Gefährlichkeit von Stromunfällen (Wik ipedia)

Hi,

Aus folgendem Abschnitt im Wikipedia-Artikel "Elektrischer Strom" ist nicht so recht schlau zu werden:

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Dort ist ein Diagramm, das die Wahrscheinlichkeit von Herzkammerflimmern in Abhängigkeit von Stromstärke und Einwirkungsdauer zeigt. Leider fehlen dort Angaben zu den Einheiten (man kann nur raten, dass Ampere und Sekunden gemeint sind), ferner zu der Art des Stromes (geraten: 50 Hz Wechselstrom) und des Stromweges, also ob der durch das Herz oder durch den ganzen Körper fließende Strom gemeint ist usw. Das wichtigste jedoch: Es fehlt eine Quellenangabe. Auch die Anfrage mehrerer WP-Autoren verlief bisher im Sande.

Auffallend (und Fragen aufwerfend) ist vor allem der Verlauf: Für sehr kurze ebenso wie sehr lange Einwirkungen scheint die Einwirkungsdauer nahezu ohne Einfluss zu sein, während in der Größenordnung von 1 Einheit eine starke Zunahme der Empfindlichkeit (sprich Abnahme der erforderlichen Stromstärke) zu finden ist. Wenn [Einheit] Sekunde ist, dann liegt ja der Schluss nahe, dass es mit der Herzfrequenz zusammenhängt.

Daher die Frage: Weiß jemand Quellen, aus denen die Kurve bzw. zugrunde liegende Daten entnommen worden sein könnten? Wie werden solche Daten gewonnen (Tierversuche? Statistik?)? Ist die Wahrscheinlichkeit von Kammerflimmern gleich oder nahezu gleich der Todeswahrscheinlichkeit (oder kann sich ein "flimmerndes" Herz ohne Defibrillation etc. von selbst wieder "fangen"? Wenn ja, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit dazu?)?

Der WP-Artikel "Stromunfall" liefert zumindest einige Statistiken, allerdings steht da nichts zur Einwirkungsdauer geschweige denn zur Herkunft besagten Diagramms.

Allgemein: Wie ist die Qualität der genannten Artikel hinsichtlich sachlicher Richtigkeit zu bewerten? Wie sieht die Lage bei Kleinkindern (die Daten dürften wohl eher Erwachsene betreffen) sowie Haustieren (Katzen) aus? Wie ist die Gefährlichkeit von Gleichstrom vs. Wechselstrom?

Evtl. ließe sich der Artikel mit etwas mehr referenzierten Fakten anreichern...

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Ingo Thies
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Hallo, Ingo,

Du (ingo.thies) meintest am 12.04.07:

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Also eher untauglich. Auch der Rest des Artikels ist überarbeitungsbedürftig.

Nein - erheblich wahrscheinlicher ist, dass dafür keine Messdaten vorliegen (insbesondere bei tagelangem Durchfluss grosser Ströme).

Ich muss mal wieder zur TU-Bibliothek und da Koeppen: "Elektromedizin" ausgraben ...

Viele Gruesse! Helmut

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Helmut Hullen

Hallo Ingo,

Das ganze ist wohl mehr als Prinzipzeichnung zu verstehen und will ausdrücken, dass bei 50 und 60 Hz Strömen Im Prinzip 2 Bereiche zu unterscheiden sind: Kurz gegenüber der Herzperiode und eben länger. Wenn Die Einwirkdauer kurz gegenüber des herzzyklus ist, dann verringert sich zum Einen die Wahrscheinlichkeit, die vulnerable Phase in der T-Welle des EKG zu treffen. Hier gilt jedoch stets die Bemerkung: Eine Wahrscheinlichkeit sagt nie etwas über den Einzelfall aus!!! Wenn Du ins Flimmern gehst, interessiert Dich nicht mehr mit welcher Wahrscheinlichkeit dies geschehen ist, dann hoffst Du nur noch auf kompetente Ersthelfer und einen schnell herbeigetragenen Defibrillator mit einem davor, der sich traut, den auch einzusetzen. Ich halte aus diesem Grund nichts von den Wahrscheinlichkeitskurven! Aus dieser Wahrscheinlichkeitsverteilung müsste die Kurve allerdings zu kurzen Impulsen weiter ansteigen. Dem wirkt die Sinusform entgegen, die bei Zeiten unterhalb der halben Periode eben eine Wahrscheinlichkeit mit sich zieht, dass man gerade den Nulldurchgang erwischt und damit fast nichts abbekommt. Auch hier wieder der Verweis auf die Sinnlosigkeit der Statistik hierbei. ZUletzt kommt im Bereich weniger ms noch das Stimulationsgesetz hinzu, wonach unterhalb weniger ms Einwirkdauer der zur Stimulation erforderliche Strom hyperbolisch ansteigt. Ein 1 ms Ausschnitt aus dem Sinus lässt sich irgendwann schon als Rechteckannäherung ansehen und damit die Stimulationskurven von Weiss und Lapicque anwenden.

Natürlich. EineEniwirkzeit über der des Herzzyklus trifft mit hoher wahrscheinlichkeit die vulnerable Phase. Zum Flimmern reicht dabei ein einziges mal. Wiederholungen ändern daran nicht mehr viel.

Um die Jahrhundertwende zum 20 Jahrhundert hat man sehr viel an Tieren herumexperimentiert. Aus diesen Zeiten stammen die meisten Messwerte.

Leider ja. Wenn Du nicht das besondere Glück hast, dass ein williger Helfer die Zeit bis zum Eintreffen des Notarztes damit überbrückt für Dich zu atmen und die Aufgabe deines Herzens durch Herzdruckmassage mit hinreichender Effektivität und Ausdauer zu leisten und dabei nicht vergessen hat, den Notarzt zu rufen und dieser mit dem Defi ankommt, bevor Dein Helfer erschöpft aufgeben muss... Und dann die Statistik auf Deiner Seite liegt... Das ist dann alles eine Frage der Zeit, die ungenutzt verstreicht. Daher sind auch hier Statistiken wenig Aussagekräftig. Es kommt auf viel zu viele Parameter an. Die Statistik in der BRD liegt IMHO bei unter 10%, die das Krankenhaus lebend verlassen, allerdings nicht nur Stromschläge (die Wenigsten), sondern in der Regel mit vorgeschädigtem Herzen, welches meist nicht mehr freiwillig wollte... Eine weitere Frage ist der Zustand, in dem sich der Patient später befindet...

limes x -> 0

Der Ansatz geht von der falschen Seite aus: Die Frage sollte lauten: Was ist mit größter Sicherheit ungefährlich. Das steht gut referenzierbar in den DIN/EN/ISO 60601. Tolerierbare Ableitströme bleiben AFAIR tunlichst unter 10 µA von den 100 µA kommt man immer mehr ab.

Marte

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Marte Schwarz

Hallo, Marte,

Du (marte.schwarz) meintest am 12.04.07:

So etwa 1965 hat G. Koeppen (Arzt an einem Wolfsburger Krankenhaus) den Mechanismus an der (damals noch) TH Braunschweig untersucht. Bei kleinen Strömen an Studenten, bei grösseren Strömen an Schweinen vom (damals noch benachbarten) Schlachthof. Zu der Zeit gab es im Institut sehr oft Schweineschnitzel.

Ergebnis: Koeppen, "Elektromedezin"

Viele Gruesse! Helmut

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Helmut Hullen

Jetzt hab ich ne leise Ahnung, wieso Schülerdöner so billig ist.

vG

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Volker Gringmuth

Sprich, die Wahrscheinlichkeit ist nicht in gleicher Weise zu verstehen wie z.B. eine Sonnenbrandwahrscheinlichkeit bei 30 min in Sonnenbad (akkulumativer Effekt mit unbekannter Toleranzgrenze der Haut), sondern schlichtes "russisches Roulette". Dieser Hinweis fehlt bei WP.

Allerdings ist dann der Sinn der grünen Kurve nicht ganz klar. Die Grafik suggeriert nämlich, dass bei bestimmten Stromstärken die Flimmerwahrscheinlichkeit bei kurzen Impulsen gegen Null geht (während die Dauer der vulnerablen Phase gegenüber der gesamten Herzperiode endlich klein sein sollte) und bei längerer Einwirkungszeit dann durchaus hohe Todeswahrscheinlichkeiten bestehen.

Irgendwie wirkt die Grafik etwas unausgegoren.

Klar. Mir ging es auch nicht um irgendwelche pöhsen Experimente oder Waffensysteme , sondern einfach nur um diesen Artikel ;-)

Naja, kommt darauf an, wofür man sie braucht. Versicherungen arbeiten gerne mit Statistiken. Für den Einzelfall ist es natürlich nur entscheidend, dass nix passiert.

Dieses Argument verstehe ich nicht ganz. Also, sei T die Herzperiode \approx 1 s=1000 ms, t die Dauer der vulnerablen Phase. Über deren Dauer ist mir als Nichtmediziner nichts bekannt, aber nehmen wir sie einfach mal mit 10 ms an. Dann ist für kurze Impulse (dT dann 100%.

Also muss noch eine Abhängigkeit der Beeinflussung in der vulnerablen Phase von der Stromstärke mit einfließen.

BTW, die Kurve ist weniger ein Sinus als eher eine Art Fermi-Dirac-Verteilung der Form

f(x) = 1/(exp(x-u)/c)+1),

es könnte allerdings auch eine Normalverteilung sein (also Integral der Gauß-Glocke mal Konstante plus Konstante).

Naja, Du weißt ja, es gibt drei Arten von Lügen... ;-)

Da fällt mir ein radiobericht im DLF "Forschung aktuell" ein, wo es um Eishockey-Spieler ging, die nach einem Puck-Treffer im Brustbereich tot zusammenbrachen, weil der Stoß Kammerflimmern verursacht hatte. Da war was von ca. 1/5000 Wahrscheinlichkeit (plus-minus Erinnerungsunsicherheit) die Rede, dass der Puck genau im falschen Moment dem Herzen einen Ruck versetzt... Naja, das ist jetzt weniger E-Technik.

Moderne FI-Schalter lösen AFAIK bei 30 µA aus, oder?

BTW Es heißt ja, dass von rund die Hälte bis zwei Drittel aller vom Blitz getroffenen überleben. Angesichts einer Stromstärke von bis zu

10000 Ampere und Temperaturen von 30000 Grad (ok, das gilt nur für die erhitzte Luft im Blitzkanal, aber immerhin) fällt das irgendwie schwer das zu glauben. Ohne besseres Wissen hätte ich vermutet, das nach einem Blitz-Volltreffer vom Opfer kaum mehr als ein Häufchen Asche übrig bleibt (vgl. vom Blitz gespaltene Bäume oder verdampftes Erdreich; letzteres gilt als möglicher Ursprung der Kugelblitze). Oder vgl. das interessante Aussehen von Elektrogeräten, nachdem der Blitz ins Hausnetz eingeschlagen ist...
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Ingo Thies

Hallo, Ingo,

Du (ingo.thies) meintest am 12.04.07:

Oder.

Viele Gruesse! Helmut

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Helmut Hullen

Ingo Thies schrieb:

Das Diagramm ist hier irreführend. Ein Ausschnitt von 1us eines

50Hz-Signales hat mit 50Hz überhaupt nichts mehr zu tun. Selbst ein Ausschnitt von 1ms hat kaum etwas von 50Hz. Insofern ist dieses Diagramm eigentlich fehl am Platz.

Dazu gibt es einige Vergleiche der Wikipedia mit anderen Enzyklopedien, in denen die Wikipedia in der Regel immer gleichwertig platziert ist. Meine Erfahrung ist allerdings, daß bei gefragten Artikel, die öfter editiert werden, die Qualität besser ist als bei selteneren Artikeln, bei denen vielleicht nur 2 oder 3 Wikipedianer den Artikel bearbeiten.

Aus dem Grund: Wenn Du zusätzliche Informationen hast, von denen Du sicher bist, daß sie besser sind als bei Wikipedia, solltest Du diese Informationen dort einpflegen und aktiv die Qualität verbessern.

Zur Messung bzw. Bestimmung: Wichtig ist nur der Strom, der durch den Herzen direkt fließt. Je nach Schaltung des Menschen kann dementsprechend auch ein wesentlicher Teil am Herzen vorbeifließen, so wenn z.B. der Strom von der linken Hand zum linken Fuß fließt. In diesem Fall muss ein höherer Strom fließen, um Kammerflimmern auszulösen, als wenn der Strom von einer Hand zur anderen fließt. Schön zu sehen ist dies in dem Artikel "Pacemaker interference by 60-Hz contact currents" von Dawson et. al., erschienen 2002 im IEEE Transaction on Biomedical Engineering.

Die Werte, die deshalb als Sicherheitsfaktoren angesetzt werden, gelten deshalb immer für den worst-case.

Was weiterhin vergessen wird, ist, daß diese Werte nur für sinusförmigen Strom gelten. Ein Vorgänger von mir schreibt in seiner Promotion darüber, daß die Reizschwellen von Muskeln bei phasenangeschnittenen Strom (oder rechteckförmigen Strom) unterhalb der Schwellen für sinusförmigen Strom liegen (z.B. nachzulesen femu Forschungsbericht

2006, unter
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(Wenn ich Zeit finde, ergänze ich den Wikipedia-Artikel um diesen Aspekt...)

Tue Dir keinen Zwang an.

Aber generell gilt, daß man sich sowieso aus verschiedenen Quellen informieren sollte. Neben den Fachzeitschriften (die am einfachsten über google-scholar zu erforschen sind;-) bieten sich hier die elektrotechnischen Normen des DIN an, in denen in der Regel auch informative Hinweise auf Studien zu finden sind.

Viele Grüße Andreas

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Andreas Demant

Demnächst werden noch bessere vorgestellt, die bei 30 nA auslösen.

vG

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Volker Gringmuth

Ich glaube die aktuellen lösen bei 30 MA aus.

KrIStiAn

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Kristian Neitsch

In Gewitterwolken sind die möglicherweise sinnvoll einsetzbar, für den Personenschutz halte ich sie jedoch für ungeeignet.

vG, die Anschlußklemmen sehen wollend

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Volker Gringmuth

Naja, bei gen=FCgend grossen Pr=FCfstr=F6men sparte man sich da ja sogar das Braten... Gruss Harald

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Harald Wilhelms

.=2E.und wann kommen welche, die bei

30 attoAmpere ausl=F6sen? Gruss Harald
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Harald Wilhelms

Hallo, Andreas,

Du (demant.andreas) meintest am 12.04.07:

Nein. Ein Strom von (z.B.) 50 A vom linken Ohr zum rechten Ohr dürfte auch unbekömmlich sein.

Kammerflimmern ist nur eines der möglichen medizinischen Probleme. Es ist deshalb wichtig, weil da bereits kleine Ströme tödlich sein können.

Hmmm - und wie erreiche ich, dass ich den Probanden einzig mit (nicht an- oder abgeschnittenem) Sinus versorge? Dürfte ebenfalls bestenfalls fürs Kammerflimmern wichtig sein.

Viele Gruesse! Helmut

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Helmut Hullen

Hallo, Volker,

Du (einklich) meintest am 12.04.07:

Und um die Sicherheit noch weiter zu erhöhen, schalte ich 10 davon parallel!

Viele Gruesse! Helmut

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Helmut Hullen

Hallo, Kristian,

Du (project-2501) meintest am 12.04.07:

Mega-Ampere? Will ich sehen!

Viele Gruesse! Helmut

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Helmut Hullen

Hallo, Harald,

Du (newsgroup) meintest am 12.04.07:

In einigen US-Staaten wird damit ja immer noch experimentiert, unter medizinischer Aufsicht.

Viele Gruesse! Helmut

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Helmut Hullen

Hallo, Harald,

Du (newsgroup) meintest am 12.04.07:

Die werden derzeit noch zu sehr von den Erdstrahlen (besonders den makrobiotisch linksdrehenden) abgelenkt. Aber die Forschung steht kurz vorm entscheidenden Durchbruch!

Viele Gruesse! Helmut

Reply to
Helmut Hullen

Raten nutzt nichts. Das Diagramm bezieht sich wohl auf die Tabelle zuvor und die vertikale Achse hat wohl als Maßeinheit Bruchteile der Stromstärke "Gefahrenschwelle" oder die Zeile darunter, dann 100 mA Körperstrom. Auf der waagerechten Achse ist die Maßeinheit Zeitdauer bezogen auf die Herzfrequenz.

Trotzdem, das Diagramm ist ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen soll.

Norbert

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Norbert Hahn

Sorry, ich meinte natürlich mA. Der µA-Bereich dürfte kaum überhaupt wahrnehmbar sein.

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Ingo Thies

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