht.

K.L.

Reply to
Karl-Ludwig Diehl

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