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Hallo!
Die starke Häufung von Einstürzen von Hallen unter Schneelast in den
letzten Wochen ist ja nun inzwischen unübersehbar. Steckt da ein
grundsätzliches Problem falscher Last- oder falscher
Festigkeitsannahmen dahinter oder ist es eine zufällige
unsystematische Häufung?
Gruß aus Bremen
Ralf
Ralf Kusmierz schrieb am Sonntag, 29. Januar 2006 21:28:
Jain - es ist ein typisches Problem von Flachdächern und Schnee: letzterer
bleibt einfach auf ersteren liegen anstatt, wie bei Steildächern einfach
irgendwann runter zu rutschen.
Steffen
Matthias Frank schrieb:
Das hat mit der momentanen Erscheinung, der scheinbaren H=E4ufung von
Halleneinst=FCrzen, recht wenig zu tun. Der Irrtum, es seien derzeit
pl=F6tzlich mehr Hallen, welche einst=FCrzten, l=E4=DFt sich zwanglos d=
amit
erkl=E4ren, da=DF derzeit =FCber den bisher =FCber die direkte Umgebung=
hinaus
v=F6llig uninteressanten Einsturz solcher Objekte stets =FCberregional
berichtet wird. Abgesehen davon st=FCrzen Hallen mit Flachd=E4chern
nat=FCrlich bevorzugt zu Zeiten ein, welche mit hoher Dachlast
einhergehen - im Sommer liegt eher weniger Schnee drauf...
MfG
Rupert
Letztes Jahr sind bei einem Baumarkt die Dachträger schlicht seitlich
weggeklappt. Das war im Frühjahr.
In SchleswigHolstein ist doch ein Glasdach gleich nach der Errichtung
eingebrochen. mW sogar 2x. Da lag auch kein Schnee ;-)
Viele Hallendächer bleiben nur stehen, weil sich die
vollen rechnerischen Lasten nicht einstellen.
Beispielsweise werden bei den Stabilitätsnachweisen
(Biegedrillknicken) sehr häufig stark vereinfachende
Annahmen getroffen, die mit der Realität nicht übereinstimmen.
Auch die Ausbildung der Anschlüsse wird äußerst stiefmütterlich
behandelt.
Das neue Sicherheitskonzept der Normen (geteilte
Sicherheitsbeiwerte) gaukelt uns eine rechnerische
Genauigkeit vor, die mit der Ausführungspraxis wenig
zu tun hat.
Dadurch wird das neue Sicherheitskonzept selbst zu einem
Sicherheitsrisiko.
Das hat aber mit den jetzt eingestürzten Einstürzen
aber nichts zu tun.
Mit Gruß
Ernst Sauer
Und, war das in Fernsehen? Nein.
Die scheinbare Häufung macht die Presse. 2005 waren es Disko-Brände,
heuer Halleneinstürze, nächstes Jahr sind wieder Brücken, oder
Bahnentgleisungen in Indien in Mode.
Nick
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begin quoting, Jürgen Brandt schrieb:
Und warum knickte es nun? Oder pointierter gefragt: werden
Leichtbaukonstruktionen theoretisch nicht hinreichend beherrscht?
(Letzteres auch auf die "oh, es hat ja doch geschneit"-Hallen
bezogen.)
Gruß aus Bremen
Ralf
*Ralf Kusmierz* wrote on Sun, 06-01-29 21:28:
Ich sehe es als Folge von zehn außergewöhnlich milden und schneearmen
Wintern. Beim ersten normalen werden dann alle Mängel und Schäden auf
einmal sichtbar. Außerdem hatte das Verrotten genug Zeit, so weit
voranzuschreiten, daß es zum Einsturz kommt und nicht nur zu deutlich
sichtbaren und eine Sperrung erzwingenenden Schäden.
Meine vier Pfennig.
Am Sun, 29 Jan 2006 23:32:23 +0100 schrieb Ernst Sauer:
Dazu muss man wissen, dass die Berechnungsvorschriften der Normen idR nur
sehr wenig mit Physik zu tun haben, sondern in großen Teilen auch das
Ergebnis der Arbeit von Lobbyisten sind.
Tom Berger
Ralf Kusmierz schrieb:
[ ] Du hast Ahnung, wer die Entscheidung für ein Flachdach trifft.
Der Prüfstatiker wird da eher weniger gefragt. Diese Entscheidung
würfelt meist der Architekt mit dem Bauherrn zusammen aus. Der Statiker
äußert vielleicht Bedenken. Der Prüfstatiker geht nur noch mal die
Rechnung auf Fehlerfreiheit durch.
Der Kistenfimmel in der Architektur ist wieder ein anderes Thema. Wobei
ich (selber Architekt) eigentlich nichts dagegen habe. Richtig gemacht,
hin und wieder kontrolliert und bei Überbelastung oder der Möglichkeit
in den Grenzbereich zu kommen rechtzeitig abgeräumt, sind Flachdächer
unproblematisch.
Zumindest in Reichenhall hat man einen eher weniger geeigneten Trägertyp
für die Halle gewählt. Holz-Hohlträger ohne so was wie
Revisionsöffnungen sind außerhalb von feuchten Eislaufhallen oder
Schwimmbädern besser aufgehoben.
Grüße,
Mathias
Also so dumm sind wir nun nicht, für flache Dächer werden
schon höhere Schneelasten angesetzt als für steile.
Aber ein Problem ist, dass das Berechnungsgewicht von
Schnee sehr stark streuen kann. Die Bandbreite liegt
zwischen 0,6 (Pulverschnee) und 9 kN/m³ (Eis).
Auch bei üblicherweise angesetztem Pappschnee ist die
Schwankunksbreite groß (2 bis 8 kN/m³).
Häufig wird auf den leichten Dächern die Wassersackbildung
nicht beachtet. Wenn dann ein Ablauf verstopft ist,
dann gute Nacht. Aber das ist keine Frage der Statik
sondern der Wartung des Objektes.
Mit Gruß
Ernst Sauer
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begin quoting, Ernst Sauer schrieb:
Ich halte das für unzureichende Lastannahmen. Da sollte man dann doch
vielleicht gelegentlich einen Blick auf die Realität werfen.
Was ist los? Die Festigkeit ist wartungsabhängig, und das wird auch
noch in statische Nachweise reingeschrieben, ohne daß dabei die
Verantwortlichen schamrot werden?
Gruß aus Bremen
Ralf
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begin quoting, Mathias Mildenberger schrieb:
Das ist mir doch scheißegal. Wenn wer ein Flachdach will, kriegt er
ein Flachdach. Aber das muß dann eben nach dem Stand der Technik
errichtet werden, und letzterer sollte wasserdicht sein (der Stand).
Und der Rechnung liegen Lastannahmen und Bemessungsvorschriften
zugrunde. Taugen die nichts? Wer stellt die auf?
Auch Du! Gebäude, deren Statik _wartunsgabhängig_ ist? Ja, wo leben
wir denn? Also, sorry: ich gehe davon aus, daß, wenn man heute eine
Stadt evakuiert und Strom und Wasser abstellt und dann zwanzig Jahre
später wiederkommt, alle Gebäude noch stehen und höchstens ein paar
konventionelle Dachstühle zusammengebrochen sind, weil die
Holzkonstruktion verrottet ist. Aber nach Deiner Darstellung wären die
meisten Hallen mit Flachdächern eingestürzt, weil niemand den Schnee
vom Dach entfernt hat. DAS IST MURKS!
Entweder war das zulässig, dann taugen die Vorschriften nichts, oder
es war unzulässig: in beiden Fällen ist die Fakultät verantwortlich.
Gruß aus Bremen
Ralf
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