Wie funktioniert ein Knueppeldamm?

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begin quoting, Oliver Höfgen schrieb:

Weil?

Was ja nun nicht weit weg von Anreppen ist. Der Theorien sind viele - ich hatte die Möglichkeit "erfunden", daß Aliso im Zusammenhang mit dem linken Nebenfluß Else der Werre stehen könnte.

Warum? Offensichtlich (Hedemünden, Barkhausen) hatten die Römer ein strategisches Interesse an der "Weserfestung" (Ravensberger Hügelland, Lipper Bergland), was verständlich ist, weil es eine Schlüsselposition für die Wege in die Maingegend, durch die Porta Westfalica weserabwärts, nach Nordosten ins Emsland sowie nach Westen entlang der Lippe zu den Siedlungen am Niederrhein ist. Die Römer bevorzugten den preisgünstigen Wassertransport für die Logistik, und dafür scheint es vordergründig nur den Wege übers Meer und dann die Weser aufwärts zu geben, also durch Feindesland (Chauken, Cherusker), oder über die Ems bzw. die Lippe ins Delbrücker Land mit der Notwendigkeit des nachfolgenden aufwendigen Landtransports durch gebirgiges Gelände bis an die Oberweser. Scheint, denn viel bequemer geht es über Ems, Hase und Else zur Weser, und deswegen hat es bei Kalkriese auch gelegentlich gekracht, weil das genau der Platz ist, um sich einzuschiffen, wenn man von Barkhausen (Porta Westfalica) aus nordwärts abmarschiert, nach links abbiegt und dann etwa entlang des Verlaufs des Mittellandkanals das Wiehengebirge nördlich umgeht.

(Kann es übrigens sein, daß es auf dieser Trasse auch Kanäle durchs Vennemoor gab, über die man von Bramsche aus nach Minden gelangen konnte?)

Wenn die Verbindung zwischen Hase und Else die strategische Bedeutung hat, die sie eigentlich haben sollte, wäre es logisch, dort ebenfalls ein Lager wie Anreppen an Lippe und Ems einzurichten, und genau das könnte das Lager gewesen sein, in dem Varus umkam, und das Germanicus dann vor seinem Rückzug besucht hat, um die Gefallenen zu bestatten.

Die interessantere Frage ist eigentlich, ob es auch das Schlachtfeld an den Pontes longi sein kann. (Es ist übrigens nicht auszuschließen, daß sich dort mehrere Schlachtfelder überlagert haben - man kam dort halt aus topographischen Gründen zwangsläufig vorbei, und es ist nun einmal die ideale Stelle für einen Hinterhalt.)

Vielleicht sollte man mit anderen Ansätzen an die Probleme herangehen. Ich habe einen schönen Absatz in einem Text gefunden:

"Dr. Leiermann vergleicht die Effektivität der Archäologen mit der Effektivität von Kriminalbeamten. Die Kriminalpolizei würde derzeit über 90 % aller Mordfälle aufklären: Es lohne sich daher nicht zu morden! Die hohe Aufklärungsquote hängt damit zusammen, dass Kripobeamte darin geschult sind, jeder Spur nachzugehen und einen Mordfall nicht ad acta legen, nur weil sich keine Fingerabdrücke, also hochkarätige Spuren finden lassen. Leiermann schlägt folgendes Experiment vor: Kripobeamte und Denkmalpfleger sollten für ein Jahr ihre Arbeitsplätze tauschen. Das Ergebnis sei mit hoher Wahrscheinlichkeit folgendes: Nach einem Jahr würde es jede Menge Römerlager geben, aber auch jede Menge Mörder, die frei rumlaufen würden." ()

Man sollte mal mit Statistik vorgehen: Als erstes nimmt man sich eine topographische Karte von Germanien und Gallien vor zweitausend Jahren her und berücksichtigt beispielsweise, daß die norddeutsche Tiefebene bis auf die Moore ein dichter Urwald waren. Und dann stellt man sich die Aufgabe, dort eine römische Provinz einzurichten und nach logistischen und strategischen Gesichtspunkten Straßen und Lager anzulegen. Dabei stößr man dann auf den Widerspruch, daß die Wasserverkehrswege leider hauptsächlich im Sumpf liegen und sehr schlecht an die festen Straßen angebunden werden können. Im großen und ganzen kommt dabei aber ein Siedlungs- und Verkehrsnetz heraus, wie es sich dann auch historisch ausgebildet hat, was leider auch bedeutet, daß die meisten potentiellen archäologischen Funde inzwischen leider überbaut sind, dazu kam noch der Eifer der Christen, heidnische Heiligtümer zu zerstören und mit Kirchenbauten zu überbauen.

Und als nächstes bringt man die Überlieferung und die bisherige Fundsituation mit diesem Masterplan zur Deckung und kann dann ganz gezielt nach den "weißen Flecken" suchen. (Natürlich dumm, wenn die, wie im Fall des "nassen Dreiecks", auch überbaut sind. Aber immerhin könnte man alte Berichte und Heimatmuseen noch einmal gezielt nach Funden aus der Bauzeit durchsuchen.)

Gruß aus Bremen Ralf

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Ralf . K u s m i e r z
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begin quoting, Oliver Höfgen schrieb:

Wo sind die Plätze, die man so unter Wasser setzen kann, wie bei Tacitus beschrieben? Da kann es gar nicht so viele geben. (Ich hatte einen Moment lang an Polderflächen an der Küste gedacht, aber das paßt nicht zu den umgebenden Hügeln und Schluchten, aus denen das Geschrei der feiernden Germanen widerhallt.)

Gibt es iregendwo online eine detaillierte topographische Reliefdarstellung von Mitteleuropa?

Gruß aus Bremen Ralf

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Ralf . K u s m i e r z

Ralf . K u s m i e r z schrieb:

Es gab mal 'n FluSi im Google Earth, nur Windows. Ob man die Höhen sieht weiß ich nicht mehr.

Carsten

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Carsten Thumulla

Carsten Thumulla schrieb:

ja

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Viel Spaß!

Carsten

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Carsten Thumulla

"Heinz Blüml" schrieb im Newsbeitrag news: snipped-for-privacy@4ax.com... ..

Hi, Dir ist ein Floß aus Blauholz oder Eisenholz zu gönnen. Irgendwo im Pazifik....

Nicht im Moor. Einmalig nasse Knüppel sind dann verschlammt und verklebt. Das Auftriebsmoment reicht eben nicht aus, denk nur an "Treibsand", die Dichte von Wasser wird selten unterschritten, dennoch kann der Mensch darin versacken. Ein Holz, das mit einigen Kilos Schlamm beladen im Dreck steckt, bleibt dort.

Wenn der Damm wenigstens zeitweise auch fließendem Wasser begegnet, würden lose Knüppel wegschwimmen. Außerdem verringert flüssiges Wasser, auch stehendes, durch die mechanische Umformung des weichen Morastes dessen Dichte, beim 2. Wagen sinkts unarmiert schon deutlich fixer. Man "verband" die Knüppel mit Faschinen, also Reisigbündeln und grünen Trieben, die im Morast längere Standzeiten hatten und die eigentliche Holzoberfläche aus dem Morast heraushoben. Um ernsthafte Maßnahmen kam man nur an Brücken oder Steigungen nicht herum, für Seile aber fehlte es an der Logistik, solche gabs nciht vor Ort. Legionen mußten mit dem bauen, was lokal vorhanden war, also Buschwerk, Weiden, niederes Holz. Deshalb der Knüppeldamm, anderes Holz war im Sumpf nicht zu kriegen.

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gUnther nanonüm

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