"Ralf Kusmierz" schrieb im Newsbeitrag news:eb8m8i$82g$ snipped-for-privacy@online.de...
Ich weiß durchaus von einigen Fehlprojekten; und andere werden auch welche kennen. "Bezahlt" hat man uns jedoch, nur gab es für das Geld immer weniger zu kaufen. Von 1979-1983 gab es eine ernsthafte Versorgungskriese; die leeren Regale in den Kaufhallen sind damals mit Essig aufgefüllt worden. Nach '83 hat sich die Situation allmählich gebessert - vermutlich durch den Abbau von Überspitzungen der sozialistischen Ideologie. Alle Projekte, die "bezahlt" worden sind, aber nicht funktionieren, sind im Prinzip nichts anderes als das, was man im Kapitalismus "Luftbuchungen" nennt. Im Kapitalismus merkt man's daran, daß den Ausgaben keine Einnahmen gegenüberstehen. Im Sozialismus merkt man's daran, daß man für sein Geld nichts kaufen kann. Im Sozialismus ist eben das Volk der Kreditgeber. Gewisse Reibereien gibt es überall, aber infolge des (um den Kunden auf dem Markt) laufenden Wettbewerbs gehen Unternehmen, die zuviel durch interne Reibereien verlieren, pleite. Diesen Effekt hat es im Sozialismus nicht gegeben.
naja - "arm" heißt eben, daß man ohne Geld vor einem vollen Laden steht. Wir standen mit viel Geld vor armen Läden.
Ich muß wohl daran erinnern, daß es neben dem Umtauschkurs auch noch die Umstellung der Dauerschulden gab. Alle regelmäßig erfolgenden Zahlungen (Gehälter, Mieten, Renten u.a.) sind 1:1 umgestellt worden.
Für die Bevölkerung war der Grundbedarf (Nahrungsmittel) zuvor subventioniert worden war, und mit der Währungsumstellung ist daher vieles teurer geworden. Flaschen(voll)milch z.B.hat damals ½l 0,36 M(DDR) gekostet. Heute kostet H-Milch 0,55 Euro, also 0,54 DM für ½ l, und Flaschenmilch ist noch teurer. Damals ist die Milch in der örtlichen Molkerei abgeflascht und über Nacht an die Kaufhallen ausgeliefert worden - sie war also frisch. Wir sind oft kurz vor Ladenschluß (19 Uhr) in die Kaufhalle gegangen und haben dann schon von der Milch für den nächsten Tag bekommen. Mit der Währungsunion gabe es dann keine Subventionen mehr, und die Flaschenmilch wurde teurer als die H-Milch in der Pappschachtel. Flaschenmilch gibt's auch noch, die kommt aus Stuttgart. Die hiesige Molkerei hat sich bis vor 1 Jahr gehalten.
Für die Wirtschaft hingegen bedeutete die Währungsunion mit der
1:1-Umstellung der Löhne etwa eine Ver5fachung der Kosten. Falls sie zuvor exportiert hatten mußten die ausländischen Abnehmer nun den gleichen Betrag in DM zahlen, falls sie nur den Binnenmarkt beliefert hatten konnten die Mitbewerber von außerhalb hier für DM verkaufen. Das gilt sowohl für die Westhersteller, die für uns zuvor zu teuer waren, als auch für alle Ausländer. Hätte man die Dauerschulden schlechter als 1:1 umgestellt, dann wären alle, die irgendwie konnten, in den Westen abgewandert.Dazu hätte es gar nicht bedurft. Nach einem Beitrag in der Wirtschaftswoche wäre ~ '91 eine ziemlich starke Wirtschaftskriese fällig gewsen; und wenn die DDR etwas länger durchgehalten hätte, dann dann hätten neben den Berichten über Proteste in der DDR die Berichte über steigende Arbeitslosigkeit in der BRD gestanden. Ich glaube aber nicht, daß daraus eine bessere Alternative entstanden wäre. Im Binnenhandel der DDR sind eben nur unrentabel kleine Stückzahlen machbar gewesen. Ohne eine Eingliederung in die Weltwirtschaft war eben nichts z bewegen, und das heißt dann auch, eine 'frei konvertierbare Währung' einführen. Der beitritt zur BRD war nur die Form, in der diese Eingliederung erfolgt ist.
Grüße, Martin Schade