Hallo,
warum wird ein Schiff, welches schlank und haushoch ist mit wenig
Tiefgang bei starkem seitlichen Wind nicht einfach umgeworfen?
Unter
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sieht man die neue Queen Mary 2 von vorne.
(Sehr beeindruckenden Schiff.) Wenn die Br=FCcke 40m =FCber Wasser ist
und das Schiff nur 10m Tiefgang hat, wo ist denn dann der Schwerpunkt?
Wenn das Schiff so schmal ist, wie es aussieht, was hindert es denn
dann eigentlich am Umfallen?
[ Nicht das ich Angst darum h=E4tte. Die Schiffbauer werden schon
wissen. Ich bin nur neugierig. ]
Danke
Bernd M=FCller-Zimmermann
*Bernd.temporary1* wrote on Tue, 05-08-02 17:50:
Zusatzfrage, um zu sehen, ob ich das verstanden habe:
IMHO ist ein Schiff dann stabil, wenn sein Schwerpunkt tiefer liegt als
der des verdrängten Wassers. Richtig?
snipped-for-privacy@gmx.de verfasste am 02.08.2005 17:50:
Oh, ein wirklich rankes, also topplastiges Schiff wird umgeworfen, das
kam leider schon oft genug vor.
Kriterium, damit ein Schiff nicht kentert, ist dass der Schwerpunkt des
Schiffes immer unter dem sogenannten Metazentrum, das ist der
Schnittpunkt der Schiffsmittellinie mit der Vertikalen durch den
Flächenschwerpunkt des im Wasser befindlichen Schiffsteils, liegen muss
.
Diese Bedingung kann auf 2 Arten erreicht werden:
1. Das Schiff hat einen ausreichend tief im Wasser liegenden Schwerpunkt.
2. Der Rumpfquerschnitt ist so gestaltet, dass beim Krängen ("Kippen")
der Verdrängungsschwerpunkt stark seitlich auswandert und damit das
Metazentrum sozusagen hochklettert.
In der Regel werden beide Methoden kombiniert, mit unterschiedlicher
Ausprägung. Schwergewicht auf Methode 1 ist typisch für Segelschiffe und
andere Schiffe, die ohne zu schlingern oder abzutreiben auch starken
seitlichen Überwasserkräften (in der Regel Wind) standhalten oder auch
bei Seegang ruhig liegen sollen (vorteilhaft für Passagiere, Arbeits-
und Waffeneinsatz). Methode 2 liefert von Haus aus eine große
Kentersicherheit, erfordert aber sehr breite Schiffskörper oder
Mehrrumpfbauweise und hat den Nachteil, dass sich der Seegang sofort auf
den Schiffskörper überträgt - sie ist daher typisch für Pontons,
Leichter, Kranschiffe, Binnen- und Flachwasserschiffe, Rettungsschiffe usw.
Die tiefe Schwerpunktlage wurde bei Segelschiffen und manchmal heute
noch in bestimmten Fällen durch Einbau großer Mengen Ballast (früher
Steine, heute oft Gusseisenbrammen) im Kielraum erreicht.
Maschinengetriebene Schiffe haben ja die schweren Maschinenanlagen im
Unterwasserschiff, und die ebenfalls schweren Treibstoff- und
Wassertanks im Doppelboden und evtl. Bunkern neben der Maschine. Daher
liegt ihr Schwerpunkt deutlich tiefer als dies optisch aussieht.
Außerdem werden die Aufbauten deutlich leichter gebaut als der Rumpf,
sowohl durch dünnere Bemessung (Aufbauten müssen keine Längskräfte und
geringeren Wellenschlag aushalten) als auch evtl. durch Verwendung von
Leichtmetall. Gerade bei Passagierschiffen ist in den Aufbauten ja viel
Luft anstatt schwerer Ladung oder Ausrüstung.
Einige Schiffstypen haben aber in der Tat prinzipbedingt
Stabilitätsprobleme. Unbeladene Frachter würden nicht tief genug
eintauchen um bei Seegang stabil zu liegen, sie müssen daher zur
Sicherstellung einer ausreichenden Stabilität Ballast nehmen, in der
Regel durch Beladen mit Sand oder durch Fluten speziell eingebauter
Ballastanks - man sagt dann sie fahren "in Ballast". Kriegsschiffe und
einige Spezialschiffe haben schwere Ausrüstungsteile zum Teil recht hoch
über Wasser, während sie zum Erreichen einer großen Geschwindigkeit und
einer guten Revierbrauchbarkeit schmal und wenig tief gehend gebaut sein
sollen und zur Kosten- und Größenbegrenzung nicht mit Ballast gearbeitet
werden kann. Dies sind dann die fast automatischen Kandidaten für
notorisch schlechte Seeeigenschaften.
Joachim
Ralf Pfeifer verfasste am 02.08.2005 20:31:
Nein, bei denen nicht. Die sind echte Schwerwetter-Rösser: breit, tief
gehend, mit riesigen Hauptmaschinen, aber ohne schwere Waffen. Von den
ca. 90.000 ts einer Nimitz entfallen gerade mal 2,5% auf die Flugzeuge.
Joachim
Axel Berger verfasste am 02.08.2005 18:47:
Nein. Der Schwerpunkt muss tiefer liegen als das _Metazentrum_, er kann
dabei durchaus höher liegen als der Verdrängungungsschwerpunkt, wie im
mittleren Fall der Skizze auf
zu
sehen.
Joachim
Das ist eine Lösung, die trifft aber eher bei Kanus ohne Insassen zu
(oder so :-))
Mach mal ein Schreibtisch-Experiment:
Nimm ein Blatt Papier (A4) und leg es im Querformat auf den Tisch. Stell
dir den Schwerpunkt irgendwo oberhalb der oberen Blattkante vor
(notfalls noch einen Papierstreifen aufkleben). Zeichne auf das Papier
eine horizontale Linie 1/3 von der Oberkante entfernt. Das ist Deine
Wasserlinie. Wo der Schwerpunkt des vertränkten Wassers liegt, findest
Du raus.
So, jetzt kippst Du das Blatt links nach unten. Dadurch verschiebt sich
der Auftriebsschwerpunkt (ich nenn das mal so) auch nach links. Die
Fläche die im Wasser ist, bleibt gleich, der Flächenschwerpunkt ändert
sich aber. Der Flächenschwerpunkt ist genau der Auftriebsschwerpunkt.
Wenn (und nur dann) der Auftriebsschwerpunkt weiter aussen ist als der
Schwerpunkt des Schiffes (das Lot des Schiffsschwerpunktes), dann
richtet es sich wieder auf. Wandert der Schiffsschwerpunkt schneller
nach aussen als der Auftriebsschwerpunkt, dann kentert es.
HTH,
Nick
X-No-Archive: Yes
begin quoting, Joachim Schmid schrieb:
Beispiel: jemand sitzt oder liegt auf einer Platte aus Hartschaum mit
den Abmessungen 2 m x 1,5 m x 5 cm, die auf dem Wasser schwimmt. Der
Schwerpunkt befindet sich mit Sicherheit oberhalb der
Wasseroberfläche, dennoch kippt die Platte nicht um.
Gruß aus Bremen
Ralf
X-No-Archive: Yes
begin quoting, Nick Müller schrieb:
"""d"""g"""
_______________________
| |
| |
| |
| |
| |
| + S |
| a |
----------------+-----------o-----------+---------------->
| | |
| + F | b
| | |
|___________|___________|
|
v
Das "eintauchende" Rechteck hat die Abmessungen a und b, sein
Formschwerpunkt hat die Position [0, b/2].
_
/ - _
/ - _
/ | - _
/ | phi / -
/ | / /
/ | / /
/ | / /
/ | o M /
/ | +|S /
/ |/ | /
--------------/-------------o--+----------/--------------->
/_ | | /
- _ | + F /
- _ | /
|- _ /
| -
|
v
Bei Krängung um den Winkel phi wandert im Beispiel der Formschwerpunkt
auf die Position F (mir etwas zu kompliziert zu berechnen). Die
Schwimmlage ist stabil, wenn das Metazentrum M oberhalb des
Schwerpunkts S liegt.
Gruß aus Bremen
Ralf
Wolltes Du mir jetzt zustimmen oder widersprechen?
Mir ist das Metazentrum ein Begriff, nur dient es schwer als Erklärung,
wenn es selbst nicht erklärt wird.
Gruß,
Nick
X-No-Archive: Yes
begin quoting, Nick Müller schrieb:
Ich wollte Dein Beispiel eigentlich quantitativ vorrechnen und fand
das dann zu schwierig.
Stimmt, ich hätte noch definieren müssen, daß es da, wo ich es
eingezeichnet hatte, liegt, und warum das sinnvoll ist.
Gruß aus Bremen
Ralf
HAllo,
das Metazentrum liegt wo?
A ) bei maßstäblicher Zeichnung an der Spitze der Auftriebskraft die im
"Schwerpunkt des verdrängnten Wassers" ansetzt?
oder
B ) im Schnittpunkt zwischen Auftriebskraft und einer Achse des
Schwimmkörpers?
... und warum?
Nick Müller schrieb:
Am Wed, 03 Aug 2005 12:52:15 +0200 schrieb Robert Pflüger:
Weder A noch B. Das Problem bei all diesen Erklärungen ist tatsächlich,
dass hier mit "Metazentrum" ein Begriff ins Spiel gebracht wird, der
nirgendwo genau erläutert wird.
Das Metazentrum liegt bei einem symmetrischen Körper wie einem Schiff auf
jeden Fall in der vertikalen Ebene, die längs durch das Schiff schneidet
(die Symmetrieebene des Schiffs). Die Höhe des Metazentrums aber bestimmt
sich aus einer Vielzahl von Faktoren - v.a. von der Breite des Schiffs und
der Flächenverteilung des Auftriebs. Einfach gesagt ist das Metazentrum der
Punkt, um den das Schiff im Seegang pendelt.
Um das ein wenig besser zu verstehen, hilft IMO die Vorstellung eines sehr
breiten Katamarans. Dessen Rümpfe haben sehr viel Auftrieb, und auf jeden
Fall liegt der Schwerpunkt des Katamarans sehr weit über dem Angriffspunkt
des Auftriebs des verdrängten Wassers und sogar deutlich über dem
Wasserspiegel. Dennoch liegt so ein Katamaran äußerst stabil im Wasser.
Wenn Du Dir nun vorstellst, dass diese beiden Rümpfe das Katamarans
zusammen rücken, dann ändert sich dadurch weder der Schwerpunkt des Boots
noch der Auftriebsangriffspunkt. Das Metazentrum aber sinkt dadurch ganz
deutlich ab, womit die Pendellänge des "im Seegang pendelnden" Boots sich
verkürzt und die Periodendauer kürzer wird. Sobald dabei das Metazentrum
unterhalb des Schwerpunkts des Schiffs zu liegen kommt, kippt die Sache ...
Tom Berger
X-No-Archive: Yes
begin quoting, Robert Pflüger schrieb:
B.
Weil es schön aussieht ;-)
Das "Metazentrum" ist zwar ein schön wichtigtuerischer Begriff, hat
aber physikalisch eigentlich keine Bedeutung. Fakt bzw. Physik ist: an
dem Schwimmkörper greifen zwei Kräfte an:
1. die abwärtsgerichtete Schwerkraft im Schwerpunkt, und
2. die aufwärtsgerichtete Auftriebskraft, die im Formschwerpunkt
des eingetauchten Schwimmkörperteils angreift.
Im allgemeinen sind die beiden Kräfte nicht kollinear und bilden daher
ein Drehmoment aus - für die Höhe dieses Drehmoments kommt es
natürlich nur auf den Abstand zwischen den beiden Kraftangriffslinien
an. Wenn sich der Schwimmkörper nicht im Gleichgewicht befindet, in
dem dieses Moment verschwindet, wandert der Formschwerpunkt
schwimmkörperbezogen aus der Gleichgewichtslage aus und bewegt sich i.
a. auf einer nach oben konkaven Fläche. An diese Fläche kann man in
der Gleichgewichtslage eine Kugelfläche dranapproximieren, und deren
i. a. in der Schiffsmittelebene liegenden Mittelpunkt bezeichnet man
dann als Metazentrum.
(In hinreichend pathologischen Fällen wird das mit der Approximation
aber nichts.)
Es wirkt ein bißchen so, als ob der Schwerpunkt eine Pendelbewegung
ausführt, bei der der Befestigungspunkt des Pendels im Metatzentrum
liegt. Da dieses Metazentrum aber nicht raumfest ist, ist das eine
ziemlich nutzenarme Vorstellung (real dreht sich ein stampfendes und
rollendes Schiff nicht um das Metazentrum). Tatsächlich hat das
Metazentrum keine reale Bedeutung, sondern ist nur insofern als
Hilfsgröße von Nutzen, daß das Drehmoment aufrichtend wirkt, wenn es
(schiffsbezogen) oberhalb des Schwerpunktes (der eine physikalisch
sinnvolle Bedeutung hat) liegt.
Gruß aus Bremen
Ralf
Tom Berger verfasste am 03.08.05 13:03:
Widerspruch. Ich hatte bereits in meinem ersten Posting die Definition
des Metazentrums angegeben: "... ist der Schnittpunkt der
Schiffsmittellinie mit der Vertikalen durch den Flächenschwerpunkt des
im Wasser befindlichen Schiffsteils." Das ist eindeutig. Und damit ist B
durchaus richtig: Der Schnittpunkt der Auftriebskraft mit der
Schiffslängsachse. Im Sonderfall eines unsymmetrischen Schiffskörpers
ist als Mittelachse die vertikele Ebene zu nehmen, in der der
Schwerpunkt liegt.
Das ist auch bereits gesagt worden. Wo liegt das Problem?
Das stimmt nicht. Das Schiff rollt um den Momentanpol, der sich aus dem
Gleichgewicht von Auftrieb, Massenträgheitsmoment, Windkraft und
Bewegungswiderstand der Rollbewegung im Wasser ergibt.
Joachim
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