Tempolimits auf Bruecken

Moin die Herrrschaften,

eine Frage beschäftigt mich schon länger:

bei vielen Brücken, die auch schon bessere Tage gesehen haben, ist ein Tempolimit für schwere Fahrzeuge vorgegeben. Das erscheint mir nun etwas unlogisch, denn je schneller ein LKW über die Brücke fährt, umso geringer bzw. kürzer ist ja die Belastung des Bauwerks. Ich stelle mir das so vor: "Gewicht x Zeitdauer der Einwirkung = Belastung". Also sollte man IMHO eher so flott wie möglich über so eine Brücke fahren als extra langsam, da ja dann die Belastung auch geringer ist.

Wenn ich richtig liegen würde, stände also ein Schild der Art: "LKW über

7,5t _mindestens_ 80 km/h" vor der Brücke. Tuts aber nicht :-)

Wo ist denn der Fehler in meiner Betrachtung?

Prabodh öfter mal mit 16t unterwegs

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Prabodh C. Brendler
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Unebenheiten wie Fugen oder aufgebrochener bzw. geflickter Asphalt (soll ja bei "Brücken, die auch schon bessere Tage gesehen haben", ab und zu mal vorkommen) bewirken beim Drüberfahren eine Vertikalkraft zusätzlich zur Gewichtskraft des Fahrzeugs, die - vom Betrag her vielleicht nicht einmal besonders groß - als Stoß zu Schwingungen führt. Und von "Good Vibrations" kann da wohl nicht die Rede sein.

Gruß,

Michael

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Michael Hemmer

Ein wenig Zusatzsenf: Wenn ich mich recht erinnere, steigt die Schädigung der Strassenoberfläche in Abh. von der Achslast etwa in der 5ten Potenz... (welchen Einfluss die Fahrgeschwindigkeit hat, weiss ich nicht). Die Auswirkungen der dyn. Belastungsspitzen sind dabei in erster Linie lokal beschränkt; allerdings können auch größere Teile der Strktur in Schwingung geraten (trifft afaik vor allem bei Zugüberfahrten von langen, in regelmäßigen Abständen durch Pfeiler gestützten Brücken auf).

Lösung: Brücke mit parabolisch gekrümmter Fahrbahn und Geschwindigkeit so vorschreiben, dass die Radaufstandskraft nur noch 1/10 der statischen Last ist ;o)

Martin

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Martin Spieck

Vorweg: Bin kein Bau-Ing. Ja, es ist zwar völlig richtig, dass die Belastung dann von kürzerer Dauer wäre. Nur ist die Tragfähigkeit einer Brücke mit Sicherheit so ausgelegt, dass sie auch einem möglichen Verkehrsstau, bestehend aus LKW standhalten würde. Aus diesem Grund ist es für die Tragfähigkeit der Brücke absolut unwichtig, wie schnell ein Fahrzeug darüber fährt. Meiner Meinung ist das Tempolimit eine reine Sicherheitsfrage für den Staßenverkehr (Unfälle auf Brücken können ziemlich unangenehm werden).

Gewicht (kg) x Zeitdauer (s) = Belastung (kgs) ? Diese SI-Einheit wäre mir persönlich relativ neu! ;-)

Kai Dörner

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Kai Dörner

"Prabodh C. Brendler" posted:

Lege irgendwohin ein ca. 50 cm langes Stück Dachlatte, so zwischen 2 Stuhllehnen z. B.

Lege jetzt vorsichtig einen 500-g-Hammer drauf. Du wirst feststellen, daß deine Brücke^WDachlatte, die Last problemlos aufnimmt.

Jetzt nimm den Hammer hoch und schlage mit aller Wucht auf die Dachlatte.

Schwingende (und stoßende) Systeme verhalten sich oftmals recht eigenartig und sind dem Alltagsempfinden nicht unbedingt zugänglich.

Bestes Beispiel ist zur Zeit die Mär, daß unsere Atomkraftwerke durch den Absturz von Verkehrsflugzeugen gefährdet sein könnten.

Ich betone, daß ich keinesfalls Atomkraftbefürworter bin. Aber diese "Rechnungen", falls es überhaupt welche sind, sind absoluter Blödsinn.

Gruss, Werner

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Werner Jakobi

ich glaube das da auch ein allgemeiner sicherheitsaspekt dahinter steckt. wegen seitenwinden, glatteisgefahr...

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Martin

Diese Größe ist der heutigen Physik noch nicht bekannt, aber das war das Ampere vor 300 Jahren ja auch noch nicht.

Die Belastung hätte dann die SI-Einheit N*s, also kg*m/s. Das ist auch schon der Impuls des LKW, aber der ist ein Vektor und zeigt in Bewegungsrichtung, stört die Brücke also nicht wirklich.

Die Größe der Belastung, wie Du sie Dir vorstellst, gibt es nicht. Es gibt hier erst einmal nur Kraft und Gegenkraft. Die Kraft ist die Gewichtskraft, die der LKW erfährt, und wirkt zum Erdschwerpunkt. Die Gegenkraft wird von der Brücke aufgebracht (durch mechanische Spannung, indem die Brücke sich etwas durchbiegt) und wirkt der Kraft entgegen. Da die beiden sich aufheben, passiert nichts. Erst wenn die Brücke die Gegenkraft nicht mehr vollständig oder dauerhaft aufbringen kann (weil sie sich so weit nicht mehr durchbiegen kann), kracht sie ein. Solange sie es aber kann, macht es für sie keinen Unterschied, ob Du den LKW eine Minute oder ein Jahrhundert drauf stehen läßt (Materialalterung vernachlässigt).

Sie dauert eine kürzere Zeit. Aber wieso ist sie geringer? Anders gefragt: Könntest Du mal kurz vorrechnen, wie lange eine Daunenfeder auf der Brücke liegen muß, um sie zum Einsturz zu bringen? Auch die Belastung durch eine Daunenfeder müßte dann ja mit der Zeit ansteigen.

Darin, daß fahrende LKW die Brücke zum Schwingen bringen könnten. Und dieser Effekt kann durchaus a) die Brücke beschädigen und b) mit steigender Geschwindigkeit anwachsen.

Eine Brücke, die einkracht, sobald ein LKW nur eine Stunde lang drauf stehen bleibt, gehört sowieso abgerissen :) Und wenn sie den LKW eine Stunde lang aushält (was ich hoffe), wird's keinen Unterschied ausmachen, ob er die Brücke fünf Sekunden länger oder kürzer belastet.

vG

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Volker Gringmuth

Am Fri, 20 Feb 2004 19:41:25 +0100 schrieb Werner Jakobi:

Das wird wohl der Hintergrund sein. Wobei dann das stoßende Teil wohl das Rad auf der holperigen Straße/schadhaftem Belag sein wird, wie von Michael Hemmer weiter oben im Thread beschrieben. Sooo sanft ist die heute übliche Luftfederung halt auch nicht.

Merci an alle für die Antworten

Prabodh

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Prabodh C. Brendler

Am Fri, 20 Feb 2004 18:13:33 +0100 schrieb Martin Spieck:

Das wäre auf jeden Fall ein sehr interessanter Bus bzw. LKW, mit Raketenantrieb...

Prabodh über Bremsfallschirme grübelnd

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Prabodh C. Brendler

Am Fri, 20 Feb 2004 20:18:53 +0100 schrieb Martin:

In diesem Fall nicht. Ich meinte schon die Brücken, die ein Tempolimit haben und gleichzeitig mit dem Schild "Brückenschäden" garniert sind.

Bei Hochbrücken wie über den Nord-Ostseekanal oder nach Fehmarn rüber gibt es Tempolimits, die von der aktuellen Windstärke abhängen. Aber da ist mir der Grund schon einsichtig.

Prabodh

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Prabodh C. Brendler

Moin,

Kai Dörner hat geschrieben:

ACK, Insbesondere wo ja bei einem Stau die Fahrzeuge viel dichter stehen, als sie im laufenden Verkehr fahren.

ACK, hinzu kommt noch, daß LKW recht unangenehm auf Seitenwind reagieren. Und Wind ist prinzipbedingt auf Brücken immer stärker als wo anders.

CU Rollo

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Roland Damm

Am Fri, 20 Feb 2004 20:33:08 +0100 schrieb Volker Gringmuth:

Na ja, gemeint habe ich dieses:

Wenn ich einen Balken nehme, z.B. einen Deckenbalken in einem Haus, dann bleibt er schön gerade. Wir nehmen mal an, das er nicht unterdimensioniert ist. Wird er nun recht stark belastet über längere Zeit, z.B. durch ein großes Aquarium oder eine neue Trennwand, dann biegt sich der Balken ein Stück durch. Wirkt die Last nur kurze Zeit, geht der Balken wieder in seine Ausgangslage zurück. Wirkt die Last aber lange genug, bleibt die Durchbiegung erhalten, auch wenn die Last wieder entfernt wurde. Kann man in alten Gehöften recht gut beobachten. Z.B. in dem, in dem ich wohne.

Die zeitliche Dauer der Gewichts/Krafteinwirkung hat also schon einen Einfluß. Wenn auch nicht den, den ich vermutet habe. Ich hatte nicht erwartet, das die Stöße der Reifen auf die Fahrbahn eine Rolle spielen im Vergleich zum gesamten Gewicht eines LKWs.

Prabodh

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Prabodh C. Brendler

Hallo,

Volker Gringmuth schrieb in der newsgroup de.sci.ing.misc:

Ich nehme an, der LKW steht in diesem Fall da, um sich die Abrisskosten zu sparen. K.L.Diehl

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Karl-Ludwig Diehl

Prabodh C. Brendler schrieb am Fri, 20 Feb 2004:

Es ist schon auch so, wie Du vermutest. Nur sind die betrachteten Zeiträume immer noch anders als beim Befahren der Brücke. Man unterscheidet dabei zwischen dynamischer und statischer Belastung. Wenn Du beispielsweise einen Betonprobewürfel nimmst und ihn recht schnell belastest (wenige Minuten), dann kann er mehr Widerstand leisten. Wenn Du ihn dagegen über viele Tage ganz langsam und gleichmäßig belastest, dann bringt er schon nicht mehr soviel, wie der kurzbelastete. Dafür ändert sich aber auch das Bruchverhalten. Bei der kurzen Belastung ist das Versagen viel schlagartiger. Gleichzeitig wird auch das Materialverhalten von der Höhe der Belastung abhängig. Bei geringer Belastung ist es elastisch, d.h. bei Wegfall der Belastung geht es in den Ursprungszustand der Verformung. Bei höher Belastung wird es dann plastisch, d.h. obwohl die Belastung nicht mehr da ist, bleibt die Verformung. Beton hat zudem die Eigenschaft des Kriechens, d.h. er will sich der Last entziehen. Die Verformungen werden bei konstanter Spannung größer. Das sind aber alles langanhaltende, also statische Vorgänge. Das Tempolimit dagegen ist auf kurze, also dynamische Lasten begründet. Und hier spielt eben wie von den anderen schon erwähnt, der verursachte Impuls eine wesentliche Rolle. Die Baudynamik hat dazu auch geeignete Modelle entwickelt, die gerade bei der Bemessung von Brücken wichtig sind. Bei Eisenbahnbrücken ist dies aufgrund der höheren Lasten sogar in vielen Fällen maßgebend, d.h. die Tragfähigkeit einer Brücke hängt von der Dynamik ab. Deshalb gibt es IMO auch keine bis wenige Hängebrücken für die Eisenbahn, da diese Systeme besonders gefährdet sind.

HTH Steffen

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Steffen Bertz

Hallo, ein Aspekt ist sicher auch die Belastungsgeschwindigkeit, also die Zeitdauer die es braucht bis die Last von Null auf ihren Maximalwert anschwillt. Bei schneller Überfahrt ist diese sicher geringer als bei Langsamer Fahrt. Mit steigender Belastungsgeschwindigkeit nimmt der Dynamische Lasterhöhungseffekt (Stoßfaktor) zu.

Beispiel: Balken auf zwei Stützen, mittige Einzellast aus zb. Gewicht

Fall a: unendlich langsames Aufbringen der Last, also quasistatisch -> Durchbiegung f , Biegemoment M, keine Schwingung um augelenkte Ruhelage f

Fall b: Plötzliches aufbringen der Last (Fallhöhe 0 (Null) Die Last (Masse) wird zB im Kran hängend aber ohne Fallhöhe ,mit direkten Kontakt zum Balken, plötzlich ausgekoppelt -> Durchbiegung 2*f, Biegemoment 2*M, Schwingung mit Amplitude f um die ausgelenkte Ruhelage f.

Fall c: Plötzlich Last aus Höhe >0 fallen lassen -> Durchbiegung n*f, Biegemoment n*M, Schwingung mit Amplitude n-f um die ausgelenkte Ruhelage f.

Bei Brücken liegt der Fall üblicherweise zwischen a und b mit Schwingbeiwerten um 1,4

Bei "sehr" schneller fahrt ergibt sich allerdings wieder ein Kleinerer faktor , der unter umständen sogar kleiner 1 sein Könnte, nämlich dann wenn die Überfahrt beendet ist bevor die Brücke sich bis zur Ruhelage F durchgebogen hat.

Gruß mw

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mario.weckop

Hallo,

Steffen Bertz schrieb in der newsgroup de.sci.ing.misc:

Das war ein guter und interessanter Beitrag. Vielleicht sollte man bei der schnellen Belastung und dem hoeheren Widerstand noch etwas mehr erlaeutern. Ist der Widerstand deshalb nur hoeher, weil es dem Beton so schnell nicht gelang zu kriechen? K.L.Diehl

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Karl-Ludwig Diehl

Hallo,

mario.weckop schrieb in der newsgroup de.sci.ing.misc:

Bei welcher Brueckenbreite mit welcher Geschwindigkeit befahren ergibt sich das?

Gruesse K.L.Diehl

Reply to
Karl-Ludwig Diehl

Üblich mag sie sein, aber bei Lkw-Vorderachsen noch längst nicht der Standard - da herrscht noch die Parabel-mehr-oder-weniger-Feder.

Gruß,

Michael

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Michael Hemmer

[...]

Bis hierher war immer an vertikale Belastung gedacht. Ein 16-Tonner mit einer Vollbremsung aus 100 km/h und einem gleichzeitgen heftigen Lenkmanöver bringt sicher die Lager der Brücke in 'Schwierigkeiten'.

Peter

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P.R!EDEL

Am Mon, 23 Feb 2004 09:04:56 +0100 schrieb P.R!EDEL:

Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Es kommt zwar nicht gerade täglich vor, das man voll in die Eisen muß, aber doch öfter als niemals. Und dann machen die Fahrzeuge vor und hinter einem meistens auch gerade einen Bremsentest. Da hatts dann schnell mehr als 100 Tonnen, die ihre Bewegungsenergie in die Brücke einleiten. Ein Beispiel dafür ist die Autobahn bei Remscheid(?): Baustelle, Limit 60 km/h, Überleitung auf andere Spur. Man kommt den Berg runter und direkt rauf auf das Teil. Diese Brücke hängt sogar zwischen den einzelnen Pfeilern deutlich durch. Ähnlich war es mit einer Brücke zwischen Würzburg und Aschaffenburg; ist inzwischen erneuert.

Ich denke, wenn eine Brücke die Vollbremsung aller Fahrzeuge, die gleichzeitig draufpassen, nicht mehr aushält, kann man sie wohl abreissen. Befahrbar ist sie dann jedenfalls nicht mehr.

Prabodh

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Prabodh C. Brendler

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