Schwertschmiedetechnik und Werkstoffqualitaet

Moin,

Ralf Kusmierz hat geschrieben:

Was bedeutet das? Wohlgemerkt, ich frage in einer NG, in der der Ahnungslose laufend darauf hingewiesen wird, daß es auf dieser Welt weder V2A noch Edelstahl noch Standardschrauben gibt:-). Es würde mich nicht wundern, wenn die Profis in Solingen damals sehr wohl herumgesucht haben um einen Stahlhersteller zu finden, der einen Kantstahl liefern kann der sich möglichst einfach zerhacken lässt. Wo ja schließlich die gesetzliche Anforderung nur von Eisen sprach, sind solche Tricks ja erlaubt. Dürfte damals genau so wie heute gewesen sein wo man auch versucht, die gesetzlichen Auflagen wortgetreu zu erfüllen und zu dem Zweck alle Tricks ausnutzt, die in der gesetzlichen Forderung nicht verboten sind.

Antik? Es ist eine andere Geschichte, aber dieser Amboß ist merkwürdig und alt. Würde gerne mal wissen wo der herkommt bzw. für welchen Verwendungszweck er mal gemacht wurde. Aber das isteine andere Geschichte.

Das Schicksal der kleinen Auflagefläche betrifft das Gegenstück aber genauso. Oder willst du die Existenz von Metallschneidenden HSS-Bohrern anzweifeln?

Ich überlegte etwas dran herum. Also wenn ich so einen Kantstahl in einen Schraubstock spanne dann müßte ich die Schraubstockbacken mit durchhacken. Das kann nicht gemeint sein. Aber es gibt sinn, wenn man ein überstehendes Ende abhackt. Das hat nämlich auch den Vorteil, daß sich die Klinge nicht festkeilt weil das abzuhackende Stück sich gut wegbiegen kann. Sorgen hätte ich dann nur wegen der Asymmetrie des Schneidvorgangs. Jedenfalls würde ich so einen Versuch - vorallem wenn er als Vorlage für eine gesetzliche Auflage dienen soll - deutlich besser definieren.

Davo steht auch nichts in der Anforderungsliste an einen preußischen Offizierssäbel.

Hmm. Angenommen 50cm Krümmungsradius. Dann ist die Dehnung des Materials 1/50cm Klingendicke. Also bei geschätzter Klingendicke von 5mm eine Dehnung von 1% muß der Stahl abkönnen ohne sich plastisch zu verformen der zu reißen/brechen. Geht sowas? Ich weiß wohl, daß die dauerhafte Verformung von Stahl an einer 0.1%-Grenze festgemacht wird, weiß wohl wo auf dem Sigma/Epsilon-Diagramm dieser Punkt liegt und weiß auch, daß man durch Härtung einen Stahl dazu bringen kann, daß er vor erreichen der Bruchgrenz keine plastische Verformung erleitet. Gerade letzteres hat zur Folge, daß Härten die elastische Dehnung drastisch vergrößern kann. Aber wie viel elastische Dehnung ist erreichbar? Wenn ich mir:

ansehe, dann könnte es glücken.

Jedenfalls ist Härte kein gegenläufiges Kriterium zur Elastizität.

Aber mal ganz am Rande und weniger ernst gemeint: Es ist doch wohltuend von solchen Vorschriften zu lesen. Genauso wie das Reinheitsgebot für Bier: einfach eine Regel die sagt, wie es sein muß. Nicht wie heute ein Zentner Regeln die besagen, was alles nicht sein darf. In der Art von '1: nein, die Klinge darf nicht bei einer Biegung von 89.5° brechen, 2: die Klinge darf nicht bei einer Biegung von 89.8° brechen, ... n'tens: die Klinge darf auch in der Mikrowelle keinen Schaden anrichten' u.s.w..

CU Rollo

Reply to
Roland Damm
Loading thread data ...

Man muß das Ganze nur bei genügend niedrigen Temperaturen machen.

Michael Dahms

Reply to
Michael Dahms

I.d.R. nicht. 1% Dehnung bedeutet bei 210 GPa E-Modul eine Spannung von

2100 MPa. Stähle mit mindestens dieser Streckgrenze gibt es nicht allzuviele. Und dann muß man ja noch eine gewisse Sicherheit einrechnen.

Du schreibst einen wahren Satz gelassen hin. :-)

Michael Dahms

Reply to
Michael Dahms

X-No-Archive: Yes

begin quoting, Roland Damm schrieb:

Jetzt verrat doch nicht die Tricks von damals - na gut, ist ohnehin verjährt.

Ich glaube nicht, daß sich der preußische Generalzeugmeister von den Solinger Schmieden verarschen ließ ...

Lade mal ein Photo hoch (imageshack).

Da liegen die Verhältnisse (Schneidkeil, Spanwinkel usw.) aber etwas anders.

Ja, wenn man drüber nachdenkt ...

*Ich* hatte eigentlich angenommen, damit könne nur gemeint sein, daß der Kantstahl senkrecht zwischen den Backen eingespannt ist und mit einem waagerechten Hieb "geköpft" wird.

Die können das aber - rasiermesserscharfe, glatte Klinge.

Langsam. Die Klingenlänge beträgt ziemlich genau 80 cm, das gibt einen Krümmungsradius von 25 cm (ja, mehr nicht). Die Verformung ist - neutrale Faser in der Mitte - (d/2)/*R; bei 1% elast. Verformung wäre dann d = 5 mm. Hm, nicht so ganz unrealistisch - bei einer Klingenbreite von 4 cm und einem Gewicht von 1,5 kg komme ich auf eine mittlere Dicke von 6 mm. Der E-Modul liegt bei 200 GPa, und die Streckgrenze könnte bei einigen tausend MPa liegen, das gibt durchaus elastische Verformungen im Prozentbereich.

So langsam fange ich an, es zu glauben ...

Könntest Du sogar recht haben ... wobei die Härtung wohl eher eine Einsatzhärtung gewesen sein wird, die die Kernelastizität nicht beeinträchtigt. (Klassisch wird die Klinge im Kohlenfeuer mit CO randschichtaufgekohlt und dann eisgehärtet.)

Aber zur Duktilität ... (Knacks, ab).

Wie man's nimmt ...

In den VDE-Vorschriften steht immer "so beschaffen sein, daß ...". Und ich darf dann raten, ob meine Konstruktion "so beschaffen" ist - vor dem - teuren - Normtest.

Gruß aus Bremen Ralf

Reply to
Ralf Kusmierz

X-No-Archive: Yes

begin quoting, Michael Dahms schrieb:

Naja - die hohen Spannungen treten natürlich nur in der Randzone auf, und das fällt nicht unbedingt auf, wenn die ein wenig anfängt, zu plastifizieren (ist ja keine Dauerbeanspruchung). Sicherheit? Nein.

Der E-Modul braucht sich nicht groß zu ändern - aber die Streckgrenze? Hm ...

Gruß aus Bremen Ralf

Reply to
Ralf Kusmierz

Ralf Kusmierz schrieb:

Vielleicht solltest du in deine grammatischen Schreibweisen noch das Wort "plastizieren" mit aufnehmen. :-)

Gruß Jürgen

Reply to
Jürgen Brandt

X-No-Archive: Yes

begin quoting, Jürgen Brandt schrieb:

Was bedeutet das Wort "plastizieren"? Das kenne ich nicht.

Gruß aus Bremen Ralf

Reply to
Ralf Kusmierz

Ralf Kusmierz schrieb:

Es bedeutet genau das was du mit plastifizieren ausdrücken willst, nur das Wort plastifizieren gibt es nicht, es heißt plastizieren.

Jürgen

Reply to
Jürgen Brandt

Vielleicht zählt ja das eigene Blut vom letzten Schärfetest mit dem Daumen schon als hinterlegtes biometrisches Merkmal :-)

Gruß,

Michael

Reply to
Michael Hemmer

Die Geschichte mit dem Seidentuch erinnert mich irgendwie an die Sage von Wieland dem Schmied ...

Gruß,

Michael

Reply to
Michael Hemmer

"Roland Damm" schrieb:

Haben nicht irgendwelche Leute unserer gemeinsamen Universität sowas ähnliches hergestellt? Ich meins mich dunkel an dünne amorphe Stähle in Bandform zu erinnern, hergestellt durch _rapides_ Abkühlen der Schmelze. Bin aber zu faul nachzugucken.

Reply to
Torsten Stütz

X-No-Archive: Yes

begin quoting, Jürgen Brandt schrieb:

Davon kann ich mich wo überzeugen? Ich meine: bloß zur Sicherheit. Nicht, daß sich hier vielleicht jemand irrt ... ;-)

Gruß aus Bremen Ralf

Reply to
Ralf Kusmierz

Ralf Kusmierz schrieb:

OK, der Weg der Finger zur Tastatur war kürzer als der Weg vom Hirn zu den Fingern.

Das Wort plastifizieren gibt es natürlich, habe mich von den Problemen in der Traglast- und Stabilitätsberechnung leiten lassen, hier spricht man durchgängig von plastizieren der Querschnitte, Plastizierungsmodul usw. obwohl man auch hin und wieder dort das Wort plastifizieren findet. Hatte in einer Stahlbauklausur auch mal das Wort plastifizieren verwendet, gab zumindest Punktabzug.

Eventuell könnte man hier mal eine Abgrenzung der Verwendung von plastizieren und plastifizieren finden, Traglast-Stabilitätsprobleme im Stahl- und Stahlbetonbau und/oder Werkstoffkunde?

Gruß Jürgen

Reply to
Jürgen Brandt

Wenn die Randzone plastifiziert, federt die Klinge nicht mehr exakt in die Ausgangslage zurück.

Michael Dahms

Reply to
Michael Dahms

In der Werkstoffkunde heißt es 'plastifizieren'.

Michael Dahms

Reply to
Michael Dahms

Typischer Fall von Denkste! Es gibt nix einfacheres, als das zu testen: Draht an der Decke befestigen, runterhängen lassen und seine Spitze dahin biegen, wo die Säbelspitze nach dem Einspannen hinzeigt.

Die Klinge, die nicht auf Bruchteile von mm wieder in die Ausgangslage zurückkommt, kann selbst ein Blinder mit 'nem Krückstock fühlen. Glaub bloss nicht, dass die ollen preussischen Zeugmeister sich was vormachen liessen!

So man hat, kann man auch einen Fisch von der Decke mit Schwanz nach unten runterhängen lassen und die Säbelspitze an der Schwanzflossenspitze ausrichten... :-] SCNR

Tschüß Wolfgang

Reply to
Wolfgang Allinger

X-No-Archive: Yes

begin quoting, Michael Dahms schrieb:

Und das fällt nicht unbedingt auf ...

Gruß aus Bremen Ralf

Reply to
Ralf Kusmierz

Moin,

Torsten Stütz hat geschrieben:

Habe ich schon von gehört, man lasse zwei Walzen sehr schnell aufeinander Rollen und gieße flüssiges Metall in den 'Walzspalt' zwischen den Walzen auf daß es plattgedrückt wird und in genügend kleiner Schichtdicke seine Wärme schnell an die Walzen abgeben kann (die am besten ganz kalt und aus Kupfer sind). Dabei kommt aber nur dünnes Zeug heraus, die antike Methode könnte richtig dickes Material erzeugen.

CU Rollo

Reply to
Roland Damm

Moin,

Michael Dahms hat geschrieben:

Klar, das verhindert Rekristallisation. Aber verhindert das dann nicht auch gleich wieder das Verschweißen der Lagen?

CU Rollo

Reply to
Roland Damm

Moin,

Ralf Kusmierz hat geschrieben:

Natürlich nicht auf auffällige Weise.

So einer:

formatting link
(grad kein besseres Bild gefunden) Abweichend vom Normalen ist, daß er einen Ständer mit dran hat der ihn schon auf Arbeitshöhe bringt ohne daß ein sonst üblicher Holzklotz dadrunter sein muß. Auf dem Bild der steht noch mal auf einem Dreibein, das ist bei dem hier zu Hause natürlich nicht so. Der Amboß hat zwei Arme, einer rund der andere quadratisch und er hat keine Aussparungen zum Einsetzen irgendwelcher Zusatzteile

Auch eine Variante. Jedenfalls ist auch da ein Ende frei.

Ah, schön. Das mit dem Krümmungsradius ist mir auch schon aufgefallen - es geht wohl bei dr Sache ja nicht um Bihänder:-)

Mh, meinst du? Einsatzhärten dauert doch so elendig lange und wenn man die Klinge einmal schleift ist der Effekt wieder hin.

Ich würde vermuten, daß man mit Härten/Anlassen mehr Effekt erreichen kann. Die heiße Klinge einmal kurz ins Wasser stippen und wieder herausholen: Der Kern kühlt dann nicht so schnell ab wie der Rand und vorallem nicht wie die dünne Schneide und der Kern kann dann mit seiner Restwärme die gehärteten Bereiche wieder aufwärmen = Anlassen. Und auch das an der dünnen Schneide weniger als wo anders.

Klar. Und in einer Situation in der ich auf die Funktion der Klinge angewiesen bin ist mir eine solche, die krumm biegt lieber als eine, die bei gleicher Verformung bricht.

CU Rollo

Reply to
Roland Damm

PolyTech Forum website is not affiliated with any of the manufacturers or service providers discussed here. All logos and trade names are the property of their respective owners.