KKW-Kuehltuerme

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Moin!

Es gibt offenbar unterschiedliche Kühlturmtypen:

Beim KKW Gundremmingen verdunsten die Naßzugkühltürme das entnommene Donauwasser komplett (ca. 20 Mio. m^3 jährlich), hingegen dient der Kühlturm von Isar 2 nur der Rückkühlung: Das erwärmte Kühlwasser durchfällt eine Luftstrecke, verdunstet nur zu einem geringen Teil und wird mit einer nur geringen Übertemperatur in die Isar zurückgeleitet.

Gundremmingen lobt sein Verfahren mit dem Argument der Wassersparsamkeit: Es würde sehr viel weniger Wasser verbraucht als bei Frischwasserkühlung. Was sich nicht so ganz nachvollziehen kann: Das Wasser ist weg, während nach dem Rückkühlprinzip Kühlwasser im Prinzip im geschlossenen Kreislauf umlaufen könnte und nur die kleinen Verdunstungsverluste ersetzt werden müßten (naja, so klein sind die wohl auch wieder nicht), also sollte der Verbrauch dann doch niedriger sein. Außerdem hat das den Nachteil, daß das zu verdampfende Wasser enthärtet werden muß, wobei als Nebenprodukt jährlich 50.000 t Kalkdünger anfallen (und eine ganze Menge Kalkmilch zum Fällen verbraucht wird).

Der Vorteil könnte natürlich sein, daß die Kühltürme kleiner ausfallen könnten, weil höhere Ablufttemperaturen und damit geringere Luftdurchsätze möglich sind, als wenn man das Wasser immer auf annähernd Lufttemperatur runterkühlen will.

Wird Verdampfung mit vorangegangener chemischer Fällung eigentlich noch woanders als in Gundremmingen praktiziert? Wird in den Anlagen mit Rückkühlung eigentlich das Kühlwasser zur Vermeidung von Kesselstein usw. das Kühlwasser chemisch behandelt?

(Das sollte alles gar nicht spezifisch für KKW sein, sondern bei Kohlekraftwerken genauso auftreten. Am Kondensator unterscheiden die sich von KKW doch auch nicht mehr.)

Gruß aus Bremen Ralf

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Ralf . K u s m i e r z
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Ralf . K u s m i e r z schrieb:

Was sich nicht so ganz nachvollziehen kann: Da müsste die Temperatur im Kühlturm von Gundremmingen höher sein als in dem von Isar 2, was den exergetischen Wirkungsgrad reduzieren würde.

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Tom Schneider

"Tom Schneider" schrieb im Newsbeitrag news:i7loid$j7v$ snipped-for-privacy@news.albasani.net...

Hi, unterschiedlich ist dabei insbesondere die Kühlwasserpumpenleistung. Weniger Wasser gepumpt spart Strom. Sollte man denken. Doch auch da hat das Kraftwerk seine Probleme, um gute Verdunstung zu erreichen braucht man lange Fallstrecken und feine Zerstäubung, also hohen Druck in engen Rohren. Und dazu verringert vollständige Verdunstung den Wirkungsgrad signifikant, ein richtiger Naßkühlturm dagegen erreicht eine zuverlässige Tiefsttemp, noch dazu recht gleichmäßig, ohne großes Anlagensteuern. Gundremmingen klingt wie Bullshit. Ich halte das eher für einen "Rest" der Planungsphase. Ursprünglich war das Ding ja im Wasserschutzgebiet geplant, und da wollte man wohl dem Argument von "verseuchtem Abwasser" gegenarbeiten. Dann wurde es einfach verlegt.

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gUnther nanonüm

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begin quoting, Tom Schneider schrieb:

Könnte sein, ist aber nicht zwingend. Die beiden Systeme unterscheiden sich ziemlich grundlegend (falls ich das richtig verstanden habe):

Gundremmingen hat einen geschlossenen Kühlkreislauf - das Kühlwasser läuft durch den Kondensator, heizt sich dort auf und wird dann zum Kühlturm gepumpt und dort mit Donauwasser rückgekühlt, das dabei vollständig verdampft (wobei es denkbar wäre, daß davon einiges in die Kühlturmtasse gelangt und von dort wieder nach oben gepumpt wird), dann läuft es zurück zum Kondensator (bzw. wird es wahrscheinlich noch irgendwo ein Vorratsgefäß geben). (Die Blöcke Gundremmingen B und C sind Siedewasserreaktoren, bei denen grundsätzlich kontaminierter Primärdampf durch die Turbinen und den Kondensator geht - wahrscheinlich möchte man den entspannten Dampf nicht durch den Kühlturm leiten, sondern im Reaktorgebäude bzw. Maschinenhaus behalten.)

Isar 2 ist ein Druckwasserreaktor, d. h. der Dampf entsteht erst im sekundären Kühlkreislauf und ist nicht kontaminiert. Daher wird der Kondensator direkt mit Flußwasser gekühlt, das dann seinerseits im Kühlturm rückgekühlt und in den Fluß zurückgeleitet wird.

Um die Verdampfungsenmthalpie des Wassers zu nutzen, muß es nicht bis auf 100 °C erwärmt werden, es muß nur lange genug Luftkontakt haben. Ich würde sowas im Gegenstromverfahren aufbauen: Im Kühlturm werden übereinander Wärmetauscher angeordnet, die vom Zwischenkreis von oben nach unten durchflossen werden. Unten werden sie mit dem aufbereiteten Flußwasser besprüht, das dabei ziemlich effektiv kühlt, zugleich wird die Luft dadurch erwärmt. Im Ergebnis steigt aufgrund des Kamineffekts im Kühlturm ein kräftiger Luftstrom auf, der eine ganze Menge Wasser mitreißt. Weiter oben wird das dann ziemlich vollständig verdampft, ein paar Tropfen kondensieren in der Höhe vielleicht wieder aus und regenen herab. Man muß nur vermeiden, daß unverdampftes Wasser mit dem Kühlluftstrom aus dem Turm heraustransportiert wird - die Wolken sollen erst außerhalb des Kühlturms entstehen.

Wahrscheinlich dient das Wasser hauptsächlich als ziemlich effektive Luftpumpe, die die Dichte des aufsteigenden Kühlluftstroms stark verringert, ohne daß dafür eine hohe Übertemperatur erforderlich wäre. Daß man dabei die Vwerdampfungswärem natürlich auch noch "mitnimmt", ist klar, denn sonst hätte (ohne diese "Wasserpumpe") der Kühlturm deutlich größer dimensioniert werden müssen.

Jeder der beiden Türme muß 2 GW wegkühlen. Dafür wäre die Verdampfungsenthalpie von 890 l Wasser pro Sekunde erforderlich. Es werden aber von jedem nur 350 l/s verbraucht, also spielt die Luftkühlung bzw. Erwärmung des Wassers auch eine wesentliche Rolle.

Gruß aus Bremen Ralf

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Ralf . K u s m i e r z

Am 26.09.2010 06:26, schrieb Ralf . K u s m i e r z:

Dann ist es kein Kühlturm sondern ein Verdampfer.

Man läßt genug kaltes Wasser rein und darf kein warmes ablassen.

sorry Carsten

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Carsten Thumulla

Ralf . K u s m i e r z schrieb:

Offenen Umlaufkühlsysteme verursachen ja gerade wegen des Luftkontaktes relativ große Mengen an sichtbarem Wasserdampf, die man bereits aus >

100 km erkennen kann. Weil Umweltschützer gerne darüber meckern, ist man in vielen Kraftwerken zur geschlossenen Umlaufkühlung übergegangen. Das ist der wesentliche Grund.

Die Aufbereitung von Kühlwasser ist generell vielfältig, äußerst komplex und erfordert im Kraftwerksbetrieb aufgrund des hohen Wasserbedarfs relativ große Anlagen. BTW baut man in südlichen Ländern Kraftwerke auch gerne in Meernähe, weil man zugleich mit Hilfe der Kühlung Meerwasser entsalzt und nach weiteren Aufbereitungsschritten als Trinkwasser zur Verfügung stellt.

Die wesentlichen Problemfelder bei der Aufbereitung eines jeden Kühlwassers sind im wesentlichen:

  1. Steinbildungen bzw Feststoffablagerungen
  2. Mikrofilme durch Algen, Bakterien, Pilze
  3. Korrosion

Ad 1: Hier wären in erster Linie Ablagerungen durch Calciumcarbonat zu nennen. Es setzt sich vor allem an den heißesten Stellen im System ab. Neben der Temperaturerhöhung erfolgt die Abscheidung in offenen Kreisläufen auch z.B. durch Verdunstung und durch Strippen der Kohlensäure im Kühlturm.

Das Problem mit Ablagerungen an den Kondensatorrohren ist, dass bereits dünne Beläge den Wärmedurchgang erheblich behindern und dadurch den Unterdruck im System vermindern. Als Bauernlineal: Eine Schicht von 0,5 mm vermindert den Unterdruck um ca 4% und erhöht den Dampfverbrauch der Turbine um ca 5-7% Bei sulphathaltigen Rohwässern kommt es zusätzlich durch die Eindickung zu einer Überschreitung der Gipslöslichkeit. Dieses Problem ist nur schwer in den Griff zu bekommen. Am besten ist es hier, durch frühzeitiges Abschlämmen unterhalb der Gipslöslichkeit zu bleiben.

Verfahren zur Aufbereitung sind u.a. Schnellreaktoren zu Entkarbonisierung z.B mittels Kalkhydrat, z.B. Kalkmilch, Ionentauschverfahren zur Entkarbonisierung mit anschließender Strippung zur Entfernung von überschüssigem CO2 oder Säureimpfung zur Stabilisierung. Zusätzlich können noch Härtestabilisatoren wie Polyphosphate und Phosphonsäuren zum Einsatz kommen.

Ad 2: Mikrobiologische Filme stellen ein erhebliche Problem dar. Mittel der Wahl ist hierbei Chlor in Form von Chlorgas/Chlorwasser oder Chlorbleichlauge. Die Chlorung ist eine Wissenschaft für sich. Daneben kommen noch Acrolein, Kupfersulfat, Chlorphenole, organische Schwefel- oder Bromverbindungen auch Kombination in Frage.

Ad 3: Die Liste von Korrosionsschutzinhibitoren ist lang. Generell muss man hier zwischen geschlossenen und offenen Systemen unterscheiden Bei Durchlaufsystemen kommen hier nur Phophate und Silikate zum Einsatz. Bei geschlossenen Systemen ist die Liste lang. Sie geht von Chromat, Nitrit, Polyphosphaten mit/ohne Zinksalzen, Boraten über Benzthialat, Benztriazol zu Tanninen, Aminen und emulgierbaren Korrosionsschutzölen.

Die Abwässer sind nicht unproblematisch und können zu weiteren Aufbereitungsschritten führen, sofern nicht gezielt eingeleitet wird.

Anhand der gegeben Stichpunkte kannst du dich ja weiter hangeln. Das Thema ist mehr als abendfüllend.

Im KKW-Bereich kommen zusätzlich noch Aufbereitungsmassnahmen zur Entaktivierung/Konditionierung des Primärkreislaufes, des Sekundärwassers im Druckwasserreaktor und des Brennelemente-Lagerbeckens zum Tragen.

Im Abwasserbereich ist die Liste ebenfalls lang: Destillat aus Kühlmittelaufbereitung, Sumpfwasser aus Anlagen- und Betriebsräumen, Wäschereiabwasser, Labor- und Dekontaminierabwasser, Regenerat-/Spülwasser aus Ionentauscher-/Filteranlagen, der Absalzung etc. Für ein Kraftwerk mit rund 1300 MW (wieder als Bauernlineal) kann mit rund 20.000 cbm/Jahr an o.a. Abwasser rechnen.

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Harald Maedl

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